Der Bienenfresser
Pepe erkundigen oder in der Blue Bar an der Playa Migjorn.
Von der Fonda Pepe sprachen alle. Auch Cetins Gesprächspartnerin auf dem Schiff hatte dieses Lokal erwähnt.
Wir gingen nach nebenan zu einem Autovermieter. Die Auswahl des richtigen Fahrzeugs überließ ich Cetin, bestand aber auf einem Viertürer. Wenig später saßen wir in einem Golf GTI und fuhren in Richtung San Francisco Javier und dann weiter nach San Fernando zur Fonda Pepe.
Der Mann hinter der Holztheke sah aus wie eine Mischung aus Fidel Castro und Woody Allen, von Castro der Bart, von Allen die Brille und die melancholischen Augen. Die Gäste hinter uns an den Tischen würfelten, stierten an die hohe Decke, die von einer grünen Säule getragen wurde, und gaben sich Mühe, nicht mit Touristen verwechselt zu werden.
Cetin trank Flaschenbier, ich eine Limonade, die rot wie Campari war, aber keinen Alkohol enthielt. Entweder hatten wir nicht die richtigen Sachen an, was mir dauernd passierte, oder wir trafen nicht den richtigen Ton. Mal wollte man uns zur Hochebene La Mola schicken, wo Nachfolger der Hippiebewegung einen Markt abhielten, dann zu einem Megalithgrab am Salzsee oder zu einer Werkstatt um die Ecke, wo Urlauber ihre eigene E-Gitarre bauen konnten.
Mit den Getränken in der Hand verließen wir den düsteren Schankraum, schlenderten zu einer handtuchschmalen Terrasse, setzten uns dort wie die anderen Gäste auf das Mäuerchen, blinzelten in die Sonne, die sich bereits neigte, und hielten die Ohren offen.
Zwei Getränke später – geduldiges Zuhören und
gelegentliches Nachfragen machten sich bezahlt – wusste ich, wo sich der Treffpunkt befand.
54.
Ab San Francisco folgten wir auf schnurgerader Straße den Schildern zum Cap de Barbaria. Hinter sorgfältig geschichteten Trockenmauern sahen wir die charakteristischen Feigenbäume und Bauernhäuser, die jedoch im Gegensatz zu den Fincas auf Ibiza schräge Ziegeldächer hatten.
Die Abzweigung zur Cala Sahona ließen wir rechts liegen, folgten weiter der Straße nach Süden. Der Raum zwischen den Höfen wurde größer, das Land steiniger. Wir erreichten einen Steinwall, der quer zur Straße lief, dahinter gab es keine Häuser mehr, nur noch niedrige, vom Wind gebeugte Bäume und Büsche.
Von der megalithischen Anlage, auf die ein Schild hinwies, nahmen wir im Vorbeifahren nur ein paar Großsteine und die einem Löwengitter ähnelnde Umzäunung wahr. Ein zweiter Steinkreis, eine Bodenwelle und vor unseren Augen erstreckte sich, einem Tonteller gleich, die offene Landspitze mit einem Leuchtturm, weiß vor tiefblauem Meer, und einer Sonne, die in diesem Moment den Horizont berührte.
Sanft neigte sich die Straße zur Küste. Wir fuhren bis zu ihrem Ende und hielten vor dem Leuchtturm, wo ein Dutzend und mehr Wagen parkten.
Möwengeschrei. Der Geruch von Salzwasser lag in der Luft, Wolken jagten über einen Wachturm, der etwa tausend Schritt östlich vom Leuchtturm stand; zwei Frauen und ein Mann bewegten sich auf ihn zu. Wir folgten ihnen entlang der Steilküste auf einem Trampelpfad, durch Dornbüsche, harte Gräser und über Felsplatten, die bei jedem Tritt nachzugeben drohten.
»Sieht aus wie ein Indianertamtam«, bemerkte Cetin.
Ich machte ein paar Fotos, dann gesellten wir uns zu der Gruppe. Etwa dreißig Leute hockten nahe dem verwitterten Sarazenenturm um ein Feuer, wiegten sich in den Hüften und klatschten zum Rhythmus von Trommeln. Ohne Getrommel schien auf den Inseln nichts zu gehen. Ernste Gesichter, bärtige Gesichter, Grüppchen in Freizeitkleidung, Grüppchen in Klamotten wie aus einem Theaterfundus. Ein Mann in rotem Umhang, behängt mit Armbändern und Amuletten, beinahe pfundweise, stand in der Mitte; er breitete die Arme aus, die Trommeln verstummten. Der Guru hielt sein gut geschnittenes Profil in die Abendluft und begann zu reden, er sprach spanisch, aber selbst meinem ungeübten Ohr fiel der dicke Schweizer Akzent auf.
Cetin fragte: »Was erzählt der Feuervogel?«
»Ach, es geht nur um Kleinigkeiten, um das Universum, um die Ewigkeit, um vierte und fünfte Dimensionen und das Erreichen nichtmaterieller Ebenen.«
»Alles klar.«
Die Nacht hatte den Vorhang gesenkt, aber das Theater hier ging weiter. Zwei Jünger des Gurus harkten das
heruntergebrannte Feuer auseinander und trafen
Vorbereitungen für das Laufen über die Glut. Der Meister wandte sich an alle, die sich inzwischen bewusst waren, dass sie die Koordinaten ihrer Persönlichkeit nicht mehr
Weitere Kostenlose Bücher