Der Bierzauberer
zu dulden, wie der Wiederaufbau durchgeführt
werden sollte.
»Und vor
allen Dingen erlaube ich nicht, dass irgendjemand beschuldigt wird, dieses Erdbeben
ausgelöst zu haben. Es mag eine Prüfung Gottes sein, jedoch sicher nicht, weil wir
oder Einzelne von uns falsch leben oder handeln. Und wir werden schon noch herausfinden,
warum der Mond sich versteckt hat in dieser Nacht.«
Dennoch,
nachdem das Erdbeben ›seine‹ Brauerei komplett zerstört hatte, wusste Niklas nicht,
ob er bleiben und beim Wiederaufbau helfen sollte oder ob er nicht vielleicht doch,
trotz Arnolds Warnung, als Schuldiger gesehen werden würde und deswegen besser gehen
sollte. Es gab zwar keinerlei Grund zur Annahme, irgendwer könnte ihn beschuldigen,
er zweifelte trotzdem schon wieder einmal an seiner Bestimmung als Brauer.
Nach Thomas
war Peter der zweite Brauer, der ihm vorgesetzt und bei der Arbeit verunglückt war.
Auch wenn es diesmal nicht tödlich ausgegangen war.
Vielleicht
ist das ein Zeichen Gottes, dass unsere oder meine Brauereiarbeit nicht gesegnet
ist, dachte er bei sich. Warum nur?
Nach langem,
zähem Ringen mit sich und seinem Gewissen ging er eines Tages zu seinem Abt und
bat um seine Entlassung zum Ende des Jahres.
Arnold
war sichtlich überrascht und fragte nach dem Grund.
»Ich weiß
es eigentlich nicht so recht. Ihr habt mich hier aufgenommen, nachdem mir in Urbrach
dieses Missgeschick widerfahren war. Dafür bin ich Euch auf immer dankbar. Ich habe
jedoch das Gefühl, über meiner Arbeit steht ein schlechter Stern, und ich möchte
diesen Unstern nicht in den Wiederaufbau der Brauerei mit einbringen.«
Arnold
war überrascht von dieser Entscheidung und reagierte verärgert:
»Bist
du dir über diese Verletzung einer Grundregel unseres Ordens im Klaren, die ›Stabilitas
Loci‹? Bereits der heilige Benedikt hatte verfügt, der Ordensschwur gelte nicht
nur für den Orden, sondern auch für das jeweilige Kloster. Und dies ist neben der
Regel ›Ora et labora‹ die zweitwichtigste in unserer Gemeinschaft.«
Niklas
war überrascht, daran hatte er nicht gedacht.
»Wenn
du gehst, ohne mein Einverständnis zu haben, dann gibt es kein Zurück mehr in unsere
Gemeinschaft.«
Arnold
sah die Fassungslosigkeit in Niklas’ Gesicht und fragte, bereits in versöhnlicherem
Ton:
»Weißt
du denn, wohin du gehen würdest, wenn ich dich ließe?«
»Ich habe
vom Kloster in St. Gallen viele gute Dinge gehört, besonders von deren Braukunst.
Die Schriften von Ekkehard haben mein Interesse geweckt. Dort würde ich mich hinwenden
und sehen, ob sie mich als Brauer aufnehmen. Vielleicht kann ich durch fleißiges
Lernen, Beten und Arbeiten meinen Unstern besänftigen.«
»So, unsere
Brüder in Helvetien würdest du besuchen! Dann würdest du uns Benediktinern erhalten
bleiben. Angesichts der Tatsache, dass du wirklich vom Pech verfolgt zu sein scheinst,
ist es vielleicht tatsächlich sinnvoll, dich anderswo dein Glück versuchen zu lassen.
Ich gebe dir ein Schreiben für deren Abt mit. Das wird dir den Zugang dort leichter
machen.«
Er legte
Niklas noch einige Bußgebete auf und fuhr fort, indem er über St. Gallen erzählte:
»Das Kloster
St. Gallen ist ein Licht in der Dunkelheit in dieser Region. Dies gilt nicht nur,
aber auch für das Bierbrauen. Wenngleich sich seit dem guten Ekkehard einiges geändert
hat. Ich habe das Kloster vor Jahren einmal besucht. Es ist mit unserem nicht zu
vergleichen. Besonders die Brauereien, damals waren es drei, sind ungleich besser
ausgestattet als die unseren.«
Einige
Wochen später war er bereit zur Abreise.
Der Abschied
von Peter war kurz, aber freundlich.
Mit Albert
sprach er dagegen noch länger. Neben dem Wiederaufbau der Brauerei, geplanten Verbesserungen
und neuen Rezepturen erzählte Niklas ihm auch vom Bund der ›Reinen Brauer‹. Er war
zum einen sicher, dass Albert geeignet war, zum anderen brauchte die Brauerei in
Weihenstephan gerade jetzt einen Brauer, der sich diesem Ethos verpflichtet fühlte.
Albert
nahm die Auszeichnung, wie er es betrachtete, gerne an, leistete den Eid und versprach,
alle neuen Bottiche der Brauerei mit dem Brauerstern zu versehen.
Zum Schluss
sagte Niklas nur:
»Du hast
alles, was ein guter Brauer braucht. Ich wünsche dir viel Erfolg mit dem Wiederaufbau
der Brauerei. Nutze Peters Wissen um das Brauen! Er wird dir noch viel beibringen
können. Ich hoffe, dass wir uns einmal wiedersehen werden.«
Und so,
nach vier Jahren im Kloster Weihenstephan,
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