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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Spurrier
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waschen. Aber dieser Kerl …
    Vielleicht, so überlegte er, hatte er schon damals dasselbe vage Verständnis, dieselbe verschwommene Vorahnung verspürt, dass sich dieser selbstgefällige kleine Ehrgeizling eines Tages als unschätzbarer Verbündeter erweisen mochte. Vielleicht war Canton auch nur die eine anständige Seele zu viel gewesen, deren bevorstehende Korruption das Fass zum Überlaufen gebracht und Shapers Trägheit durchbrochen hatte. Oder vielleicht – wahrscheinlich – hatte es schlichtweg daran gelegen, dass er dieversteckten Zweifel, den Schimmer des Ekels vor sich selbst dicht unter den Zügen des Polizisten sehen konnte …
    Als hätte er in einen Spiegel geblickt.
    Er war mit dem Neuzugang losgezogen, um ihn zu einem geselligen Drink einzuladen, wie es die Corams befohlen hatten. Und dann, auf dem Parkplatz eines Pubs außerhalb von Chigwell, hatte er dem schnöseligen Vollidioten die Seele aus dem Leib geprügelt, bis er zur Vernunft kam. Er hatte ihm einige Dinge erklärt. Ihm einige Wahrheiten in den Schädel gehämmert.
    Rückblickend hatte es sich stark danach angefühlt, als hätte er auf sich selbst eingeschlagen.
    Danach hatte er Cantons Bezahlung zu den Corams zurückgebracht, ihnen gesagt, der Bulle hätte es sich anders überlegt, und ihnen versprochen, sich darum zu kümmern. Die restlichen Monate seiner Karriere – die mittlerweile rings um ihn bröckelte und einstürzte – hatte er damit verbracht, Canton jedes Mal heimlich zu warnen, wenn jemand losgeschickt wurde, um ihm die Beine zu brechen.
    Diesen Polizisten zu retten – und seinen Ehrgeiz zu besiegen – war das einzig Gute, das Shaper in jenen bitteren, verhunzten Jahren vollbracht hatte.
    Schnee von vorgestern.
    Im Auto beobachtete er, wie Canton bei der Aussicht auf einen großen Fall – durch den sich die Augen der Welt auf ihn richten würden – vorfreudig grinste. Shaper spürte, wie ihn eine dunkle Vorahnung überkam, die sein langsames Nicken seitwärtskippen und zu einem Kopfschütteln werden ließ.
    »Das ergibt keinen Sinn«, meinte er und dämpfte die Erregung.
    »Was?«
    »Diese Sorgfalt. All diese vermeintlichen Bemühungen, es nach etwas anderem aussehen zu lassen.«
    »Wieso?«
    »Wegen …« Er hustete und wandte den Blick ab, erfüllt von einer plötzlichen Kälte. »Wegen des Arztes.«
    Wegen des Blutes und der Haut und der gebrochenen Knochen und   …
    Und denk nicht daran.
    Er ließ das Fenster herunter, um den Zigarettenstummel hinauszuschnippen, und genoss die nieselfeuchte Luft. »Bei ihm wurde nicht versucht, den Mord zu tarnen. Wo ist die Verbindung?«
    Canton setzte ein dunkles, gefährliches Lächeln auf. »Bei Alice Colquhoun hat der Solarplexus gefehlt.«
    Die Welt jenseits des Autos verschwand hinter einem Schleier. Die Nässe in Shapers Haaren, die sich wie Perlen an seinem Hals sammelte, erstarrte.
    »Was?«
    »Das ist … so was wie ein Nervengeflecht. Ein Stück Knorpel unter dem Brustbein.« Der Polizist klopfte an der eigenen Brust auf die Stelle. Das verhaltene Lächeln blieb. »Es war weg.«
    »Weg?«
    »Du hast doch vorher nach Natasha gefragt. Tja, sie ist die Pathologin. Sie hat vier Stunden gebraucht, um darauf zu kommen, aber sie ist sich völlig sicher. An der Stelle fehlt Gewebe.«
    Die Krankheit wetzte in der Dunkelheit die Klauen, von Cantons Erregung ebenso sehr angesteckt, wie sie sich auf die schwächelnden, allmählich versagenden Zäune in Shapers Verstand auswirkte.
    »Und dann hat der Bursche auf sie eingestochen. Wir schätzen vierzig bis sechzig Mal. Wild. Verstehst du, er hat sie regelrecht zerfetzt  – eine fürchterliche Sauerei. Und alles nur, um den Einschnitt zu tarnen.«
    Shapers Augen spielten ihm Streiche. Hässliche Rinnsale einer roten Flüssigkeit liefen an den Rändern der Windschutzscheibe hinunter, schnatterndes Plankton wurde durch das Gebläse hereingeweht. Draußen nieselte es kein Wasser, sondern Blut, das mit jedem Zischen der Scheibenwischer das Glas verschmierte und verschorfte.
    Nein-nein-nein-nein .
    Seine Finger strichen über den Pillenordner. Seit der letzten Dosis war kaum eine halbe Stunde vergangen.
    Verfickte Toleranz!
    Neben ihm löste Canton den Blick von der Straße, um ihn unverwandt anzustarren. Ein hungriges Stirnrunzeln ersetzte das Lächeln. »Kumpel, wir hätten nicht mal nachgesehen, wenn du nicht den Hinweis darauf fallen gelassen hättest, dass eine Verbindung zu Kingsley bestehen könnte. Woher zum Geier

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