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Der Bierzauberer

Der Bierzauberer

Titel: Der Bierzauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Thömmes
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zu
bewerben.
    Die Spitalbrauerei
war zusammen mit dem St. Katharinenspital am nördlichen Donauufer im Jahre 1226
gegründet worden, mit von Bischof Konrad IV. gespendeten 7000 Regensburger Pfennigen.
    Noch niemals
hatte Niklas von so viel Geld gehört, allein die Zahl sprengte seine Vorstellungskraft.
    Im Katharinenspital
fanden Pilger und Reisende, Bedürftige aller Art, Behinderte und Waisen Aufnahme.
Es war eine denkwürdige Einrichtung, und die Idee der Brauerei für die Insassen
des Spitals gefiel ihm ausnehmend gut.
    Die Führung
des Spitals, die zur einen Hälfte aus weltlichen Herren, den Patriziern des Stadtrats,
zur anderen Hälfte aus kirchlichen Würdenträgern, Dompropst, Domkustos, Domdekan
und Dompfarrer, bestand, sagte ihm gleichermaßen zu.
    Er dachte,
dadurch würden Entscheidungen über die Art, wie die Brauerei arbeitete, ausgewogener
und unparteiischer gefällt werden.
    Bevor
er sich dort bewerben konnte, erwies sich seine Freundschaft zu Joachim schon bei
der Suche nach Arbeit als ungemein wertvoll.
    Joachim
unterhielt eine Geschäftsbeziehung zu einem adeligen Herrn mit Namen Albrecht von
dem Marchte, der Kämmerer im Kloster Metten war.
    Die Benediktinerabtei
St. Michael in Metten in der Diözese Regensburg lag zwischen den Ausläufern des
Bayerischen Waldes und dem Donautal nahe Deggendorf.
    Nebenbei
war er noch Besitzer einer erblichen Braustätte in Regensburg und Mitglied des dortigen
Stadtrats.
    Als Joachim
das hörte, zögerte er keine Sekunde und fragte gleich nach Arbeit für Niklas.
    Niklas’
Referenzen sprachen für ihn, besonders für den Kämmerer eines Benediktinerordens.
    Albrecht
beschied Niklas:
    »Ich will
es mit dir versuchen. Von deiner Erfahrung her möchte ich dich das Brauhaus in kürzester
Frist alleine führen sehen, damit du mich davon entlastest.«
    Und in
der Tat, Albrechts Brauerei »Zur Gestochenen Sau« erwies sich als leichte Aufgabe
für Niklas. Zum einen war sie viel kleiner als die in St. Gallen, zum anderen waren
der Stand der Braukunst und die Bierqualität bis dahin mitleid­erregend schlecht
gewesen.
    Niklas
kam zu der Erkenntnis, dass die wahre Braukunst immer noch überwiegend in den Klöstern
zu finden war, nicht in den Städten.
    Er konnte
eigentlich alles nur besser machen.
    Und während
er geduldig um Maria warb, braute er Biere, die Albrechts Brauerei in Regensburg
und im ganzen Umland berühmt machten.
    Im Herbst
des Jahres 1274 hörte er zum ersten Mal seinen neuen Spitznamen, ›Bier-Magus – der
Bier-Zauberer‹.
    Seine
Gehilfen hatten anscheinend erzählt, Niklas sei noch niemals ein Sud misslungen,
und so jemand musste wohl mit Zauberkraft versehen sein.
    So sehr
sich Niklas geschmeichelt fühlte, so sehr fühlte er auch die Gefahr, die von solchem
Lob ausging.
    Er hatte
bereits erlebt, wie wankelmütig das Glück sein konnte, und in schlechten Zeiten
war eine Zauberer-Reputation geradezu die Garantie für eine Einladung zum Verhör
bei der Heiligen Inquisition.
    Also vergatterte
er seine Gehilfen dazu, ab sofort auch einmal Gerüchte über fehlgegangene Gärungen
und gelegentlich ein saures Bier aus der ›Sau‹ in die Welt zu setzen.
    Er hoffte,
es würde helfen.
    Ansonsten
genoss er das Leben, wie er es seit Langem nicht mehr getan hatte. Die Arbeit machte
ihm Freude und das reichlich zugeteilte Lob spornte ihn zu immer neuen Bestleistungen
an.
    Das Einzige,
was er gelegentlich vermisste, waren gesellige Abende mit anderen Brauern wie Albert,
Dieto oder David.
    Darüber
tröstete er sich dann mit Spott hinweg:
    »In Regensburg
mit den kleinen Krügen kann sowieso keine rechte Freude aufkommen. So ein Regensburger
Köpfl ist nur was für den hohlen Zahn. Was waren das noch für Zuteilungen in St.
Gallen!«
     
    Gegen Ende des Jahres wagte
er es und hielt bei Joachim um Marias Hand an. Unter anderen Umständen wäre dies
völlig ausgeschlossen gewesen. Er hatte nichts vorzuweisen, kein Geld für eine anständige
Morgengabe und keine Familie, die darauf wenigstens eine Anzahlung leisten könnte.
Dennoch glaubte er an eine erfolgreiche Werbung. Und obwohl Joachim auf dem besten
Weg war, wohlhabend zu werden, störte es ihn überraschenderweise nicht, seine einzige
und letzte Tochter einem eigentlich noch Unfreien zur Muntehe zu überlassen.
    Er hatte
bereits verstanden, dass die Stände nicht mehr starr und undurchlässig waren, dass
Bewegung in eine jahrhundertealte Gesellschaftsordnung gekommen war. Der Spruch
›Stadtluft macht frei‹

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