Der Bierzauberer
guten Leumund bei den Handwerkern und Bauern. Sie zahlten gut und pünktlich.
Er bat um Vorsprache, erklärte sein Anliegen und erhielt das Versprechen, beim nächsten
Fest als Bierlieferant dabei zu sein. Für den Rest seiner Zeit in Bitburg sollten
die Herren von Hamm gute, zufriedene Kunden von Niklas sein.
Nun wandte
er seinen Blick in die andere Richtung. Im Nordosten von Bitburg gab es das Zisterzienserinnenkloster
von St. Thomas, das älteste Deutschlands, von dem er bereits durch den Pastor von
St. Maximin in Bitburg gehört hatte. Das Kloster war etwa 100 Jahre zuvor zu Ehren
des 1170 ermordeten und bereits drei Jahre später heiliggesprochenen Erzbischofs
von Canterbury, Thomas Becket, im Kylltal gegründet worden.
Die Nonnen
von St. Thomas brauten kein eigenes Bier und wollten gerne von Niklas beliefert
werden. Sie lagen seit dem Bau der Kyllburg mit dem Ritter Rudolf von Malberg um
Besitztümer der Agnes von Malberg im Streit. Agnes hatte ihre Lehen an den Erzbischof
gegeben, dieser hatte die Lehen für 200 Pfund ans Kloster St. Thomas verkauft, um
die Kyllburg zu finanzieren. Rudolf von Malberg jedoch hatte nach dem Tod von Agnes
versucht, diese Lehen mit Gewalt an sich zu reißen. Rudolf befehdete das Kloster,
und die Nonnen mussten es verlassen; sie zogen nach Trier, wo sie täglich in Prozessionen
zur hohen Domkirche zogen und während des Gottesdienstes mit lauten, kläglichen
Stimmen ›Media vita in morte sumus‹ und ›Salve regina mater misericordiae‹ sangen,
bis ihnen der Erzbischof gegen ihren gewalttätigen Nachbarn zu Hilfe eilte. Nachdem
der Erzbischof gesiegt hatte, herrschte vorerst wieder Ruhe, Bier gab es dort trotzdem
nicht und die Nonnen von St. Thomas waren knapp bei Kasse. Die nächstgelegenen Brauereien
aus Kyllburg und Oberkail verkauften ihr Bier einfach zu teuer.
Also sagte
Niklas zu, ihnen das zu liefern, was übrig bleiben und nicht verkauft werden würde.
Dies allerdings besonders günstig. Durch den Erfolg, den Niklas mit seiner Brauerei
in den nächsten Jahren hatte, kamen die durstigen Kehlen in St. Thomas allerdings
zu kurz und wurden bald wieder regelmäßig von der näher gelegenen Brauerei in Kyllburg
beliefert.
Dieses
Kyllburg sah er sich auf seinem Rückweg von St. Thomas auch einmal an. Wenngleich
er nicht hoffen konnte, in Kyllburg Geschäfte zu machen, schließlich existierte
eine angesehene Brauerei dort, gab es doch so einiges zu sehen. Er war interessiert
an der großen Baustelle für die neue Stiftskirche, die gerade begonnen worden war.
Er war sehr beeindruckt von den neuen Bautechniken. Überhaupt war es die größte
Baustelle, die er jemals gesehen hatte. Er sah zum ersten Mal, wie mit Hilfe von
Aufzugzangen die gewaltigsten Sandsteinquader nach oben gehoben wurden. Er hatte
sich nie vorstellen können, wie man so etwas fertigbringen könnte. Wie meist, wenn
er etwas Neues sah, versuchte er, sich möglichst davon viel im Gedächtnis zu behalten.
Man konnte nie wissen, ob es einmal von Nutzen sein könnte.
Das Interessanteste
war jedoch die Burg des Trierer Erzbischofs, deren Bau erst vor 35 Jahren begonnen
hatte, als Eck- und Grenzfeste Kurtriers. Die Kyllburg war mittlerweile zu einem
echten Bollwerk herangewachsen. Vor 20 Jahren, mit der Fertigstellung der Burg,
war der mit starken Mauern und Toren befestigte Ort Kyllburg endlich mit Stadtrechten
versehen worden. Kyllburg, obwohl kleiner als Bitburg, besaß wie dies alles Charakteristische
einer Stadt, die von Rittern, Wächtern, Pförtnern und Bürgern bewohnt war und in
der Märkte abgehalten wurden. Die Bürger wurden zur Verteidigung ihrer Stadt in
die Pflicht genommen. Und schließlich besaß Kyllburg sogar das wichtigste Merkmal
einer Stadt, das Hochgerichtsschöffentum.
Niklas
schaute sich die Stadt an, er besichtigte das Brauhaus in der Mühlengasse, wenngleich
nur von außen, und gab sich nicht zu erkennen. Erst wollte er durch sein Bier bekannt
werden.
Einen
Besuch der Brauerei in Oberkail vermied er gleichfalls, obwohl er gute Dinge darüber
gehört hatte. Dort gab es das berühmteste Bier weit und breit. Die beste, die obere
Quelle, nach der Oberkail benannt worden war, befand sich im Besitz der Brauerei.
Diese Quelle wurde scherzhaft Brubbel oder Wallender Born genannt, in Anlehnung
an den kalten Vulkangeysir, der im 20 Kilometer entfernten Wallenborn seine stinkenden
Gase und schwefliges Wasser ausspuckte. Der Oberkailer Brauherr hatte sich seit
Längerem schon mit dem Spitznamen
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