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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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empfiehlt, dass mal keine Erwachsenen zu Hause sind, ruft auch die (auswendig gelernte) Notrufnummer der Gasgesellschaft an, um das möglicherweise schadhafte Ventil oder den Stromkreis im Backofen überprüfen zu lassen, bevor womöglich noch ein weiteres Familienmitglied zu Schaden kommt, und arbeitet (heimlich) an einer gewaltigen Sammlung von Wimpeln und Fähnchen und WILLKOMMEN-ZU-HAUSE- und BESTE-MOM-DER-WELT -Transparenten, die er mithilfe der (von einem verantwortungsbewussten Erwachsenen aus der Nachbarschaft festgehaltenen und überwachten) ausziehbaren Leiter aus der Garage mit wasserlöslichem Leim sorgfältig an der Hausfassade anbringen will, um die Mom zu begrüßen und zu bejubeln, wenn sie mit einer medizinischen Unbedenklichkeitsbescheinigung von der Intensivstation entlassen worden ist, was Leonard seinem Vater über das Münztelefon auf der Intensivstation mehrmals versichert, dass er persönlich keinerlei Zweifel an dieser medizinischen Unbedenklichkeitsbescheinigung hegt, jede Stunde ruft er pünktlich auf die Minute an, bis eine technische Störung das Münztelefon lahmlegt und er nach dem Wählen nur noch einen hohen Ton hört, was er der Telefongesellschaft ordnungsgemäß unter der 1-616-Störfallnummer durchgibt, wobei er auch daran denkt, die (für alle Fälle notierte) spezielle achtstellige Inventarnummer des Münztelefons anzugeben, was die klein gedruckten technischen Angaben ganz hinten im Telefonbuch bei der 1-616-Störfallnummer für eine schnelle und effiziente Behebung des Problems empfehlen.
    Er versteht sich auf mehrere Versionen von Kalligrafie, hat am Origami-Lager teilgenommen (zwei Mal), kann aus freier Hand außergewöhnliche Skizzen der regionalen Flora anfertigen, alle sechs Nouveaux Quatuors von Telemann pfeifen und außerdem praktisch jede Vogelstimme nachahmen, die Audubon je untergekommen ist. Mit Wissenschaftsverlagen korrespondiert er manchmal über mögliche Kategorien- und/oder Grammatikfehler in ihren Fachbüchern. Von Buchstabierwettbewerben fangen wir gar nicht erst an. Er kann aus normalen Zeitungen über zwanzig verschiedene Admirals-, Cowboy- und Geistlichenhüte sowie Kopfbedeckungen diverser Ethnien falten und meldet sich freiwillig, um in den Kindergartenklassen der Carl-P.-Robinson-Grundschule zu hospitieren und das den Kleinen beizubringen, ein Angebot, das der Rektor zu schätzen weiß, nach reiflicher Überlegung aber ablehnen muss. Der Rektor kann den Jungen auf den Tod nicht ab, ohne das recht begründen zu können. Der Junge erscheint ihm im Schlaf, an den zerfaserten Rändern seiner Albträume – das gebügelte karierte Hemd und der streng gezogene Scheitel, die Sommersprossen und das gewinnende Lächeln: Womit kann er dienen? Der Rektor malt sich aus, wie er Leonard Stecyk einen Fleischerhaken in das strahlende Gesicht bohrt und den Jungen mit dem Gesicht nach unten hinter seinem VW -Käfer über die unebenen neuen Vorstadtstraßen von Grand Rapids schleift. Die Fantasien tauchen aus dem Nichts auf und schockieren den Rektor, einen frommen Mennoniten.
    Alle hassen den Jungen. Es ist ein vielschichtiger Hass, bei dem sich die Hassenden oft niederträchtig fühlen, ein schlechtes Gewissen haben und sich selbst hassen, weil sie einem so umfassend gebildeten und wohlmeinenden Jungen mit solchen Gefühlen begegnen. Aber dann hassen sie ihn unwillkürlich nur noch mehr, weil er in ihnen einen solchen Selbsthass schürt. Die ganze Angelegenheit ist äußerst verwirrend und verstörend. Man braucht viel Aspirin, wenn er in der Nähe ist. Die einzigen echten Kinderfreunde des Jungen sind die geistig oder körperlich Behinderten, die Dicken, die bei Mannschaftsspielen als letzte Gewählten, die non gratae – die spürt er auf. Alle dreihundertsechzehn Einladungen zur FRESSFETE anlässlich seines elften Geburtstags – dreihundertzweiundzwanzig, wenn man die Tonbandeinladungen für die Blinden mitzählt – sind im Offsetdruck hergestellt auf Qualitätspergament mit dazu passenden hochgradig hadernhaltigen Umschlägen, beschriftet mit einer verschnörkelten Kalligrafie aus der Zeit Philipps II ., an der er drei Wochenenden gearbeitet hat, und jede Einladung listet detailliert und mit römischen Ziffern die Stationen des halbtägigen Ausflugs aus: Six Flags, Privatführung durch das Blandford Nature Center durch einen Dr. rer. nat. und schließlich eine geschlossene Veranstaltung mit freien Spielmöglichkeiten in Shakee’s Pizza and Indoor Arcade am

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