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Der blaue Stern

Der blaue Stern

Titel: Der blaue Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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Mädchen sich auch, daß ein Magier von Lythandes Statur die schönsten Frauen von Freistatt bis zu den Bergen jenseits von Ilsig haben könnte, und nicht nur Kurtisanen, sondern Prinzessinnen, Edeldamen und Priesterinnen. Myrtis war zweifellos in ihrer Jugend von großer Schönheit gewesen, und sie hielt nicht damit zurück, daß Prinzen und Zauberer und Reisende sie reich für ihre Gunst bezahlt hatten. Sie war immer noch schön (und es gab natürlich solche, die behaupteten, Lythande bezahle nicht sie, sondern im Gegenteil, sie gäbe dem Magier hohe Summen, damit er ihre Schönheit mit starkem Zauber vor dem Altern bewahre), aber ihr Haar war ergraut, und sie machte sich nicht mehr die Mühe, es mit Henna oder Goldton von Tyrisis-über-dem-Meer zu färben.
    Aber wenn Myrtis nicht wußte, wie Lythande sich in jener elementarsten menschlichen Situation verhielt, dann gab es wahrlich keine Frau in Freistatt, die es zu sagen vermocht hätte. Man munkelte auch, daß Lythande Dämoninnen aus der Grauen Wüste herbeibeschwor, um sich mit ihnen in Wollust zu paaren. Ganz sicher war jedenfalls, daß Lythande weder der erste noch der letzte Magier war, von dem man das behauptete.
    Doch in dieser Nacht suchte Lythande weder Essen, Trinken noch die Freuden der amourösen Unterhaltung. Obgleich der Magier häufig Gast in Schenken war, hatte noch niemand einen Tropfen Bier, Met oder Feuertrunk über Lythandes Lippen rinnen sehen.
    Lythande hielt sich am äußersten Rand des Basars, umging die alte Grenze des Statthalterpalastes und blieb dabei weitgehend im Schatten, den Taschendieben und Straßenräubern zum Trotz. Der Vorliebe für Schatten verdankte der Magier es, daß man sich in der Stadt erzählte, Lythande könne sich in Luft auflösen und aus dem Nichts auftauchen.
    Groß und schmal war Lythande, größer als ein hochgewachsener Mann, und dünn fast bis zur Auszehrung. Die blaue, sternförmige Tätowierung des Pilgeradepten zwischen schmalen, hochgeschwungenen Brauen hob sich von der Stirn ab, während der lange Kapuzenumhang mit den Schatten zu verschmelzen schien. Glattrasiert war das Gesicht oder überhaupt bartlos - niemand, solange man sich zurückzuerinnern vermochte, hätte zu sagen gewußt, ob das die Laune eines weibischen Typus war oder die Haarlosigkeit eines Mannes, der anders als die üblichen Sterblichen war. Das Haar unter der Kapuze war so lang und seidig wie das einer Frau, doch ergrauend, wie keine Frau in dieser Stadt von Dirnen es zugelassen hätte.
    Schnell an einer schattigen Mauer entlanghuschend, trat Lythande durch eine offene Tür, über der als Glücksbringer die Sandale Thurfirs angenagelt war, des Gottes der Pilger. Doch so leise, wenn nicht gar lautlos, waren des Magiers Schritte, und so gut verschmolz der Kapuzenumhang mit den Schatten, daß Augenzeugen später festen Glaubens geschworen hätten, Lythande wäre aus leerer Luft erschienen, durch Zauberei geschützt oder eine Tarnkappe unsichtbar gemacht.
    Um eine Feuerstelle stießen Männer lärmend ihre Krüge zum Klang eines Trinkliedes an, das auf einer abgegriffenen Laute geklimpert wurde. Lythande wußte, daß dieses Musikinstrument dem Wirt gehörte und ausgeliehen werden konnte - was _ diesmal ein junger Mann getan hatte. Er trug die Überreste eines geckenhaften Satans, dem die Unbilden der Straße nicht bekommen waren, und saß lässig, das eine Knie über dem anderen verschränkt. Als das nicht so ganz feine Trinklied verklang, spielte er ein sanftes Liebeslied aus einer anderen Zeit und einem anderen Land. Der Zauberer kannte dieses Lied, hatte es vor mehr Jahren, als andere sich zurückerinnern konnten, zum erstenmal gehört, als Lythande unter einem anderen Namen bekannt gewesen war und wenig von Zauberei verstanden hatte. Erst als dieses Lied geendet hatte, trat der Magier aus den Schatten und ließ sich sehen. Der Feuerschein brachte den blauen Stern auf der hohen Stirn zum Schimmern.
    Ein kurzes Murmeln erhob sich in der Schenke, aber man war hier an Lythandes plötzliches Kommen und Gehen gewöhnt. Der junge Mann blickte den Magier aus Augen entgegen, deren strahlendes Blau unter dem lockigen Schwarzhaar überraschte. Ein schlanker, geschmeidiger Bursche war er, und Lythande bemerkte das Rapier an seiner Seite, das aussah, als würde es oft benutzt, und das Amulett in Form einer zusammengeringelten Schlange an seinem Hals.
    »Wer seid Ihr, daß Ihr wie aus leerer Luft erscheint?« fragte dieser junge Mann.
    »Jemand, der

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