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Der blaue Mond

Der blaue Mond

Titel: Der blaue Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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mich, den Apfel so fest zu drücken, dass er mir in der Hand endgültig zerplatzt. Sein nasser, klebriger Saft läuft mir die Finger entlang bis zum Handgelenk - während Roman zu mir hersieht und lacht.
     

NEUNZEHN
    Vor dem Kunstunterricht marschiere ich schnurstracks zum Materialschrank, ziehe meinen Kittel über, sammele meine Sachen zusammen und betrete gerade wieder den Raum, als Damen mit sonderbarem Blick in der Tür steht. Es ist ein Blick, der mich aber dennoch mit Hoffnung erfüllt, da seine Augen irgendwie leer sind und sein Kinn schlaff herunterhängt, sodass er verloren und unsicher wirkt, als brauchte er meine Hilfe.
    Da ich weiß, dass ich die Gelegenheit ergreifen muss, solange sie noch mit hängendem Kinn vor mir steht, beuge ich mich zu ihm, berühre ihn sachte am Arm und sage: »Damen?« Meine Stimme ist rau und zittrig, als hätte ich sie den ganzen Tag noch nicht benutzt. »Damen, ist alles okay?« Mein Blick wandert über ihn, und ich muss gegen den Drang ankämpfen, meine Lippen fest auf seine zu pressen.
    Während er mich mustert, zuckt in seinem Bück ein kurzer Lichtschein des Wiedererkennens auf, rasch gefolgt von Freundlichkeit, Sehnsucht und Liebe. Meine Finger nähern sich seiner Wange, und meine Augen füllen sich mit Tränen, als ich seine rötlichbraune Aura verblassen sehe und weiß, dass er wieder mir gehört...
    Doch dann:
    »Hey, mach Platz, mach Platz, du hältst ja hier den ganzen Verkehr auf.«
    Und im Handumdrehen ist der alte Damen weg und der neue wieder da.
    Er drängelt sich an mir vorbei, wobei seine Aura aufflammt und seine Gedanken durch meine Berührung zurückgedrängt werden. Ich drücke mich gegen die Wand und zucke zusammen, als Roman direkt hinter ihm hereinkommt und ganz zufällig meinen Körper mit seinem streift.
    »Tut mir leid, Süße.« Er grinst anzüglich.
    Ich schließe die Augen und halte mich an der Wand fest. Mir wird schwindlig, als das euphorische Wirbeln seiner leuchtenden, sonnigen Aura - seine intensive, einnehmende, optimistische Energie - mich regelrecht überspült und mein Gehirn mit dermaßen freundlichen und unschuldigen Bildern anfüllt, dass ich mich vor Scham winde, Scham wegen meiner ganzen Verdächtigungen, Scham, weil ich so abweisend war.
    Trotzdem stimmt daran etwas nicht. Irgendetwas stimmt am Rhythmus nicht. Die meisten Köpfe sind ein Harmoniengewirr, ein Wortschwall, ein Bilderpuzzle, eine Kakophonie aus Geräuschen, die alle umherpurzeln wie beim wildesten Free Jazz. Doch Romans Kopf ist ordentlich aufgeräumt, und ein Gedanke geht sauber in den nächsten über. Dadurch wirkt das Ganze gezwungen, unnatürlich, wie ein vorher festgelegtes Drehbuch.
    »Deinem Blick nach zu urteilen, Süße, war das für dich fast genauso schön wie für mich. Bist du sicher, dass du dir das mit unserem Date nicht noch mal überlegen willst?«
    Sein kalter Atem weht gegen meine Wange, und seine Lippen kommen so nahe, dass ich fürchte, er könnte versuchen, mich zu küssen. Gerade als ich ihn wegschieben will, geht Damen an uns vorüber und sagt: »Hey, Mann, was treibst du denn da? Der Freak ist doch reinste Zeitverschwendung.«
    Der Freak ist doch reinste Zeitverschwendung der Freak ist doch reinste Zeitverschwendung der Freak ist doch reinste Zeitverschwendung der Freak ist doch reinste Zeitverschwendung der Freak ist doch reinste Zeitverschwendung der Freak ist doch ... »Ever? Bist du gewachsen?«
    Als ich aufsehe, steht Sabine neben mir und reicht mir eine frisch ausgespülte Schüssel, die für die Spülmaschine gedacht ist. Erst nachdem ich ein paarmal geblinzelt habe, begreife ich, dass es meine Aufgabe ist, sie dort hineinzustellen.
    »Wie bitte, was?«, frage ich, als ich nach dem nassen Porzellan greife und es auf das Korbgitter gleiten lasse. Ich kann an nichts anderes mehr denken als an Damen und die verletzenden Worte, mit denen ich mich selbst quäle, indem ich sie mir wieder und wieder in Gedanken vorsage.
    »Du siehst aus, als wärst du gewachsen. Ich bin mir sogar sicher. Ist das nicht die Jeans, die ich dir neulich erst gekauft habe?«
    Ich sehe zu meinen Füßen hinunter und stelle verblüfft fest, dass mehrere Zentimeter Knöchel herausschauen. Dies ist umso bizarrer, als ich mich genau erinnern kann, dass noch am selben Morgen der Saum über den Boden geschleift ist. »Ähm ... Kann sein«, lüge ich, da ich weiß, dass wir beide wissen, dass es so ist.
    Sabine blinzelt und schüttelt den Kopf: »Ich war mir sicher, dass es

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