Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der blaue Express

Der blaue Express

Titel: Der blaue Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Millionen Pfund geerbt.»
    «Und ohne ihren Tod wäre er ruiniert gewesen.»
    «Ja.»
    «Da muss aber doch noch mehr gewesen sein», beharrte Lenox. «Ich weiß ja, er ist mit dem gleichen Zug gefahren, aber – das allein reicht doch noch nicht.»
    «Ein Zigarettenetui mit dem Buchstaben K darauf, das nicht Mrs Kettering gehörte, wurde in ihrem Abteil gefunden, und zwei Personen haben ihn gesehen, wie er das Abteil betreten und verlassen hat, unmittelbar bevor der Zug Lyon erreichte.»
    «Welche zwei Personen?»
    «Ihre Freundin Miss Grey ist die eine. Die andere ist Mademoiselle Mirelle, die Tänzerin.»
    «Und er, Derek, was hat er dazu zu sagen?», fragte Lenox scharf.
    «Er leugnet, überhaupt im Abteil seiner Frau gewesen zu sein», sagte Poirot.
    «Trottel!», sagte Lenox mit einer Grimasse. «Unmittelbar vor Lyon, sagen Sie? Weiß denn niemand genau, wann – wann sie gestorben ist?»
    «Der Befund der Ärzte kann natürlich nie ganz definitiv sein», sagte Poirot, «sie neigen aber zu der Ansicht, dass der Tod wohl kaum nach der Abfahrt aus Lyon eingetreten sein kann. Und wir wissen, dass Mrs Kettering wenige Minuten nach Abfahrt des Zuges aus Lyon tot war.»
    «Woher wissen Sie das?»
    Poirot lächelte eigenartig vor sich hin.
    «Jemand ist in ihr Abteil gegangen und hat sie tot aufgefunden.»
    «Und hat nicht den ganzen Zug alarmiert?»
    «Nein.»
    «Warum nicht?»
    «Zweifellos aus guten Gründen.»
    Lenox schaute ihn scharf an.
    «Kennen Sie diese Gründe?»
    «Ich glaube – ja.»
    Lenox saß ganz still und wendete die Dinge im Geiste hin und her. Poirot betrachtete sie schweigend. Schließlich blickte sie auf. Ihre Wangen waren leicht gerötet, und ihre Augen leuchteten.
    «Sie meinen, jemand aus dem Zug muss sie getötet haben, aber das braucht gar nicht so gewesen zu sein. Warum soll nicht jemand einsteigen, wenn der Zug in Lyon hält, direkt in ihr Abteil gehen, sie erwürgen, die Rubine mitnehmen und wieder vom Zug springen, ohne dass jemand etwas bemerkt? Vielleicht ist sie sogar getötet worden, als der Zug im Bahnhof von Lyon war. Dann hätte sie noch gelebt, als Derek hineingegangen ist, und wäre tot gewesen, als die andere Person sie gefunden hat.»
    Poirot lehnte sich in seinem Sessel zurück. Er holte tief Atem, sah das Mädchen an und nickte dreimal, dann seufzte er.
    «Mademoiselle», sagte er, «was Sie da gesagt haben, ist wahr – sehr wahr. Ich bin im Dunkeln herumgetappt, und Sie haben mir ein Licht gezeigt. Es gab einen Punkt, den ich nicht verstehen konnte, und Sie haben ihn mir klargemacht.»
    Er stand auf.
    «Und Derek?», sagte Lenox.
    «Wer weiß?» Poirot hob die Schultern. «Aber ich will Ihnen eines sagen, Mademoiselle. Ich bin nicht zufrieden. Nein, ich, Hercule Poirot, bin noch nicht zufrieden. Es kann sein, dass ich noch in dieser Nacht mehr erfahre. Jedenfalls werde ich es versuchen.»
    «Sind Sie verabredet?»
    «Ja.»
    «Mit jemandem, der etwas weiß?»
    «Mit jemandem, der etwas wissen könnte. In solchen Fällen muss man jeden Stein umdrehen. Au revoir, Mademoiselle.»
    Lenox begleitete ihn zur Tür.
    «Habe ich Ihnen geholfen?», fragte sie.
    Sie stand auf der Schwelle. Poirots Gesicht wurde sanft, als er zu ihr emporschaute.
    «Ja, Mademoiselle, Sie haben mir geholfen. Vergessen Sie das nie, wenn alles sehr düster aussieht.»
    Als der Wagen losgefahren war, fiel er wieder in tiefes Grübeln, aber in seinen Augen war jenes schwache grüne Leuchten, das immer dem späteren Triumph voranging.
    Er kam wenige Minuten zu spät zu seiner Verabredung; Papopoulos und seine Tochter waren bereits da. Poirot bat überaus zerknirscht um Entschuldigung und übertraf sich selbst an Höflichkeit und kleinen Aufmerksamkeiten. Der Grieche sah an diesem Abend besonders gütig und edel aus, ein kummervoller Patriarch mit makellosem Leben. Zia sah hübsch aus und war gut gelaunt. Das Essen war ersprießlich. Poirot war in glänzender Form und sprühte vor Einfällen. Er erzählte Anekdoten, machte Witze, berichtete von interessanten Ereignissen aus seiner Karriere und machte Zia Papopoulos anmutige Komplimente. Das Menü war mit besonderer Sorgfalt zusammengestellt, die Weine waren vorzüglich.
    Als das Dinner seinem Ende zuging, erkundigte sich Monsieur Papopoulos höflich:
    «Und der Tipp, den ich Ihnen neulich gegeben habe? Haben Sie auf das Pferd gesetzt?»
    «Ich bin noch in Verbindung mit – eh – meinem Buchmacher», antwortete Poirot.
    Die Blicke der beiden Männer

Weitere Kostenlose Bücher