Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)
hast du das gewusst?«
Shaper schüttelte den Kopf. Ihm wurde bewusst, dass er eine weitere Zigarette rauchte, allerdings konnte er sich nicht daran erinnern, sich eine genommen, geschweige denn angezündet zu haben. »Kann ich nicht sagen«, presste er mit belegter Stimme hervor.
»Aber ich muss irgendwas in den Bericht reinschreiben, und …«
»Ich kann’s dir verdammt noch mal nicht sagen!«
Laut. Entsetzlich laut in der feuchten Luft. Gefolgt von einer knisternden, betretenen Stille.
Reiß dich zusammen, du Wichser .
»Tut mir leid«, entschuldigte er sich. »Es ist nur … Du musst dir etwas ausdenken. Schreib, Natasha wäre von selbst darauf gestoßen. Oder du hättest einen anonymen Tipp bekommen – was auch immer.«
Canton hüllte sich eine Weile in Schweigen, doch es bestand kein Zweifel daran, das noch mehr kommen würde. Für Shapers übersteigerte Wahrnehmung blubberte es wie geschmolzenes Gold – hinter den Zügen des Mannes bauschte sich zu viel Erregung. Er würde sie nie und nimmer für sich behalten können.
»Es könnte durchaus sein«, sagte Canton schließlich, der Shapers Gefühlsausbruch bereits vergessen zu haben schien, »dass deinem Kumpel Kingsley die Eier abgeschnitten wurden, bevor er unter dem Zug gelandet ist.«
Shaper schloss die Augen und erwiderte nichts.
»Dieselbe Masche. Zuerst die Feinarbeit, dann den Körper durch die Mangel drehen. Der arme Teufel musste regelrecht vom Boden gekratzt werden, als man ihn fand. Ziemlich weit verstreut. Bunt durcheinandergewürfelt.«
»Hab’s kapiert.«
»Buchstäblich.«
»Ich hab’s kapiert.«
»Ja, aber ich hab die Fotos gesehen, mein Freund. Die Scheiße wirst du nicht mehr los. Der Killer hätte den ganzen verdammten Arsch des Kerls mitnehmen können, wenn er gewollt hätte, und wir hätten es auf den ersten Blick nicht be…«
»Ich hab’s kapiert , Canton.«
Mittlerweile hörte er das Kichern von Hyänen in den Ohren. Der Geruch von Diesel und Dunst stieg ihm in die Nase. Seine Hände waren vor Schüttelfrostzittern nutzlos. Den Pillenordner hatte er bereits halb herausge…
Nicht hier! Nicht, wenn er zusieht!
Reiß dich zusammen! Sieh zu, dass du nach Hause kommst!
Shaper konzentrierte sich auf seine Atmung und beschwor die letzten hartnäckigen Überreste des Ampalex, für Ordnung zu sorgen. Er ließ das gleichmäßige Brummen des Autos seine Sinne besänftigen.
»Jedenfalls ist das die Verbindung«, brummte Canton. »Was wir nicht wissen, ist, warum der Irre genau diese Personen ausgesucht hat.«
Als Shaper schließlich wagte, die Lider langsam zu öffnen, sah er mit überwältigender Erleichterung, dass die verzerrten Wahrnehmungen zu einem leichten Dunstschleier verblasst waren und dass seine Straße aus dem Nieselregen auftauchte. »Also … also … was?«, fragte er mit einem Gefühl der Erlösung. »Stiehlt da jemand Organe?«
»Vielleicht. Die alte Dame – die Gärtnerin, die vom Dach gefallen ist – wurde gestern beerdigt. Wir haben Antrag auf Exhumierung gestellt.« Der Polizist verlangsamte die Fahrt und hielt nach einem Parkplatz Ausschau. »Wenn wir nachweisen können, dass bei ihr auch etwas fehlt …«
»Wird es.« Geradewegs aus dem Gehirn durch den Mund hinaus.
»Tja.« Canton parkte ein und stellte den Motor ab. Er drehte sich Shaper zu, setzte dieses fürchterliche Lächeln wieder auf und spielte seinen Trumpf aus. »Dann haben wir einen verfickten Serienmörder, nicht wahr?«
Shaper rauchte und starrte ins Leere.
Völliger Quatsch .
In seinen Eingeweiden blubberte es.
»Ich mein’s ernst«, fuhr Canton fort. »Das erklärt sogar, warum er den Arzt so unverblümt zur Schau gestellt um die Ecke gebracht hat. Er fängt mit einer organisierten Vorgehensweise an, ist durch und durch berechnend, verwischt seine Spuren, und mit der Zeit wird er immer schlampiger.«
»Erspar mir die Wiki-Weisheiten, Canton. Wir sind hier in London, nicht in einem beschissenen Filmstudio.«
»Nein wirklich, das ist ein klassisches Muster. Bevor wir uns versehen, scheißt er in aufgeschlitzte Bäuche und hinterlässt uns Hinweise wie Jack the Ripper.«
Die Erregung des Polizisten fühlte sich wie ein in Shapers Leib gerammtes Messer an, wie ein längst besiegt geglaubtes Krebsgeschwür, das zurückkehrte, um einen geläuterten Körper zu verwüsten.
Fuchtelt mit Kanonen rum. Raucht in seinem Auto. Geifert nach Erfolg .
So viel dazu, Polizeiinspektor Canton vor sich selbst »gerettet« zu
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