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Der Blaumilchkanal

Der Blaumilchkanal

Titel: Der Blaumilchkanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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sich nicht mit seinem ausgezeichneten Verhältnis zum Allerhöchsten brüstet. Im Namen Gottes gab er auch die seltsamsten Anweisungen, wie zum Beispiel die an seinen Bruder Aaron: »Du sollst das Los werfen über zwei Böcke. Ein Los dem Herrn, das andere dem Satan.« Zwei Böcke deshalb, weil einer für Gott als Sündenbock geopfert werden mußte, während der andere für den Satan bestimmt war und noch 120 Jahre weiterleben durfte, offenbar um den Satan nicht zu ärgern.
    Und das alles im Namen Gottes.
    Moses spart auch nicht mit der Androhung saftiger Strafen, wenn er Ungehorsam wittert: »Der Herr wird dich schlagen mit Auszehrung, Entzündung und hitzigem Fieber, Getreidebrand und Dürre, mit bösen Geschwüren an den Knien und Waden, daß du nicht geheilt werden kannst, von den Fußsohlen bis zum Scheitel.«
    Gott hatte dagegen offenbar nichts einzuwenden. Moses war schließlich Seine rechte Hand, der einzige, mit dem Er gesellschaftlichen Kontakt pflegte. Probleme tauchten erst auf, als es auch für alle anderen zur lieben Gewohnheit wurde, sich des Namen Gottes und seiner Autorität bei jeder Gelegenheit zu bedienen. Die Bibel ist voller Propheten, die auf das Zweite Gebot pfeifen, und sie taten, was sie taten, und sie sagten, was sie sagten, ausschließlich im Namen Gottes, genau wie Moses seinerzeit.
    In der Heiligen Schrift wird recht genau zwischen echten und falschen Propheten unterschieden. Und die falschen waren natürlich jene, deren Prophezeiungen nicht eintrafen. Im ganzen gesehen war aber jede Prophezeiung reine Glückssache. Daher waren fast alle Propheten äußerst vorsichtig mit der Nennung konkreter Daten. Da hieß es: »Der Herr sprach,
    ihr Sünder werdet von der Erde getilgt«, oder es wird das Kommen des Messias angekündigt ohne Angabe irgendeines Datums, Und so warten wir heute noch auf ihn.
    Auch hier bietet sich wieder eine vergleichbare Parallele zur Gegenwart an. Propheten sind wie heutige Wirtschaftsexperten, die aus Erfahrung wissen, daß düstere Prognosen immer Eindruck machen, daß man risikolos vorhersagen kann, Arbeitslosigkeit und Inflation würden ansteigen und die Börse demnächst zusammenbrechen. Eine Flasche Champagner gegen einen jungen Opferbock, daß die Prognose irgendwann einmal doch eintrifft.
    Und sollte sie nicht eintreffen, dann schadet es auch nichts. Der gute Prophet Jona zum Beispiel warnte die Einwohner von Ninive, daß ihnen in 40 Tagen der Garaus gemacht würde, aber nach Ablauf der Frist geschah gar nichts. »Na ja«, meinte Jona, »schließlich hat Gott durchaus das Recht, seine Meinung zu ändern.«
    Sie waren schlaue Köpfe, diese berufenen Vermittler zwischen Gott und Mensch. König David zum Beispiel besiegte zwar Goliath, zitterte aber vor dem Propheten Nathan, der Davids Gespräche regelmäßig abhörte und ihn wegen seiner Sexskandale unter Druck setzte. Auch König Saul hatte jedesmal mit Nervenkrisen zu kämpfen, wenn der Prophet Samuel an seinem Hof auftauchte. Samuel, seine graue Eminenz, ließ ihn nicht im Zweifel darüber, daß er ohne ihn gar nichts tun könne, und hatte damit bedauerlicherweise recht. Es pilgerten mehr jüdische Könige nach Canossa als zu Zeiten Heinrichs IV. Ein König, dessen Name mir gerade nicht einfällt, warf zwar den Propheten Jeremia kurzerhand in den Kerker, aber nur um ihn kurz darauf dort aufzusuchen und ihn nach Gottes jüngster Botschaft zu fragen.
    Unter uns gesagt, Jeremia fand sich damit selbst nicht immer zurecht. Jedesmal, wenn der Herr gleichzeitig mit zwei Propheten sprach, verlor Jeremia völlig die Orientierung. Das führte dazu, daß die Gefangenen von Nebukadnezar in Babylon sich nicht nur die widersprüchlichsten Botschaften der Propheten Jeremia und Hesekiel anhören mußten, sondern auch die wilden Beschimpfungen, die die beiden verwirrten Heiligen einander an den Kopf warfen.
    Aber das alles ist schon sehr lange her. Heute macht uns zu schaffen, daß Gott zwar genaue Anweisungen an sein persönliches Sprachrohr Moses gab, dieser aber auch seine Eigenheiten hatte. Besonders bei der Zahl sieben. So legte Moses den Sabbat auf den siebenten Tag fest, befahl, daß die Sklaven nach sieben Jahren freigelassen werden müßten und die Felder alle sieben Jahre ruhen sollten.
    Am Sabbat kann man inzwischen zum Fußballmatch gehen, und die Sklaven von heute sind in Gewerkschaften organisiert. Das einzige Problem, das bis in unsere Zeit ungelöst blieb, hat landwirtschaftlichen Charakter, wie in der

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