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Der Bierzauberer

Der Bierzauberer

Titel: Der Bierzauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Thömmes
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fiel ihm sofort die völlige Dunkelheit auf. Er suchte den Mond, sah
aber nur in einen stockfinsteren Nachthimmel. Es war ganz plötzlich kalt und windig
geworden, als wäre eine Horde Geister über das Kloster hergefallen.
    Alle Bewohner
des Klosters schienen in Bewegung zu sein und versuchten, sich in der Dunkelheit
zu orientieren. Mit den ersten Erdstößen waren Töpfe, Schränke, Tische und Stühle
umgeworfen worden, alles, was an den Wänden gehangen hatte, lag jetzt verstreut
auf dem Boden.
    Viele
Menschen wurden von niederstürzenden Gegenständen getroffen und fanden in der Finsternis
ihren Weg hinaus nicht mehr. Unbekannte neue Wände versperrten auch denen, die täglich
dort entlanggingen, den Weg.
    Steine
aller Größen und Formen prasselten hernieder, Niklas musste sehr gut aufpassen,
um nicht getroffen zu werden.
    Der Innenhof
des Klosters war erfüllt von Erregung, Schreien und hektischen Bewegungen. Einige
Menschen rannten umher, ohne Ziel, auf der Suche nach einem sicheren Ort, bis das
Erdbeben vorbei war.
    Andere
liefen in die Kirche, weil sie dies für den sichersten Ort hielten. Das sollte sich
indes als Fehler herausstellen.
    Ein Teil
von Niklas’ Bewusstsein nahm das immer noch in voller Stärke andauernde Beben wahr.
Ein anderer Teil versuchte zu erkennen, wo Hilfe gefordert war und wo schnell etwas
getan werden musste. Genau wie alle anderen jedoch war Niklas von nackter Panik
gepackt und fühlte sich hilflos den Elementen preisgegeben. Ein fallender Stein
streifte ihn und einmal musste er in letzter Sekunde einem fallenden, brennenden
Holzbalken ausweichen. Bis auf ein paar blutige Kratzer blieb er trotzdem unverletzt.
    Das war
die Ausnahme. Überall lagen Menschen im Gras, manche weinten, andere bluteten aus
hässlichen Wunden und bei einigen war schon zu sehen, dass jede Hilfe zu spät kam.
    Das Hospiz,
in dem die auswärtigen Gäste untergebracht waren, neigte sich zur Seite und machte
Anstalten, in sich zusammenzufallen. Ein paar der Gäste entkamen in letzter Sekunde.
Schließlich kippte es einfach um, der Sturz wurde jedoch gestoppt durch die stabile
Wand des Refektoriums. Auch aus diesem Gebäude kamen schreiende Menschen herausgelaufen.
Als sie sahen, dass die Mauer des Hospizes nicht weiter zu fallen schien, glaubten
sie sich gerettet, einander wildfremde Menschen fielen sich in die Arme. Dann stürzte
die Mauer doch in sich zusammen und riss einen Teil des Refektoriums mit sich. Nachdem
die Staubwolke abgezogen war, konnte Niklas die Toten sehen, die sich immer noch
umarmten.
    Mittlerweile
war an drei Stellen Feuer ausgebrochen, weil Teile der hölzernen Gebäude, in denen
die nächtlichen Heizfeuer brannten, eingestürzt waren. In den immer höher lodernden
Flammen begann Niklas das Ausmaß der Verwüstung zu erahnen.
    Und auf
einmal war Ruhe. Alles totenstill!
    So schnell
und laut, wie die Erde gebebt hatte, so schnell war wieder Ruhe eingekehrt. Das
Beben hatte vielleicht nur zwei Minuten gedauert. Diese zwei Minuten hatten die
Arbeit von Jahren zerstört.
    Noch zweimal
wurden alle, die sich im Klosterhof aufhielten, von Nachbeben erschreckt, diese
richteten jedoch keine weiteren Schäden mehr an.
     
    Mittlerweile schien auch der
Mond wieder. Als hätte er sich nur angesichts dieser Katastrophe versteckt, tauchte
er am Himmel auf, begleitet von angstvollen Schreien der Überlebenden.
    Niklas
bemerkte, wie sein panischer Schrecken nachließ; und als er einigermaßen klar denken
konnte, beschloss er, erst dann nach der Brauerei zu schauen, wenn er sehen würde,
dass für die Verletzten und Toten ausreichend gesorgt war.
    So ging
er zuerst einmal umher, verteilte Tücher, die irgendjemand besorgt hatte, verband
Wunden oder versuchte einfach Trost zu spenden. Viele der starken Blutungen sahen
zwar grausam aus, waren aber nicht tödlich. Lediglich diejenigen, die am Kopf getroffen
worden waren, konnten kaum hoffen, ihre Verletzungen zu überleben.
    Niklas
und einige andere, die weitgehend unverletzt geblieben waren, übernahmen auch die
weitere Versorgung der Schwerverletzten. Ein Feuer wurde entfacht und darauf Holunderöl
aufgekocht. Damit wurden die Verletzten kauterisiert, das heißt, das kochende Öl
wurde auf die offenen Wunden gegossen. Die Schmerzen und das Geschrei der Opfer
waren entsetzlich. Das Holunderöl verfehlte jedoch seine Wirkung selten, reinigte
die Wunden und stillte die Blutungen.
    Nach dem
ersten Schock beruhigten sich die derart Versorgten bald wieder, wenn

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