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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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Einkommen → Haig-Simons-Formel
    konstruierter Einkommenszufluss
    Kommanditgesellschaften, Verluste aus Kapitalvermögen
    Amortisierung und Kapitalisierung → 1976 TRA § 266
    Abschreibung → Klassifizierung abschreibbarer Aktiva (1971)
    Kontierungs- vs. Bilanzierungsmethode → Implikationen für bereinigte Bruttoerträge
    Schenkungen unter Lebenden und 76 TRA
    Straddle-Techniken
    4 Kriterien für nicht steuerpflichtige Tauschgeschäfte
    Klientensteuerplanungsstrategie (»kundenspezifische Transaktionen«) vs. IRS-Prüfungsstrategien (»aus Steuergründen befristete Transaktionen«)
    Es war wie gesagt der letzte reguläre Vorlesungstag des Semesters. In den letzten regulären Sitzungen meiner sonstigen geisteswissenschaftlichen Seminare versuchten sich die jüngeren Professoren in der Regel an hippen, selbstironischen Abschlussbemerkungen – »Mr Gorton, würden Sie bitte mal in wenigen Worten zusammenfassen, was wir in den letzten sechzehn Wochen gelernt haben?« – und gaben Anweisungen zur Logistik von Abschlussklausuren oder -essays sowie Noten, und vielleicht wünschten sie noch schöne Ferien (es waren noch zwei Wochen bis Weihnachten 1978). Aber als sich der Ersatzdozent in Steuerprüfung II wieder von der Leinwand ab- und uns zuwandte, gab er keine körpersprachlichen Signale des Abschlusses oder eines Übergangs zu letzten Anweisungen oder Zusammenfassungen. Er stand ganz ruhig da – deutlich ruhiger als die meisten anderen Menschen dastehen, wenn sie stillstehen. Bis dahin hatte er einschließlich von Zahlwörtern und Operatoren 8.206 Wörter gesagt. Die älteren Männer und Asiaten saßen alle noch da, und dieser Dozent schaffte es scheinbar, mit allen achtundvierzig Studenten gleichzeitig Blickkontakt zu halten. Ich nahm wahr, dass sich die Ausstrahlung des Ersatzdozenten, diese trockene, distanzierte, unangestrengte Autorität, teilweise der Art und Weise verdankte, wie alle Abschlusskandidaten im Seminar ihm an den Lippen hingen. Es war offensichtlich, dass sie ihm Respekt entgegenbrachten, und diesen Respekt musste er nicht einmal pro forma erwidern, um ihn akzeptieren zu können. Er bemühte sich nicht darum, zu jemandem »einen Draht zu finden« oder gemocht zu werden. Aber er war auch nicht ablehnend oder herablassend. Er war allenfalls »gleichgültig« – aber auch das nicht auf sinnlose, dahintreibende, nihilistische Weise, sondern eher auf eine sichere und selbstbewusste Art. Das ist schwer zu beschreiben, obwohl ich mich deutlich an meine damalige Wahrnehmung erinnere. Das Wort, das mir die ganze Zeit durch den Kopf ging, während er uns ansah und wir ihn beobachteten und warteten – obwohl das ja alles ganz schnell ging –, lautete Glaubwürdigkeit , wie in dem Ausdruck »Glaubwürdigkeitslücke«, der seit dem Watergate-Skandal die Runde machte – da war ich noch Student am Lindenhurst gewesen. Die Geräusche der Teilnehmer anderer Seminare in Rechnungswesen, Volks- und Betriebswirtschaft, die in die Korridore strömten, wurden überhört. Statt seine Materialien zusammenzupacken, hatte der Ersatzdozent – den ich damals, wie gesagt, für einen Jesuitenpater »in Zivil« hielt – die Hände hinter dem Rücken verschränkt und sah uns schweigend an. Das Weiße in seinen Augen war extrem weiß, so wie normalerweise nur ein dunkler Teint das Weiß in den Augen erscheinen lassen kann. Die Farbe der Iris habe ich vergessen. Sein Teint war aber der eines Menschen, der selten in die Sonne gekommen war. Er schien in sparsamem Behördenneonlicht zu Hause zu sein. Seine Fliege war vollkommen gerade und bündig, obwohl sie selbst gebunden war, keine Ansteckfliege.
    Er sagte: »Sie erwarten also ein Schlussplädoyer. Eine Paränese.« (Für das letzte Wort würde ich mich nicht verbürgen.) Er sah kurz auf seine Uhr, wieder mit dieser rechtwinkligen Geste. »Nun denn«, sagte er. Ein dünnes Lächeln umspielte seine Mundwinkel, als er dieses »Nun denn« aussprach, aber es war klar, dass er weder scherzte noch auch nur ansatzweise unterhöhlen wollte, was er gleich sagen würde, so wie so viele geisteswissenschaftliche Professoren jener Zeit sich selbst oder ihre Mahnreden auf die Schippe nahmen, um ja nicht uncool zu wirken. Erst später, als ich schon am SMZ des Service war, ging mir auf, dass an den verschiedenen Bildungsanstalten, an denen ich mich hatte hin- und hertreiben lassen, dieser Ersatzdozent tatsächlich der erste Angehörige der Lehrkörper war, dem es hundertprozentig egal zu

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