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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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zurück, holte ein Werkzeug, wohl eine Brechstange, und hebelte die Windschutzscheibe aus, was den Kleinlaster erbeben ließ. Er kniete sich hin, schob sich durch den Windschutzscheibenschlitz, musterte erst die bewusstlose Mom und dann das Mädchen. Die Mom stöhnte und regte sich, und der Mann brachte sie um, indem er ihr mit der einen Hand die Nasenlöcher zukniff und ihr mit der anderen einen schmierigen Lappen auf den Mund presste, mit solcher Kraft, dass sich der Kopf der Mom in Tonis Seite drückte, weil sie sich auch in der Bewusstlosigkeit dagegen wehrte, erstickt zu werden. Toni rührte sich nicht, atmete flach, die Augen noch immer offen und nur wenige Zentimeter von den Augen des Mannes entfernt, der ihre Mutter erstickte, was über vier Minuten Druckausüben erforderte, um ganz sicherzugehen. Toni starrte, ohne zu sehen, und blinzelte auch nicht, obwohl die Trockenheit und das Unbehagen grauenhaft gewesen sein müssen. Und irgendwie konnte sie den Mann überzeugen, dass sie tot war, denn er kniff ihr nicht die Nasenlöcher zu und presste ihr keinen schmierigen Lappen auf den Mund, auch wenn das nur vier oder fünf Minuten länger gedauert hätte ... denn kein normales menschliches Wesen kann dasitzen und so lange die Augen offen halten, ohne zu blinzeln, das wusste er. Dann nahm er noch ein paar Wertsachen aus dem Handschuhfach, sie hörte, wie er wieder den Hang hochklimperte, dann das Anspringen des starken Lastermotors, der Laster fuhr weg, und dann lag das Mädchen bestimmt mehrere Stunden lang da, gefangen zwischen der Tür und ihrer toten Mutter, bevor jemand vorbeikam, das Autowrack sah und die Polizei rief, und dann dauerte es wahrscheinlich noch einmal ziemlich lange, bevor sie aus dem Kleinlaster befreit wurde, körperlich unverletzt, und in einen Krankenwagen der Wohlfahrt gelegt wurde ...
    Puh.
    Also leg dich nicht mit diesem Mädchen an; dieses Mädchen ist beschädigte Ware.

§ 46
    Normalerweise trifft sich am Freitagnachmittag ein Gutteil der Steuermitarbeiter aus Block C auf einen Happy-Hour-Cocktail im Meibeyer’s. Wie in den meisten Kneipen an der North Side, die als Service-Stammlokale dienen, dauert die Happy Hour im Meibeyer’s genau sechzig Minuten, und die Preise der Tagesdrinks sind an die Benzinkostenentwicklung und die mit der 3,7-Kilometer-Fahrt vom RPZ zur Kreuzung Southport-474 verbundenen Fahrzeugwertminderung indexiert. Verschiedene Gruppen und Blöcke pflegen an verschiedenen Orten zusammenzukommen, die teilweise in der City liegen und auf verschiedene Art und Weise die angesagteren Lokale von Chicago und St. Louis nachäffen. Die glockenförmigen Männer sind praktisch jeden Abend im Father’s zu finden, das direkt am Self-Storage Parkway liegt und der Einfachheit halber gleich vom Budweiser-Vertriebshändler der Region betrieben wird; seine Funktion ist weniger sozialer als intubatorischer Art. Viele Schlängler frequentieren dagegen eher die steroidalen Studentenkneipen zwischen dem PCB und der Bradley. Homosexuelle haben die Schoppenstube im Künstlerviertel der City. Die meisten Prüfer mit Kindern fahren natürlich nach Hause, um Zeit mit ihrer Familie zu verbringen, Steve und Tina Geach sind bei der 2H am Freitag allerdings oft zusammen im Meibeyer’s. Fast alle haben es nötig, den Dampf abzulassen, der sich im Lauf einer Woche mit extremer Langeweile und Konzentration oder mit extremen Volumen und Stress oder mit allem zusammen aufgestaut hat.
    Das Meibeyer’s hat eine aschgraue Laminatverkleidung, elektrische Petroleumfackeln unbekannter Herkunft, die aber noch aus einer früheren Inkarnation stammen könnten, eine Wurlitzer 412-C-Jukebox, zwei Flipper, einen Kickertisch, eine Air-Hockey-Platte sowie Dartsscheiben, die man vorsichtshalber etwas abseits in der Nähe des schmalen Gangs zu Münztelefon und Toiletten aufgehängt hat. Die breiten Fenster vom Meibeyer’s gehen auf die autobahnseitigen Kettenfilialen von Southport und die unübersichtlichen Abfahrten der I-474-Überführung hinaus. Der Freitags-Barkeeper ist laut Chuck Ten Eyck seit mindestens drei Jahren derselbe. Die Drinks sind eher teuer, denn Service-Mitarbeiter trinken selbst in der Happy Hour normalerweise weder viel noch schnell, also muss die Kneipe die Preise anheben, um liquide zu bleiben. Im Winter hat das Meibeyer’s einen eigenen beschaufelten Pick-up als Schneepflug. Im Sommer wird das Neonschild der Bar, das Semion eines körperlosen Schlapphuts, dessen Winkel sich zweimal pro

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