Der bleiche König: Roman (German Edition)
Sekunde ändert, von etwas nicht Ersichtlichem reflektiert und spiegelt sich, wenn auch schwach, gleich zweimal in den Frontfenstern der Kneipe. Die Krempe vom Meibeyer’s wird im Malarialicht der einbrechenden Abenddämmerung geschwenkt, aber die aufziehenden Wolken und ein Anstieg der Luftfeuchtigkeit sind nur manchmal Anzeichen für Regen.
Da sie für gewöhnlich ledig sind, verfallen heterosexuelle Versetzungen und Neuzugänge in genau diesen Trott. Robby van Noght kommt oft, aber diesen Freitag nicht. Gerry Moeller war in jeder der fünf Wochen da, die er jetzt im RPZ ist. Harriet Candelaria kommt, geht aber eigentlich immer nach der ersten Runde, wenn Beth Rath nämlich Meredith Rand mitbringt, mit der Candelaria Probleme hat, von deren Ursprüngen keine der Versetzungen auch nur die leiseste Ahnung hat. Steve und Tina Geach, die in verschiedenen Gruppen arbeiten und verschiedene Pausenpläne haben, einander treu ergeben sind und der allgemeinen Ansicht zufolge eine Ehe führen, die die Attraktivität und Glaubwürdigkeit des Konzepts Ehe für alle diejenigen noch einmal steigert, die auf enge und dauerhafte Beziehungen gepolt sind, kommen grundsätzlich zusammen in ihrem rostroten VW -Bully, sitzen eng nebeneinander, trinken grundsätzlich dieselbe Getränkeart und -marke und brechen gemeinhin auf die Sekunde genau dann auf, wenn die Glocke das Ende der Happy Hour verkündet, wobei sie oft die seltsame Fähigkeit zur Schau stellen, sich gleichzeitig umarmen und gehen zu können, ohne unbeholfen zu wirken. Chris Acquistipace und Russell Nugent, Dave Witkiewicz, Joe Biron-Maint, Nancy Johnson, Chahla (»die Irankrise«) Neti-Neti, Howard Shearwater, Frank Brown, Frank Friedwald und Frank De Chellis haben seit ihrer Versetzung keine einzige Happy Hour im Meibeyer’s verpasst. Dale Gastine bringt manchmal ein Date mit. Keith Sabusawa bringt jetzt immer Shane (»Mr X«) Drinion mit, den Prüfer von Versorgerbetrieben, mit dem Sabusawa jetzt in Angler’s Cove wohnt, zusammen mit noch zwei Versetzungen, die anscheinend nie ins Meibeyer’s kommen. Verzeichnis-F-Spezialisten wie Chris Fogle und Herb Dritz erzielen in puncto Anwesenheit eine rund 50-prozentige Trefferquote. Chuck Ten Eyck und »Zweiter Knöchel« Bob McKenzie (die ältesten Hasen am RPZ Peoria) sind von eiserner Zuverlässigkeit und wollen anscheinend immer irgendwie den Vorsitz führen. R. L. Keck und Thomas Bondurant kommen meistens auch. Toni Ware und Beth Rath schauen fast immer vorbei, und Beth Rath bringt, wie gesagt, manchmal die legendär attraktive, aber nicht flächendeckend beliebte Meredith Rand mit. Rath und Rand arbeiten an benachbarten Tingle-Tischen in Sabusawas Gruppe, die mit Versorgerprüfungen/Kapazitätsüberschreitungen betraut ist; die beiden sind Busenfreundinnen. Drinion hat keinen eigenen Wagen und muss immer genauso lange bleiben wie Sabusawa, aber nicht länger. Laut Sabusawa hat der Versorgerprüfer aus La Junta, Kalifornien, damit keine Probleme, und seine Reaktionen auf Sabusawas Einladungen, nach dem Schichtwechsel doch noch ins Meibeyer’s mitzukommen, lauten immer entweder »Meinetwegen« oder »Warum nicht?«. Meredith Rand kommt im Prinzip nur dann mit, wenn ihr Mann länger arbeiten muss oder aus Berufsgründen nicht in der Stadt ist. Wie Drinion hat sie anscheinend keinen eigenen Wagen, vielleicht nicht mal einen Führerschein. Manchmal lässt sie sich von Beth Rath aus dem Meibeyer’s nach Hause fahren, aber in der Regel wird sie von ihrem Mann abgeholt, den sie anscheinend im Voraus noch aus dem Block anruft und dem sie durchgibt, wo sie ist, und den niemand im Meibeyer’s je gesehen hat, weil er immer nur auf den Parkplatz gefahren kommt und hupt, und oft sucht Meredith Rand ihrerseits schon ein paar Minuten vor dem Hupen ihre Sachen zusammen, wie ein Hund (so Nancy Johnsons Vergleich), der die Tonlage von Herrchens nahendem Motor hört und seine Position am Fenster des trauten Heims einnimmt, lange bevor Herrchens Wagen in Sicht kommt. Sie ist die letzten fünf Wochen in Folge ins Meibeyer’s gekommen, was den Schluss zulässt, dass ihr Mann Überstunden macht oder viel unterwegs ist. Laut Sabusawa weiß niemand, was er eigentlich macht.
Es ist augenfällig, wie sich die Energie und die Dynamik am Tisch von Block C ändern, wenn Meredith Rand bei der Happy Hour im Meibeyer’s dabei ist. In vielerlei Hinsicht handelt es sich dabei um ein Phänomen, das in Bars, Kneipen und Grillrestaurants auf der
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