Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
Vom Netzwerk:
geheilt.
    Keine Wahnvorstellungen mehr.
    Scheiß drauf.
    Das Gefühl verblasste, hinterließ dabei jedoch ein wie Kondensstreifen in seine Netzhaut eingebranntes, nachhallendes Bild von etwas Rotem mit zahlreichen Gliedern, das sich hinter Sandras Augen zu entwirren versuchte. Ein schmerzliches, kreischendes Trauma.
    »D-das ist der Teil, an den zu erinnern mir so schwerfällt«, flüsterte sie. »Ich glaube … Dad kam hereingestürmt. Ich meine … so etwas ist häufig passiert. Er kam damals regelmäßig nach oben, um nach mir zu sehen. Und … und in jener Nacht kam er auch rein. Und er sah Fossey dort stehen.« Sie zeigte mit dem Finger, als sähe sie die Szene in der Gegenwart vor sich – als sähe sie ihr Zimmer, das plötzlich die kühlen Fliesen der Küche überlagerte. »Nackt. Und ich weinend auf dem Boden. Und Dad muss … etwas getan haben. Ich habe nicht gesehen, wie er sich bewegt hat. Nur … Fosseys Nase blutete, und er wurde … geschlagen, getreten. Ich hatte Dad nie zuvor so erlebt.«
    Shaper setzte sich neben sie. Ihn entsetzte, dass ihm die Vorstellung von George Glass in einem Zustand chaotischer Raserei genauso viel Übelkeit verursachte wie die des sexuellen Übergriffs, der dazu geführt hatte. Seine Assoziation des alten Mannes mit ausgeglichener Gelassenheit war dermaßen ausgeprägt, dass sich jeder andere Eindruck – der Gedanke, dass sich Glass vor blinder Gewalt vergessen konnte – genauso beunruhigend anfühlte wie der Eintopf des Grauens, der sich bereits durch diesenFall zog: Mord, Organdiebstahl, Vergewaltigung und der gesamte Rest.
    »Verstehen Sie jetzt, weshalb ich nicht wollte, dass er es mit anhört?«, murmelte Sandra. »Es … es ist besser, dass er nichts mehr davon weiß. Ich will ihn nie wieder so sehen müssen.«
    Shaper nickte. Auf einer sehr persönlichen, tief in ihm verborgenen Ebene fühlte er sich völlig aus der Fassung gebracht.
    »Jedenfalls … hat Dad Fossey schließlich rausgeschleift. Es gab dabei keine Geräusche – daran erinnere ich mich. Ich weiß noch, dass ich das für seltsam hielt.«
    »Er hat ihn rausgeworfen?«
    »M-hm. Er ist die gesamte Zufahrt langgelaufen – splitterfasernackt.« Abrupt blinzelte sie, als erwache sie aus einem Traum. »Danach habe ich ihn nie wiedergesehen.«
    Vince, Shaper und Sandra verharrten in betretener Stille.
    Shaper starrte durch das von dichtem Efeu gesäumte Küchenfenster und forderte die Düsternis heraus, ein Anzeichen auf den Dämon dort außerhalb des Hauses auszuspeien.
    »Eine Sache … Sie haben gesagt, Ihr Dad wusste nicht, dass Fossey im Haus war, um Sie zu besuchen. Aber in jener Nacht waren alle unten.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Und?«
    »Wie ist er nach oben gelangt« – Shaper nickte zur Decke in Richtung von Sandras fernem Zimmer – »ohne dass die unten das bemerkt haben?«
    Sandra blinzelte. Und drehte den Kopf langsam dem Fenster und dem gegen das Glas peitschenden Regen zu.

Kapitel 35
    Erhellt einzig von dem flüssigen Grau der Nacht draußen saß Shaper um 23 Uhr zusammengesunken auf einem Hocker in Sandras charakterfreiem Zimmer und wartete auf die Bestie.
    Sein Blick ruhte starr auf dem Fenster zu seiner Linken, während er die Flinte auf seinem Schoß betastete und sich fragte, wie Tony Krampfhand vorgehabt hatte, das Ding nachzuladen, sollte er es je benutzen müssen. Da Vince die Waffe dazu abkommandiert hatte, hier oben eine Hauptrolle zu spielen, würde Shaper diese einhändige Meisterleistung des guten, alten Tony wohl nicht zu sehen bekommen.
    Während er angespannt in den Nieselregen starrte, verlieh jede verstreichende Minute seiner wachsenden Gewissheit zusätzliches Gewicht, dass sich Fosseys alter Zugang als Reinfall entpuppen würde.
    Die verfluchte Mauer hochgeklettert.
    Wie in einem albernen Mantel-und-Degen-Film.
    Vince, der entschieden hatte, ihm bei seiner stillen Wache und dabei Gesellschaft zu leisten, durch den Regenschleier hinab auf leeren Rasen zu spähen, hatte anfangs so etwas wie Loyalität erkennen lassen, und Shaper hatte ihm für seine Unterstützung gedankt, als sie sich in dem Zimmer niederließen. Daraufhin hatte ihm der große Ochse wortlos die Flinte gereicht, sich auf dem Bett ausgestreckt und demonstriert, dass Loyalität nachrangig gegenüber seinem Bedürfnis war, sich gemütlich auszustrecken. Dreimal war er bereits eingenickt, der Scheißer, und Shaper stupste ihn – einfach so – regelmäßig mit der Waffe. Es half,

Weitere Kostenlose Bücher