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Der Bierzauberer

Der Bierzauberer

Titel: Der Bierzauberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Thömmes
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verschlossen
wurden.
    Das Publikum
johlte und unterhielt sich aufs Köstlichste. Die Kinder durften ganz vorne sitzen
und johlten mit. Die nächste Delinquentin war eine Kindsmörderin. Für sie war der
Galgen vorgesehen. Normal wäre der ihr bestimmte Tod das Säcken gewesen. Sie wäre
in einen Sack gesteckt und ertränkt worden. Die Richtstatt besaß jedoch keinen Teich,
und schließlich wollte man dem Publikum auch etwas bieten.
    Sie weinte
und wehrte sich und schrie wie besessen. Das Publikum durfte sie beschimpfen und
mit fauligem Obst bewerfen. Von Mitleid keine Spur. Als sie endlich hing, gab es
hier wiederum großen Applaus. Besonders bei ihrem Todeskampf, bei dem die Gebärmutter
und die unteren Eingeweide zwischen den Beinen herausfielen. Dies geschah fast immer,
wenn Frauen gehängt wurden.
    Und zum
Schluss gab es zwei Raubmörder und Wegelagerer zu richten. Sie wurden vorher zusätzlich
gefoltert, um die Schwere ihrer Verbrechen zu zeigen. Man flocht sie aufs Rad und
zerschmetterte ihre Glieder, bevor man sie halbtot an einem Pferd festband und kopfüber
zum Galgen hochzog. Das Hochziehen war ungleich qualvoller als das einfache Hängen.
Aufgrund der besonderen Niedertracht ihrer Taten wurden zusätzlich zwei lebende
Hunde links und rechts neben den Verurteilten an den Hinterpfoten aufgehängt. Dies
galt als besonders schändlich. Die leidenden Tiere verbissen sich in die Delinquenten
und bereiteten ihnen zusätzliche Qualen.
    Die Menschen
gingen schließlich mit der Gewissheit nach Hause, einen unterhaltsamen Tag verbracht
zu haben. Niklas und de Foro, die sich bei dieser Gelegenheit prächtig verstanden
hatten, taten dies mit der Genugtuung, einen mehr als einträglichen Tag verbracht
zu haben.
    Niklas
ließ sich gleich in der Woche darauf dieses Privileg vom Erzbischof auf zehn Jahre
festschreiben, bevor andere Brauer Einspruch einlegen konnten.

8
     
    Die Wochen gingen ins Land , Niklas und seine
Familie fühlten sich wohl in Bitburg. Der ›Feiste Römer‹ war bald anerkannt, der
Ausschank ›Zum Gescheuerten Arschleder‹ lief gut, bis auf gelegentliche Raufereien
war alles friedlich. Maria und das Kind waren gesund, der Kredit, den er zum Kauf
der Häuser und der Brauerei aufgenommen hatte, beinahe schon abbezahlt.
     
    Er störte sich auch nicht
an einigen wenigen Gerüchten, die Bernard vor seinem Abschied noch in Bitburg hinterlassen
hatte. Nicht nur ›Bierzauberer‹, sogar ›Teufelsbrauer‹, ›Bieralchimist‹ und ›Antichrist‹
wurden, wenn auch selten, hinter seinem Rücken geflüstert. Aber spätestens dann,
wenn das Bier schwarzbraun, süß und dick im Krug dastand, wollte keiner der Verleumder
mehr etwas davon wissen. Und nach mehreren Krügen erregten sich die Gleichen, jetzt
mit erhitzten Köpfen, darüber, wie jemand etwas Schlechtes über einen solchen Brassator
reden konnte.
     
    Er hatte für sich und Maria
im Winter neben ihren normalen Spangenschuhen bereits feste und solide, vornehme
Holzschuhe machen lassen, mit denen sie an den Sonntagen durch die matschigen, von
den Schweinen zerwühlten Straßen flanierten.
    Dabei
durfte Maria gelegentlich ein duftendes Tüchlein an die Nase halten, um dem üblen
Gestank, der von den Schweinen und vom menschlichen und tierischen Unrat ausging,
zumindest sonntags einmal zu entkommen.
    Auch hatten
sich beide für diese Spaziergänge eine neue Garderobe anpassen lassen. Maria trug
nun über ihrem leinenen Unterhemd und Halbstrümpfen einen langen Leibrock, darüber
ein Surkot genanntes Oberkleid mit Brustschlitz und auswechselbaren Ärmeln. Auf
dem Kopf trug sie das Gebende, eine Art Stoffband, das unter dem Kinn verschnürt
wurde.
    Niklas
zog strumpfartige Beinlinge und eine leinene Unterhose an, darüber ebenfalls einen
Leibrock und ein farbiges Surkot.
    Meist
trug er die weiße Bundhaube, gelegentlich aber voller Stolz auch einen Hut.
     
    Niklas liebte die deftige
Kost, die immer auf den Tisch kam. Er liebte den Geruch von Kohl und Lauch, Bohnen,
Erbsen und Zwiebeln. Dazu gab es manchmal Äpfel, Birnen, Nüsse oder Kirschen. Begleitet
von dunklem, kräftig riechendem Brot, festem Käse und gutem Römerbier. Was wollte
er mehr?
    Aber wie
fast immer, wenn er dachte, alles würde gut laufen, kam ihm das Schicksal in die
Quere. Diesmal weniger schwer als in Weihenstephan oder Urbrach und auch nicht in
Form einer Naturkatastrophe oder eines Unfalls, sondern in Gestalt des Schöffen
Dronckmann.
    Wilhelm
Dronckmann gehörte einer alten

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