Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Haare packte und dem brabbelnden Schwachkopf mit dem Handrücken ins Gesicht schlug. Darauf ließ er zwei Schläge in den Magen folgen, einen mit jeder Faust. Der Rastalockenträger blieb rasselnd und keuchend mit leeren Lungen auf dem Boden zurück.
    Neubeurteilung .
    Die Frau mit dem Kleid lag immer noch im Koma. Jemand hämmerte an die Tür. Der junge Schwarze mit der gebrochenen Nase erwachte blinzelnd. Maus streckte die Hand einer Schreibtischschublade entgegen.
    Nicht nachdenken.
    Shaper trat die Schublade mit der Hand des kleinen Mannes darin zu. Brüllend übertönte er das erschrockene Kreischen und packte Maus am Kragen, zerrte ihn zurück und drehte ihn herum. Er sank auf die Knie und kauerte sich wie eine Hure in Reiterstellung auf den Dealer. Durch sein Hirn zuckte eine Fantasievorstellung von Mary, wie sie sich auf ihm krümmte und …
    Konzentrier dich, du Idiot!
    Maus war stärker, als er aussah. Er bäumte sich unter ihm auf, setzte sich zur Wehr und landete mit der Faust einen Glückstreffer, der schmerzhaft gegen Shapers Wange klatschte. Der verdrängte seine Überraschung und rammte dem Mann einen Ellbogen in den behaarten kurzen Hals, ignorierte sein ersticktes Würgen und schaute wieder auf.
    Die gebrochene Nase war wieder auf den Beinen, schäumte vor Wut, stapfte vorwärts und rotzte dabei Blut und Hass.
    Genug gespielt. Komm zum Ende .
    Shaper fasste in die Tasche unter seiner Achselhöhle und zog ein schmales kleines Messer daraus hervor.
    Behutsam setzte er es an.
    Und lächelte zuckersüß.
    Die gebrochene Nase blieb knurrend stehen.
    Das Adrenalinkonstrukt brach unter dem eigenen Gewicht zusammen. Die Pillen eroberten die Herrschaft zurück, vertrieben den Irrwitz, übermalten den Hintergrund seiner Sinne und stellten eine grobe Annäherung von Zeit und Raum wieder her. Die gesamte Action hatte keine zwanzig Sekunden gedauert.
    Die gebrochene Nase verschränkte die Arme vor der Brust und schaute finster drein. Der Typ mit den rötlich-braunen Rastalocken kam wieder zu Atem, übergab sich und stemmte sich brummelnd hoch. An der Tür hämmerte es unvermindert weiter.
    Und Maus mit der unbeschwerten Rumstimme zitterte unter der Klinge an seiner Kehle und wagte kaum, zu atmen.
    Uuund entspannen.
    »Vor sechzehn Jahren«, begann Shaper und verbannte jede Unsicherheit aus seinem Tonfall, »ist Tommy Boyle mit Sam Coram hier aufgekreuzt. Richtig?«
    Maus nickte, dann zischte er, als das Messer in seine sich verlagernde Haut schnitt.
    »Beweg dich besser nicht«, riet Shaper hilfsbereit.
    »Ja. Tommy Boyle – ja.«
    »Ich vermute mal, er wollte all die hart schuftenden unabhängigen Typen beiseiteräumen und ein ordentliches System für die Corams aufbauen, richtig?«
    »J-ja. Hat Anspruch auf das Gebiet erhoben.«
    »Wahrscheinlich wollte er seinen Willen nicht allzu subtil durchsetzen, hab ich recht?«
    »Ja.«
    »Gut. Fein gemacht.« Shaper verringerte den Druck eine halbe Winzigkeit – eine Belohnung für anständiges Benehmen. Die Tür pulsierte in den Angeln. »Nur endet der alte Sammy tot im Hafenviertel, bevor die Nacht rum ist, und Boyle macht sich aus dem Staub. Was also ist passiert, Maus?«
    Der kleine Mann heftete einen verwirrten, finsteren Blick auf ihn, der sich nach und nach in ein schiefes Lächeln verwandelte. »Mann, glaubst du wirklich, dass damals nich’ rumgestochert worden ist? Sogar die Bullen waren mit Fragen da. Jeder sagt’s Gleiche: Niemand weiß ’n Scheißdreck . Warum interessiert’s dich jetzt , hä?«
    Shaper verstärkte den Druck wieder. »Ich stelle die Fragen, danke sehr.«
    Auf der anderen Seite des Raums spuckte die gebrochene Nase Blut aus und lief hin und her wie ein Tiger in einem Käfig. DerRastalockenträger starrte nur mit böser Miene herüber. Shaper zwinkerte den beiden zu und richtete die Aufmerksamkeit wieder auf Maus. »War er an dem Tag auch bei dir, Kumpel? Tommy Boyle?«
    »Der war an dem Tag bei jedem. Er und seine Skinheads haben allen Lieferanten ’nen Besuch abgestattet. War ’n Rundgang, um zu drohen und Schädel einzuschlagen. Kennst du ja. ›Das is’ jetzt unser Gebiet‹, haben sie gesagt. ›Du zahlst an uns , wenn du im Geschäft bleiben willst.‹ Und dann weiter zum Nächsten.«
    »Und wer war der letzte Dealer, den sie an dem Tag besucht haben? Wer hat Boyle und Coram als Letzter gesehen?«
    »Scheiße, woher zum Geier soll ich das wissen? Sie waren bei jedem , Shaper.«
    Das gibt eine Menge angepisster