Der Bierzauberer
sich in Weihenstephan einzuleben. Die Zahl der Gebäude
nahm beinah wöchentlich zu; sich da als Neuling zurechtzufinden, war gar nicht einfach.
Die Brauerei war nicht so neu und komfortabel wie die in Urbrach.
Das kann
ja noch werden, dachte sich Niklas. Wenn ich erst einmal lange genug hier bin, werde
ich zeigen, was ich gelernt habe.
Besonders
angetan hatte es ihm die Buchmalerwerkstatt, die über die Grenzen des Landes hinaus
bekannt war. Immer wieder, wenn er den Mönchen zusah, wie sie, über die Buchdeckel
gebeugt, wundervolle Malereien erzeugten, war er fasziniert von der Exaktheit der
Zeichnungen, der Fülle der Farben und der Stärke des Ausdrucks.
Wäre ich
kein Brauer, wäre das meine Berufung, dachte er sich gelegentlich.
Danach
schimpfte er mit sich selber:
»Dummkopf,
du hast den schönsten Beruf auf der ganzen Welt. Was willst du noch mehr?«
Sogar
die Geschichte Weihenstephans musste er lernen.
Er erfuhr,
dass das Kloster seit 1145 seinen Abt frei wählen konnte, nachdem Papst Eugen ihnen
das Recht dazu verschafft hatte. Auch die wechselseitigen Besitzverhältnisse waren
interessant. Über die Grafen von Scheuern war das Kloster in die Hände der Wittelsbacher
gelangt. 1255 hatten diese es jedoch an die Landshuter Herzöge verkauft und dadurch
dem Zugriff des Freisinger Bischofs entzogen. Abt Arnold und seine Mitbrüder wurden
nicht müde, diese ungewöhnliche Unabhängigkeit immer wieder zu betonen.
Innerhalb
kürzester Zeit fühlte sich Niklas sehr wohl in der Weihenstephaner Klostergemeinschaft.
Er bemerkte schnell, dass er den Habitus der älteren Mönche annahm, ja sogar nachahmte
und in Gesten und Sprache schon bald ein bis dahin nicht gespürtes Selbstbewusstsein
an den Tag legte.
9
Dieses Selbstbewusstsein wurde
durch die Ergebnisse seiner Brauerarbeit bestätigt und gefördert. Niklas führte,
im Gegensatz zu Peter, Buch über die Rezepturen und die entsprechenden Ergebnisse,
machte sich Gedanken über neue Rezepturen oder darüber, wie man die bestehenden
verbessern könnte.
Bruder
Peter machte im Prinzip immer alles gleich: Er braute nur zwei Sorten, mit und ohne
Hopfen.
Seine
Kräutermischung, die er für das Bier ohne Hopfen verwendete, schmeckte und roch
an guten Tagen leicht nussig, ohne dass Niklas wusste, woher der Nussgeschmack kam.
An schlechten Tagen hingegen verströmte das Bier einen leicht ranzigen Geruch, dem
von faulen Eiern nicht unähnlich. Der Geschmack war ähnlich unangenehm. Aber es
gab sogar Brüder, die sich an diese Biere bereits gewöhnt hatten und sie sehr schätzten.
Bei den
Gängen in die Klosterbäckerei, um Zeug vorbeizubringen, dachte Niklas des Öfteren
an Bernard und wie es ihm in Urbrach und mit Ansgar wohl erging. Er beschloss, bei
Gelegenheit einmal einen Brief nach Urbrach zu schicken.
Niklas
bemerkte bald, dass die Biere, die er braute, beliebter waren und viel schneller
getrunken wurden als die von Bruder Peter. Da er jedoch schon einmal in Urbrach
den Eindruck erweckt hatte, zu ehrgeizig zu sein, versuchte er, Bescheidenheit zu
zeigen.
Peter
nahm diese Bescheidenheit zum Anlass, sich gelegentlich selbst zu überschätzen.
Kam ein Mönch in die Brauerei, um ein besonders gelungenes Bier anzusprechen, heuchelte
er ebenfalls Bescheidenheit und sagte Dinge wie:
»Ich habe
doch immer gesagt, dass es keine Kunst ist, ein gutes Bier zu brauen. Mit Geduld
und Sorgfalt ist alles möglich. Sogar Niklas wird das noch lernen, eines Tages.«
Mit großem
Interesse sah Niklas, dass Bruder Peter einige Dinge anders machte als Thomas in
Urbrach. Zum Beispiel wurde hier die Maische nicht mit heißem Wasser aufgebrüht.
Im Brauhaus gab es einen gewaltigen gemauerten Ofen.
Auf einem
eisernen Rost lagen einige große Steine über dem Feuer. War es an der Zeit, die
Maische heißer zu machen, nahmen zwei Gehilfen mit großen Zangen die Steine und
warfen sie in die Maische.
Das zischte
und dampfte gefährlich, erfüllte seinen Zweck aber ausgezeichnet. Zuerst nahm Niklas
dieses Verfahren nicht ernst, überlegte sich eines Tages jedoch, dass Thomas niemals
zu Tode gekommen wäre, hätten sie auf diese Weise gearbeitet.
Außerdem
gaben die Steine der Bierwürze und dem späteren Bier ein rauchiges Aroma, das den
Bierdurst förderte.
Wieder
einmal sah er, dass es zur Behebung eines Problems meistens mehr als eine Lösung
gab. Und er schalt sich einen Narren, weil er Bruder Peter unterschätzt hatte. Peter
erläuterte ihm die Natur der Steine, wo man sie
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