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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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verordnete Mindestzeitraum von sechs Wochen verstrichen war, hatte er die Krücken schon der Pädiatrieabteilung vom Calvin Memorial gespendet, um die Genesung eines weniger glücklichen Kindes aufzuhellen, und am Ende der ganzen Angelegenheit fühlte er sich bemüßigt, für den jährlichen Essaywettbewerb in Sozialkunde einen sehr langen Essay zu der Frage zu verfassen, wie sogar eine durch einen Unfall verursachte schmerzhafte und kräftezehrende Verletzung dabei helfen kann, neue Freunde zu gewinnen und auf Mitmenschen zuzugehen, und dass der Essay nicht gewann und nicht einmal ehrenvolle Erwähnung fand, machte ihm ehrlich nichts aus, weil er fand, das Schreiben des Essays sei schon an sich ein Gewinn gewesen, und er hatte aus dem ganzen Prozess der neun Überarbeitungen sehr viel über sich selbst gelernt und freute sich aufrichtig für seine Mitschüler, deren Essays Preise gewannen, und sagte ihnen, er sei mehr als hundertprozentig sicher, dass sie sie verdient hätten, und wenn sie ihre Preisessays aufbewahren und vielleicht sogar Geschenke für ihre Eltern daraus machen wollten, würde er sie nur zu gern abtippen und laminieren und, wenn sie wollten, die Rechtschreibfehler korrigieren, falls er welche fände, und zu Hause legt sein Vater dem kleinen Leonard die Hand auf die Schulter und sagt, er ist stolz darauf, dass sein Sohn so ein guter Verlierer ist, und lädt ihn zur Entschädigung zu Dairy Queen ein, und Leonard sagt seinem Vater, er ist ihm sehr dankbar, und die Geste bedeutet ihm sehr viel, aber wenn er ganz ehrlich sein soll, ist es ihm noch lieber, wenn sein Vater das Geld, das er sonst für Eiscreme ausgeben würde, Easter Seals oder besser noch UNICEF spendet, um die Not der hungerleidenden Kinder in Biafra zu lindern, die, wie er schwören kann, von Eiscreme wahrscheinlich nie auch nur gehört haben, und er wettet, sie fühlen sich dann beide sogar besser als nach einem Besuch bei DQ, und während der Vater die Münzen in den Schlitz des besonders leuchtend orangefarbenen UNICEF -Spenden-Pappsparkürbisses steckt, kleidet Leonard seine Besorgnis über das nervöse Zucken seines Vaters in Worte, zieht ihn ein bisschen wegen seines Zögerns auf, das mal vom Hausarzt der Familie untersuchen zu lassen, erwähnt noch, laut der Tabelle an der Zimmertür ist die jährliche Vorsorgeuntersuchung seines Vaters jetzt schon drei Monate überfällig und die empfohlene Auffrischungsimpfung gegen Tetanus sogar schon acht Monate.
    Während der ersten und zweiten Stunde übernimmt er die Gangaufsicht (nach Punkten ist er eine halbe Klasse weiter), verwarnt aber weit mehr, als dass er tatsächlich einträgt – er soll helfen, findet er, und niemanden zur Strecke bringen. Zusammen mit den Warnungen gönnt er seinen Gesprächspartnern meist ein Lächeln und meint, sie seien nur einmal jung und sollten das genießen, warum sie nicht in die Welt gingen und jeden Tag eine gute Tat vollbrächten, ab durch die Mitte. Er arbeitet für UNICEF und Easter Seals und initiiert in drei Klassen gleichzeitig eine Recyclingkampagne. Er ist gesund und frisch gewaschen und immer gepflegt genug, um Verbindlichkeit auszustrahlen und Respekt für die Gemeinschaft, der er angehört, und in der Klasse meldet er sich höflich bei jeder Frage, aber nur, wenn er sicher ist, dass er nicht nur die korrekte Antwort kennt, sondern diese auch so formulieren kann, dass die Lehrerin damit die Diskussion des übergreifenden Themas voranbringen kann, das an dem Tag gerade dran ist, und oft geht er nach dem Unterricht noch kurz zur Lehrerin, um sich zu vergewissern, dass er ein solides Verständnis ihrer Lernziele mitbringt, und um zu fragen, ob er seine Diskussionsbeiträge im Unterricht womöglich noch irgendwie verbessern oder hilfreicher gestalten kann.
    Die Mom des Jungen hat beim Backofenreinigen einen schrecklichen Unfall erlitten und wird in Windeseile ins Krankenhaus gefahren, und obwohl er außer sich vor Sorge ist und beständig um ihre Stabilisierung und Genesung betet, bleibt er freiwillig zu Hause, übernimmt den Telefondienst, gibt nach einer alphabetischen Liste von Verwandten und besorgten Freunden der Familie Informationen weiter, sorgt dafür, dass Post und Zeitungen nicht im Briefkasten liegen bleiben, schaltet abends in unregelmäßigen Abständen die Lampen im Haus ein und aus, wie Officer Chuck, der Kontaktbereichsbeamte der Michigan State Police für Verbrechensprävention, das an staatlichen Schulen immer für den Fall

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