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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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gerade lang genug, um Shaper einen warnenden, finsteren Blick zuzuwerfen: Halt bloß die Klappe, Penner .
    »Sie war schnell«, murmelte Tony zerknirscht und musste dabei ein Gähnen unterdrücken.
    Die Handschellen waren ein grausamer Scherz aus flauschigem Schwarz.
    Shaper bedeutete Tony mit an die Lippen erhobenem Zeigefinger, still zu sein, und ging weiter zum Schlund der Kammer, wobei er Mary nur am Rande neben sich wahrnahm.
    Sie starrten in das flackernde Licht.
    »Scheiße«, stießen sie wie aus einem Mund hervor.
    Das Eishaus erwies sich als dunkler, kuppelartiger Hohlraum, ein kühles Iglu aus Fels und Erde.
    Als Shaper den Raum betrat, wurde ihm klar, dass er sich unter demselben Steingebilde befand, das er auf dem Gelände gesehen hatte und dessen Metalleinstieg oben abgesperrt war. Die Innenflächen der Kammer wurden von zerknitterten Plastikfolien verhüllt – wie austrocknende Haut , dachte er und hatte schon wieder mit seiner Wahrnehmung der Realität zu kämpfen. An manchen Stellen konnte man durch sie hindurch undeutlich die Wände erkennen, an denen sich kunstlose Gemälde umhertanzender Gestalten und schrecklicher Kreaturen mit blauer Haut und roten Mündern abzeichneten. Die Szene wurde von einer ungleichmäßig angeordneten Reihe flackernder Kerzen erhellt, die in jedem Winkel Pfützen von Dunkelheit und schauerliche Schatten zurückließen. Shaper brauchte mehrere Sekunden, um den Anblick aus seinem öligen ersten Eindruck zu decodieren.
    Die Wahnvorstellungen ließen sich nicht lange bitten und tänzelten in den Schatten.
    Sandra befand sich in der Mitte von allem. Sie hatte jede Künstlichkeit abgelegt und strahlte eine Präsenz schamloser Bösartigkeit aus, die alles Geheimnisvolle, das sie je umgeben hatte, restlos vernichtete und Shapers flüchtig erhaschten Blick auf das verängstigte menschliche Wesen in ihr vergessen ließ.
    »Bleibt zurück!«, kreischte sie mit zu weit aufgerissenen Augen. »Bleibt verdammt noch mal zurück!«
    Sie trug orangefarbene Gewänder. Auf ihrer Stirn prangte ein Tonerdepunkt, das Gesicht darunter wirkte durch einen diagonalen Blutspritzer auf grausige Weise asymmetrisch. Shapers Krankheit reagierte prompt auf den Anblick und zeichnete rings um sie Flammen und Bestien; große Krokodilmäuler, die zwischen saphirblauen Schuppen schnappten.
    Sie hielt ein Messer.
    Ein großes, schweres, vor lauter Blut glitschiges Messer.
    »Bleibt! Verdammt noch mal! Zurück!«
    Ihr Vater befand sich neben ihr. Schon der flüchtigste Blick auf den Mann beruhigte Shapers tobenden Verstand und dimmte die Illusionen auf eine verschwommene Unschärfe. Gleichzeitig jedoch versetzte er ihm einen solchen Stich aus Angst und Abscheu, dass die physischen Auswirkungen auf seinen Magen und sein Herz die kurze Ruhe mehr als überwogen.
    Glass war gefesselt und blutüberströmt.
    Seine mit Gummischläuchen und pelzüberzogenen Gurten durchzogene Fesselungsvorrichtung war ein Gebilde aus einander überkreuzenden Metallstreben und struppiger Polsterung – ein Z-förmiger Stuhl, auf dem er in einem schrecklich anzusehenden Winkel festgebunden saß. Sein mit einem Wollstirnband schräg nach hinten fixierter Kopf präsentierte den Hals völlig ungeschützt und mit vorstehendem Kehlkopf, der wie alles andere durch einen dicken Film roter Flüssigkeit glänzte. Das Blut verlief in zähen Rinnsalen die Streben des Stuhls hinab und sickerte die Plastikfolien entlang auf die Ränder des Raumes zu, wo es von Sägemehl und Heu aufgesogen wurde.
    Shapers Kehle fühlte sich wie zugeschnürt an, und Panik breitete sich in ihm aus wie ein Atompilz.
    Sei nicht tot, sei nicht tot, sei nicht tot   …
    Er sah, dass der lichte Haarwuchs des alten Mannes strähnig vor arteriellem Sirup war, während der kahle Scheitelbereich von einem Morast aus Knorpel und flüssigem Glanz beherrscht wurde. Shaper brauchte einen Moment, um zu begreifen, was genau er da sah. Sein Blick wanderte seitwärts zu dem merkwürdigen Fetzen in Sandras linker Faust – ein schlaffer Lappen von irgendetwas , der wie ein olivfarbener, luftleerer Ballon anmutete.
    Sahasrara. Das Kronenchakra.
    Sie hatte ihn skalpiert.
    Shaper spürte, wie sich Marys Körper neben ihm versteifte, als die Erkenntnis sie mit unheimlicher Gleichzeitigkeit ereilte. Ihre Hand verkrampfte sich um die seine. »Großer Gott   …«
    Erst als Glass’ Lippen zuckten und eine Blutkruste aufbrach, ließ sie Shapers verschwitzte Hand los und wankte in dem

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