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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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Bordstein stehen, um mit seinem Mobiltelefon eine Nummer zu wählen.
    »Ja?«, meldete sich barsch eine vertraute Stimme.
    »Vince? Hab ’nen Job für dich. Zwei Riesen.«
    Es folgte knisterndes Schweigen. »Äh«, drang es schließlich aus dem Handy. »Hör mal, krieg das bloß nicht in den falschen Hals, aber … Das hat doch nichts mit den Corams zu tun, oder?«
    »Was?«
    »Ist nur so, dass alle sagen, du würdest wieder für sie arbeiten, und …«
    »Himmel, Arsch und Zwirn, ich arbeite nicht für sie!«
    »Bist du sicher?«
    »Ja!«
    In gewisser Weise. Irgendwie.
    »’Tschuldige, Kumpel. Wollt’ mich bloß vergewissern.«
    Shaper schüttelte seine einsetzende Verärgerung ab und betrachtete die Straßenszene draußen. Tagsüber strotzte Camden vor Leben. Klickende Touristenkameras, an Vergnügungsparks erinnernde Witzfiguren, die Werbeschilder für ein Ledergeschäft schwenkten, knastbrüderartige Raucher in Emo-Schwarz und eine die Sinne bestürmende Geruchsmischung verschiedener Fastfood-Stände. Menschen überquerten gemächlich die Straße und verließen sich darauf, dass die wenigen Autofahrer, die den Spießrutenlauf wagten, weniger betrunken, weniger high oder weniger dämlich als sie selbst waren. Aus diesem chaotischen Querdenkertum stach ein einzelner schwarzer Mercedes, der vor einem Tätowierungstempel mit rosa Fassade parkte, wie ein Tyrannosaurus unter Truthähnen hervor.
    »Wichser«, murmelte Shaper.
    »Hä?«
    »Nichts. Nur ein paar alte Kumpel. Hör mal, was diesen Auftrag angeht …«
    »Zwei Riesen, ja?«
    »Genau.« Unbeschwert winkte er den undeutlichen Schemen hinter den getönten Scheiben zu, stellte sich vor, wie Wollmütze und Pimmelbirne auf ihren Sitzen tiefer rutschten, und hoffte, dass sie Mary nicht gesehen hatten. »Personenschutz. Nichts Aufregendes. Vielleicht ein wenig Haussicherheit. Höchstens fünf Tage.«
    »Ja, bin dabei.«
    Ein Junge mit Kapuzenpulli – derart vermummt, dass Shaper nicht einmal die Hautfarbe erkennen konnte, geschweige denn das Gesicht – latschte großspurig vorbei. Seine Hose klammerte sich beherzt an den Hüften fest. »Gras … Hasch … Pillen …«
    Shaper beobachtete, wie er in der Menge verschwand. Dabei mühte sich ein willkürlicher Gedanke aus seinem Innersten hoch. »Vince?«
    »Ja?«
    »Wie steht’s eigentlich dieser Tage um deine Connections?«
    Er starrte das Hochhaus an und knackte mit den Knöcheln.
    Nach oben zehn Stockwerke, darunter ein zwielichtiger Schlupfwinkel.
    Ta-da!
    Das Untergeschoss wirkte verdächtig von den oberen Gefilden abgegrenzt, als wollten es sogar die Ziegel meiden, die sich darüber emportürmten. Den Hauptteil des Gebäudes zierte ein Blaugrün, das es ohne Weiteres mit dem Himmel aufnehmen konnte, das jedoch dort, wo der Randstein an einen von Unrat verstopften Lichtschacht grenzte, in ein fleckiges, rötliches Kastanienbraun überging. Die Schächte hatte man schräg gebaut, um eine Spur mehr Licht einzufangen, und die darin nach hintenversetzten Fenster befanden sich hinter Metallgittern und muteten wie Schütten an, die in einen Burggraben führten. Dieses höhlenartige Untergeschoss besaß sogar auf der Rückseite des Hauses, wo niemand sie sehen konnte, seine eigenen schäbigen, mit alten Kaugummis übersäten Betonstufen. Insgesamt erinnerte das Bauwerk Shaper an eine Adelige in einem Ballkleid, die verstohlen über den Rand des Gehwegs in der Nähe des Kanals spähte und hoffte, niemand würde bemerken, dass sie mit den Füßen auf einer Kloschüssel balancierte.
    Er nahm zwei Stufen auf einmal – kein Herumalbern, keine gespielten Höflichkeiten, nur schnell rein und wieder raus  – und riss eine Brandschutztür auf, die derart vor Graffiti strotzte, dass er dort, wo das Glas gesprungen war, mehrere Farbschichten wie die Altersringe eines Baums erkennen konnte.
    Sechzehn Jahre, seit Tommy Boyle hier war.
    Zumindest die Mauern werden sich daran erinnern.
    Im Hausflur roch es nach Pisse und Porenbetonsteinen. Irgendwo weinte ein Baby, aus einem Fernseher dröhnte Applaus, und ein vorpubertäres Lachen – gnomenhaft und grausam – hallte durch die Düsternis. Bewegungsgesteuerte Lichter folgten ihm den Gang hinab wie eine peristaltische Welle, ein Neonschlund, der ihn verschluckte. Die Umgebung ließ ihn unwillkürlich an das Wort Burgverlies denken. Aufgedreht, voller Adrenalin und Amphetamine, zappelig und mürrisch, bekam er es nicht mehr aus dem Kopf. Es wurde in seinem Hirn zu

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