Der Bierzauberer
als
Niklas mit stolzgeschwellter Brust um das Kühlschiff herumlief, hier etwas überprüfte,
dort fast schon zärtlich über das Holz strich.
»Dieses
Kühlschiff, wie ich es ab heute nenne, wird unsere Abkühlzeit bis zur Gärung um
eine große Zeitspanne verkürzen. Nie mehr werden wir stundenlang warten müssen und
nie mehr wird uns ein Bier misslingen, weil wir zu lange warten mussten.«
Um zu
beweisen, dass es funktionierte, konnte Niklas seinen Brauhausvorsteher Peter überreden,
am nächsten Tag zur gleichen Zeit mit ihm einen Sud zu brauen. Den ganzen Tag arbeiteten
sie nebeneinander, redeten nicht viel und am Nachmittag war der Moment der Wahrheit
gekommen.
Nachdem
beide Brauer ihren Sud als ›fertig zur Gärung‹ erklärt hatten, ging es los:
Niklas
und Albert standen gespannt neben ihrem Bottich und Niklas zog den neuen Pflock
aus dem Spundloch. Die Würze lief in das neue Kühlschiff hinein, und nach ein paar
Minuten lag sie da wie eine große, dampfende Pfütze.
Peter
stand nur daneben, er musste ja nichts tun. Seine Würze blieb im Bottich, jedoch
er wollte dableiben, um sicherzustellen, dass die anderen beiden keine faulen Tricks
versuchten.
Nach einer
Weile traute sich Niklas, den kleinen Finger in die Würze zu stecken. Sofort zog
er ihn wieder heraus. Es war heiß!
Also wieder
warten, warten, warten …
Beim nächsten
Mal war die Bierwürze nur noch warm.
Als Niklas
seinen Finger zum dritten Mal in den süßen See steckte, lächelte er und sagte: »Das
genügt, ich denke, wir können mit der Gärung beginnen.«
Peter,
der bis dahin vor sich hin gedöst hatte, war mit einem Mal hellwach. Sobald er erfasste,
dass die beiden so weit fertig waren, griff er mit seiner ganzen rechten Hand in
seinen Bottich, zum allerersten Mal überhaupt. Lässig wollte er die Würze in seine
hohle Hand laufen lassen, als er in der Bewegung erstarrte. Dann lief sein Gesicht
purpurrot an und ein unterdrückter Schrei kam aus seinem Mund.
Schnell
steckte er seine verbrannte Hand in einen Eimer mit kaltem Wasser. Die Hand war
zum Glück nicht richtig verbrüht, nur ein paar Rötungen musste Peter eine Weile
mit sich herumtragen.
Voller
Respekt betrachtete er Niklas, der neben seiner neuen Erfindung stand. Von da an
schimpfte er nie wieder mit oder über Niklas. Ganz im Gegenteil, er holte sich des
Öfteren dessen Rat und ließ sich nach dessen Vorgaben noch ein Kühlschiff bauen.
Die Arbeit
mit dem Kühlschiff erleichterte nicht nur das Brauen an sich, man konnte damit Zeit
einsparen, die man anderswo besser nutzen konnte. Leichter zu reinigen war es sowieso,
da die große Fläche sich besser schrubben ließ als ein schmaler, hoher Bottich.
Das Kühlschiff
wurde als neueste Brauereierfindung schnell in den Klöstern in der Umgebung bekannt.
Aus immer größerem Umkreis kamen Besucher, sogar aus Nürnberg und Regensburg.
Durch die regelmäßigen Besucher
konnten Niklas und Albert nicht nur erfahren, was außerhalb des Klosters gerade
passierte. Weil es häufig Braumeister oder zumindest die Braugehilfen waren, die
das neue Wundergerät ansehen sollten, erfuhren sie auch Gutes und Schlechtes über
die anderen Brauereien.
Gute und
schlechte Biere, Unglücksfälle und Katastrophen, neue Rezepturen und Verfahrensweisen
ergaben eine Menge spannende Themen, mit denen sich die Weihenstephaner Brauer und
ihre Besucher die Zeit vertrieben.
Ein junger Braugehilfe aus
der Nähe von Nürnberg kam eines Tages zu Besuch. Sein Brauhaus stand in einem kleinen,
recht neuen Kloster, nur eine Tagereise von Urbrach entfernt.
Nach zwei,
drei Krügen des frischen Hopfenbiers wurde er so redselig, wie es Niklas und Albert
noch niemals bei einem Menschen erlebt hatten. Sie fragten ihn ein wenig aus über
seine Gegend, hoffte doch Niklas, etwas über seine alte Heimat zu erfahren.
»Warst
du denn schon einmal in Urbrach?«, fragte Niklas den Burschen, nicht ganz ohne Hintergedanken.
Die arglose
Antwort überraschte beide:
»Ich bin
oft in Urbrach zu Gast. Wenn du Ahnung von Bier hast, dann solltest du wissen, dass
im Kloster Urbrach die schlechtesten Biere weit und breit gebraut werden. Sie hatten
mal einen, nein, sogar zwei gute Brauer, so wird erzählt. Von denen ist einer gestorben
und den anderen haben sie davongejagt. Jetzt ist nur noch ein alter Mann im Brauhaus,
der die schauderhaftesten Gruitbiere braut. Nein, des Biers wegen kommt niemand
mehr nach Urbrach.«
Sie erfuhren
auch, dass Bernard fort war. Er hatte
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