Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)
einen Als-ob-das-zählt -Blick zu. »Du solltest besser hoffen, dass dich sonst nichts mit den Tatorten in Verbindung bringt, sonst wird Vehrman von einem Ärgernis zu einer echten Bedrohung.«
Das Messer. Scheiße.
»Oder« – der Bulle grinste – »du ersparst dir eine Menge Scherereien, indem du ihm – oder beispielsweise mir – alles anvertraust, was du weißt.«
»Vergiss es.« Niemand kriegt Glass . »Tut mir leid.«
Canton zuckte mit den Schultern, hilflos, aber keineswegs überrascht, und Shaper zog in Gedanken die Schrauben seiner wackeligen Psyche an. Insgeheim fügte er eine zweite Option hinzu, um sich Schwierigkeiten vom Hals zu halten.
Finde den Killer, und zwar schnell. Sorg dafür, dass alles vorbei ist, bevor dir das Hirn durch die Nasenlöcher raustropft.
»Fossey«, platzte er hervor, als dieser Gedanke wie ein Reflex in ihm aufsprang. »Du wolltest ihn überprüfen.«
»M-hm.« Canton bog in einen weiteren Gang und achtete nicht einmal darauf, ob Shaper ihm folgte. »Matthew Foster. Ellenlanges Vorstrafenregister.« Canton warf Shaper einen bedeutungsvollen Blick zu. »Gefährlich.«
In Shapers Verstand ging ein aufgeregtes Lichtlein an.
»Hat klein angefangen. Bisschen gedealt, Erregung öffentlichen Ärgernisses, 1993 sechs Monate in Holloway. Dann, Mitte der 1990er, fängt er an, verrückt zu spielen. Beißt ’nem Touristen auf dem Leicester Square ein Ohr ab. Während er dafür noch auf Bewährung ist, taucht er splitterfasernackt im Green Park auf. Im Bericht der Parkwächter steht, dass er Tauben gefangen und – gib dir das mal – ihnen die Köpfe abgerissen hat. Dann hat er Radfahrer mit den Kadavern beworfen.«
»Nett.«
»Ja. Also wird er verhaftet. Schreiend, kreischend, das ganze Theater. Hat es nicht mal vor Gericht geschafft.«
»Psychiatrische Klinik?«
»In Windeseile. Er wird also ein bisschen zwischen verschiedenen Anstalten rumgereicht. Und alle bescheinigen, dass er ein verfluchter Irrer ist. Er zettelt Schlägereien an, terrorisiert andere Patienten, sammelt Haare und Nägel; alles sehr verrückt. Das heißt, bis …«
Sag’s mir nicht . »Dieses Jahr?«
Canton besaß den Anstand, entschuldigend dreinzuschauen. »Nein. Tatsächlich ist er seit knapp über drei Jahren wieder draußen.«
»Oh.« Shaper konnte seine Enttäuschung nicht ganz verbergen. »Und warum hat man ihn rausgelassen?«
»Sehr gute Frage. Weißt du, irgendwann sind die Ärzte zu dem Schluss gekommen, dass es sich bei dem Problem um keine psychische Erkrankung im eigentlichen Sinn handelt, sondern um eine echte Persönlichkeitsstörung. Höchstwahrscheinlich Psychopathie. Nur ist das keine ›medizinische‹ Erkrankung. Soweit es die Seelenklempner angeht, ist er unheilbar.«
»Und?«
»Und dieser Kerl war in einem Krankenhaus, nicht im Knast. Wenn man jemanden nicht heilen kann, dann kann man ihn auch nicht festhalten. Gesetz für psychisch Kranke. Also …« Er vollführte mit der Hand eine wegwerfende Geste.
Shaper glotzte ihn an. »Sie haben ihn entlassen?«
»Genau. Unglaublich, was? Passiert aber anscheinend ständig.«
»Das ist …«
»Lächerlich, ja.«
»Nein … nein, es ist brillant! «
Unvermittelt blieb Canton stehen. »Was?«
»Tut mir leid, aber denk mal nach! Fossey ist perfekt! Gewalttätig, verrückter als Norman Bates, dann noch seine Sammelleidenschaft … Gut, die Zeitschiene stimmt nicht ganz überein, wenn er drei Jahre lang vom Radar verschwunden gewesen ist. Aber trotzdem …«
»Und da ist noch die Verbindung zu Tommy Boyle«, murmelte Canton verschlagen.
»Du weißt davon?«
»Trau mir doch wenigstens ein bisschen was zu, Kumpel. Ich habe die letzten fünf Jahre damit verbracht, in der Scheiße der Corams rumzuwühlen. Foster war einer der Dealer, die Tommy Boyle besucht hat – einen Tag bevor er verschwunden ist.«
»Ja, also …« Shaper rieb sich die Hände. »Wie ich schon sagte, perfekt. Ein tadelloser Hauptverdächtiger – unbedingt. Habt ihr ihn eingebuchtet?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
Canton blieb am Beginn eines langen, von Stahltüren gesäumten Korridors stehen. Der Gang stank nach Bleichmittel und Angst, und zwei der Neonlampen flackerten qualvoll, was schlagartig für Kopfschmerzen sorgte. Canton wirkte nachdenklich.
»Fossey ist tot«, sagte er.
» Was? «
»Vehrman hat ein paar Uniformierte zu seiner Wohnung geschickt.«
»Du hast Vehrman davon erzählt?«
»Ich hatte wohl kaum eine andere Wahl,
Weitere Kostenlose Bücher