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Der Bierzauberer

Der Bierzauberer

Titel: Der Bierzauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Thömmes
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aus der Ferne erteilt und das Abendmahl mit zwei Meter langen Löffeln
gereicht.
     
    Beinahe zur gleichen Zeit,
als Niklas nur wenige Kilometer an Augsburg vorbeikam und dann Donauwörth passierte,
erhielt Bernard den Brief von Reginald. Ein paar Tage später machte er sich auf
den Weg nach St. Gallen. Er wollte Niklas ausfindig machen, indem er dessen Weg
folgte.
     
    Währenddessen lernte dieser
seine neuen Mitreisenden kennen. Einer stellte sich als Kaufmann Joachim vor und
erzählte ihm von sich und seiner Familie:
    »Vor zwei
Wochen hatte ich noch eine Frau und fünf Kinder, zwei Söhne und drei Töchter. Meine
Töchter hätten alle drei innerhalb der nächsten vier Jahre heiraten können, meine
Jungen waren noch klein, aber sehr aufgeweckt und haben uns bereits viel geholfen.
Dann kam unser Nachbar, ebenfalls ein Kaufmann, zurück aus Augsburg. Er hatte dort
einen Tuchhändler besucht. Ab dem nächsten Tag hatte der Schwarze Tod ihn im Würgegriff,
er starb schnell. Zwei Tage später traf es mein Weib, dann zwei meiner Töchter.
Innerhalb einer Woche war meine ganze Familie tot, bis auf Maria, die zweite Tochter.
Ich weiß nicht, warum gerade wir aufgespart wurden von Gott, vielleicht hat er noch
etwas vor mit uns. Aber den Anblick werde ich niemals vergessen. Die Entzündungen
und Schwellungen an den Beinen, dick wie Hühnereier, die nach kurzer Zeit anfangen
zu pulsieren. Das Gleiche geschieht am Hals und unter den Armen. Dann das Fieber.
Das Erbrechen und Husten. Sie bekommen keine Luft mehr. Sie können Kot und Harn
nicht mehr halten. Die körperlich Starken können aufstehen, taumeln aber wie Betrunkene
einher. Schließlich verfärben sie sich blau und sterben unter großen Schmerzen.
Wer immer sich diese Krankheit ausgedacht hat, es muss der Teufel persönlich gewesen
sein!«
    Niklas
sah neben Joachim ein Mädchen stehen, die Trauer stand ihr noch ins Gesicht geschrieben,
die Augen verquollen vom vielen Weinen, die Kleider schmutzig von der Reise.
    Der Aufbruch
war natürlich hastig erfolgt, die Kleider waren zurückgelassen oder verbrannt worden.
Man wusste zwar noch nicht viel über diese Krankheit, aber dass sie auch in den
Kleidern stecken konnte, war allgemein bekannt.
    Sie war
ein gutes Stück kleiner als er, sehr zart und zierlich gebaut, sodass man ihr eigentlich
nicht zutraute, als einziges von fünf Kindern eine Seuche zu überleben. Trotz der
verquollenen Augen erkannte er ein hübsches Gesicht, und als sie ihn ansah, war
er fasziniert von ihren großen, tiefgrünen Augen. Solche Augen hatte er noch niemals
gesehen.
    Und der
Duft, den sie ausstrahlte, zart, süßlich und frisch, verdrehte ihm endgültig den
Kopf.
    Er war
bislang zu keiner Zeit seines Lebens verliebt gewesen. Im Kloster mangelte es an
Gelegenheit, auch war er eigentlich immer nur mit anderen Dingen beschäftigt gewesen.
    Freundlich
sprach er Maria an, nur zaghaft lächelte sie zurück, ihre Augen strahlten dagegen.
    Joachim,
ihrem Vater, entging das nicht. Er sagte aber nichts.
    Die Reise
war sehr anstrengend, und das Mädchen hatte wirklich genug durchgemacht. Ein Lächeln
schadete ihr sicher nicht.
    In den
folgenden Tagen verbrachten sie unterwegs viel Zeit zusammen, erzählten einander
aus ihrem Leben. Niklas streute die eine oder andere Anekdote aus dem Brauerleben
ein. Maria konnte bisweilen sogar wieder lachen. Einmal griff sie zaghaft nach seiner
Hand, zumindest erschien es Niklas so. Er legte ihre Hand in seine und ließ sie
spielerisch seine Hornhaut fühlen, die ihn damals beim Gottesurteil gerettet hatte.
    Die Zeit
verging viel zu schnell …
    Kurz hinter
Ingolstadt trennten sie sich.
    Niklas
ging weiter in Richtung Hahnfurt, und da der kleine Ort nicht sehr bekannt war,
musste er ab jetzt häufiger nach dem Weg fragen.
     
    Währenddessen war Bernard
wieder in St. Gallen angekommen, hatte alle befragt, die etwas zu Niklas’ ›Flucht‹
aussagen konnten und sich nach nur zwei Nächten wieder auf den Weg gemacht. Da Niklas
nicht wusste, dass er verfolgt wurde, hatte er auch bei Gesprächen mit anderen Reisenden
keinen Hehl aus seinem Reiseziel gemacht. So erfuhr Bernard durch Herumfragen schnell,
dass Niklas Richtung Hahnfurt unterwegs war.
    Joachim
und Maria gingen nun ohne Niklas in Richtung Regensburg weiter.
    »Ich werde
in Regensburg einen neuen Anfang machen«, sagte Joachim. »Ich habe dort noch einige
Waren im Kontor der Kaufleute. Das wird mir helfen. Du warst uns ein guter Reisegefährte.
Ich wünsche dir

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