Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)
passten, um dieses irrwitzige, abscheuliche Puzzle zu lösen. Und er richtete alles, was er noch an Konzentration aufzubringen vermochte, auf die Gegenwart.
Und die Gegenwart gehörte den Corams.
Shaper hatte die Höllenhunde auf den falschen Mann gehetzt, und in der Regel ließen die sich nicht einfach zurückpfeifen.
Es war bereits im Gange, als er in Karls Straße eintraf: ein Kaleidoskop von blinkenden Lichtern, blauen Helmen und silbernen Knöpfen. Er lenkte den Van mit unauffälligen dreißig Stundenkilometern daran vorbei. Durch seinen Schädel hallte: Zu spät? Ein Stück weiter parkte er neben dem Pub, bestellte sich aus einer Laune heraus ein Pint, dem er keine Beachtung schenkte, und gesellte sich zu den an Tischen stehenden Biertrinkern, mit denen er das Geschehen beobachtete, als seien sie die hässlichsten Erdmännchen der Welt.
Selbst auf die Entfernung – und durch das Glitzern der Halluzinationen, die alles in ein wirbelndes Blau tünchten – konnte er zwei Knoten von Aktivitäten erkennen: zwei getrennte Gruppen von Polizisten, die alle Hände voll zu tun hatten, zwei brüllende Kerle in Schach zu halten.
Das kann doch wohl nur ein Scherz sein …
Es waren Wollmütze und Pimmelbirne. Beide schrien aus Leibeskräften und schlugen und traten inmitten einer Zelle fluchender Körper und klirrender Handschellen um sich.
Shaper fiel auf, dass Karls Tür nicht einmal offen stand. Auchdie Vorhänge präsentierten sich zugezogen. Die Wohnung lag still wie ein Grab da.
Hm .
Auf der Straßenseite lichtete sich die versammelte Flotte der Polizisten bereits – Scheinwerfer wurden ausgeschaltet, Motoren angelassen, Beamte entfernten sich in die Nacht. Shaper konnte sich zusammenreimen, was passiert war.
»Canton«, murmelte er und versuchte, das Summen in seinen Ohren loszuwerden. »Du verlogener Scheißer …«
Elektronische Fußfessel , hatte der Bulle beiläufig zu ihm gesagt. Der geht nirgendwohin .
Der pedantische Mann hatte davon gelabert, dass Vehrman die gesamten Ermittlungen über den Haufen zu werfen drohte, Shaper der Justizbehinderung beschuldigen und sich weigern wollte, weitere Ressourcen für den zappeligen kleinen Karl Devon zu vergeuden …
Dann tauchen zwei stümperhafte Wichser auf, um die Tür des Kerls einzuschlagen, und das gesamte Polizeiaufgebot der Stadt stürzt sich auf sie wie ein mit Testosteron aufgepumpter Adler.
»Von wegen, er wird nicht beobachtet«, brummte Shaper.
Vor dem Haus des Freaks zeichnete sich der massige Umriss von Jabbas Cousin ab. Shaper vermeinte beinahe, ihn über die Straße schnaufen zu hören. Der Mann winkte mit den Fingern, knurrte Anweisungen, entließ alle nicht benötigten Einsatzkräfte und spornte jene Männer an, die immer noch mit den beiden Berufsverbrechern rangen. Shaper sah, dass sich Wollmütze und Pimmelbirne alles andere als wehrlos festnehmen ließen.
Er beobachtete das Handgemenge und gestattete sich ein Molekül der Erleichterung – das er seinen tobenden Sinnen wie eine natürliche Medizin verabreichte. Die Corams hatten zwei Vollidioten geschickt, um die Arbeit eines Profis zu verrichten. Die Bullen hatten getan, was Bullen eben tun, und der arme, kranke Karl würde nicht zu Unrecht aufgrund von Shapers Fingerzeig in dieser Nacht hingerichtet werden. Er stürzte das Pint hinunter,als wolle er damit auf die Krankheit anstoßen, zündete sich eine Zigarette an, erhob sich von der Bank und schaffte es fast zurück zum Van, bevor ihn die Vernunft einholte.
Die Corams sind nicht dumm .
Er blieb stehen. Hinter ihm sorgten die beiden Schläger weiter für Wirbel, gebärdeten sich mit jedem Ruck und jedem Zucken wilder. Das Schauspiel präsentierte sich seinen Augen in verdächtigen pissegelben Farbtönen. Weitere Polizisten drängten wie bestellt heran. Vehrman brüllte, überall in der Straße bewegten sich die Vorhänge …
Und niemand …
Oh Scheiße.
… niemand beobachtete die Rückseite.
Shaper rannte los und flehte sein Gehirn stumm an, noch für kurze Zeit weiterzufunktionieren, ihm noch ein paar Sekunden des Friedens zu gewähren. Er kletterte am Terrassenende der Straße über einen Zaun, wurde dabei von allen Umstehenden völlig ignoriert und kämpfte sich auf dem Weg nach hinten über Mauern und durch Büsche und Hecken. Jeden Schritt des Weges impfte er sich eine schlichte, raubtierhafte Denkweise ein – ein Abklatsch seines alten Ichs, das die Krankheit gehegt und benutzt , sie zu einem winzigen
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