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Der Blaumilchkanal

Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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drei Asse. Das ganze Geld ist weg. Ich sage Ihnen, Herr Horowitz, die Regierung schafft eine Atmosphäre von solcher Unsicherheit, daß man nicht mehr klar denken kann.«
    »2000 Schekel sind kein horrender Betrag.«
    »Ja, wenn es nur die 2000 Schekel wären. Aber ich ziehe auch in anderen Partien die Gelder meiner Geschäftspartner heran. Bis jetzt sind es im ganzen 12 000 Schekel.«
    »Und was sagen die Geschäftspartner dazu?«
    »Sie wissen noch nichts davon. Deshalb rufe ich Sie ja an, Herr Horowitz. Es ist noch nicht zu spät. Sie haben in Ihrer Bank eine Menge Geld. Diesmal will auch ich, Stucks, etwas davon haben.«
    »Was stellen Sie sich vor?«
    »Ich suche soziale Gerechtigkeit, Herr Horowitz, dann wird es keinen Skandal geben. Alles hängt von einer ruhigen Entwicklung ab. Man kennt mich weit und breit als einen ehrlichen Menschen. Sollte es sich herumsprechen, daß ich Geld veruntreut habe, werden alle Leute sagen, um Himmels willen, wenn sogar Stucks so etwas tut, dann sind wir am Ende. Die öffentliche Moral steht auf dem Spiel, Herr Horowitz. Sie müssen sich Ihrer Verantwortung stellen.«
    »Bin ich für Ihr Hasardieren verantwortlich?«
    »Aber ich hatte drei Könige.« »Tut mir leid, lieber Freund. Sie müssen sich selbst aus diesem Schlamassel heraushelfen.« »Daran habe ich schon gedacht, Herr Horowitz. Es geht nicht. Mein Laden ist auf nur 6000 Schekel gegen Feuer versichert. Das ist zu wenig. Aber wenn Sie meinem Geschäftspartner sagen, daß Sie persönlich für alles haften, wäre das Problem gelöst. Sonst käme es zu einem fürchterlichen Skandal mit gerichtlichen Klagen und Zeitungsartikeln. Haben Sie Steiner schon einmal wütend gesehen? Sein Gesicht wird knallrot, die Adern auf seiner Stirn treten hervor, es ist ein furchtbarer Anblick.«
    »Daran hätten Sie vorher denken sollen.«
    »Ich habe Sie nicht um Rat gebeten, Horowitz, sondern um Hilfe. Wenn Sie wollen, lasse ich meinen Laden auf Sie oder Ihre Frau überschreiben. Aber geben Sie mir 15 000 Schekel als Überbrückungshilfe.«
    »Vorhin sprachen Sie doch von 12 000?«
    »Am Sonntag spielen wir wieder.«
    »Sie sind unverschämt.«
    »Was bin ich? In einer Klemme bin ich, das ist alles. So etwas kann ja schließlich passieren. Man darf niemanden bestrafen, nur weil er kein Glück hat. Ich beneide Leute, die besser Poker spielen als ich oder mehr Glück haben, aber das ändert jetzt nichts. Überlegen Sie sich doch, was geschehen wird, wenn zehn oder zwölf erbitterte Auftraggeber über mich herfallen und ihr Geld zurückverlangen. Geschrei, Lärm, ein Auflauf, ein Überfallkommando, Polizei, Journalisten, Rundfunk und Fernsehen, das hat uns in unserer angespannten politischen Lage noch gefehlt. Und das wollen Sie, Horowitz, provozieren.«
    »Aber...«
    »Soll ich vielleicht zum Islam übertreten?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Dann schicken Sie mir morgen das Geld. Gleich in der Früh. Womöglich in Fünfzigschekelnoten.«
    »Und wie wollen Sie es zurückzahlen?«
    »Zurückzahlen? Ich hab' geglaubt, es ist eine Subvention.«
    »Es ist ein Darlehen, das Sie zurückzahlen müssen.«
    »Dann werde ich es in Gottes Namen am Montag zurückzahlen. Dann werde ich eben am Sonntag den Einsatz nicht erhöhen. Oder nur, wenn ich vier Könige habe.«
    »Das ist keine Lösung, Herr Stucks.«
    »Also gut. Vier Asse.«

    Ich frage mich manchmal, wie war es möglich, daß Adam samt seiner Rippe dem Erzengel keinerlei Widerstand leistete und mit eingezogenem Schwanz aus dem Paradies schlich.
    Die Antwort ist ganz einfach. Die beiden waren eben nicht in der Gewerkschaft. Heute würde die Vertreibung nicht so glatt vor sich gehen.

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DIE UNTERHOSENSTORY ODER ENGEL SIND NICHT ORGANISIERT
    Wir werden niemals erfahren, was im Kopf des Engels mit dem Flammenschwert vorging, ehe er sich entschloß, ausgerechnet bei dem Betriebsratsvorsitzenden Ginzburg zu erscheinen.
    »Ginzburg, erhebe dich.«
    »Was ist los?«
    Ginzburg hatte prinzipiell nichts gegen Engel. Im Gegenteil, manchmal sehnte er einen herbei, zum Beispiel vorgestern, bei der stundenlangen Debatte im Finanzministerium. Es ging wieder einmal um Änderungen im Tarifvertrag, und im Mittelpunkt standen natürlich die Gummiprobleme, bei denen Ginzburg hart bleiben mußte. Diese branchenspezifische Sonderzulage galt als die bedeutendste Errungenschaft der Arbeiter in der AutobusKooperative und war eigentlich Ginzburgs Lebenswerk. Es hatte einen jahrelangen

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