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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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Kontrolle, dass die Angehörigen existierten.«
    »Oder jedenfalls keine effiziente Kontrolle.«
    »Ich meine, na klar, wir sagten uns, der Steuerpflichtige würde sich sagen, dass wir das prüfen könnten, praktisch konnten wir das aber nicht. Nicht im Ernst. Nicht auf endgültige Weise.«
    »Zumal sich die Datenerfassung damals noch in einem so primitiven Zustand befand. Man konnte die Widerspruchsfreiheit der aufgelisteten Angehörigen über mehrere Jahre hinweg prüfen, aber das war zeitraubend und nicht beweiskräftig.«
    »Ein Kind konnte achtzehn geworden sein. Ein älterer Angehöriger konnte gestorben sein. Ein neues Kind konnte auf die Welt gekommen sein. Wer sollte das alles aufspüren? Das war die Personalkosten einfach nicht wert.«
    »Klar, wenn es zur Revision kam und die Angehörigen stellten sich als teilweise fiktiv heraus, dann saß der Steuerpflichtige natürlich bis zum Hals in der Tinte, erfüllte einen Straftatbestand, und es hagelte Nachzahlungen plus Zinsen. Aber das war Zufall. Wegen der Angehörigen per se konnte es keine Revision geben.«
    »Jeder Angehörige erhöhte die Standardabzüge um zweihundert Dollar, wenn ich mich recht entsinne.«
    »Was Sie heute als Pauschalfreibetrag kennen.« Beide Referenten waren Ende zwanzig, taten Fogle gegenüber aber so, als wären sie viel, viel älter als er. »Aber vor ’78 hieß das überall Standardabzüge.«
    »Aber hier geht’s um 1977.«
    Sylvanshine warf Reynolds einen Blick zu, der Ungeduld durch Dauer und nicht durch Intensität zum Ausdruck brachte. Dann sagte er: »Falls sich das negligéable oder belanglos anhört, sollte man sofort betonen, dass es hierbei um 1,2 Milliarden Dollar geht.«
    »Milliarden, nicht Millionen, dank dieser winzigen Änderung.«
    Fogle überlegte, ob von ihm erwartet wurde, nach dieser Änderung zu fragen, ob er in ihrer Choreografie als Stichwortgeber vorgesehen war, ob ihre Nummer so ausgeklügelt war.
    Sylvanshine sagte: »Doktor Lehrl erkannte als Standardabzugsprüfer im Rang eines GS -9, dass der Steuerpflichtige nur unzureichend motiviert war, die korrekte Zahl von Angehörigen anzugeben. Institutionell motiviert. Im Rückblick ist das offensichtlich.«
    »Und darum geht es beim Genie, beim Eklat.«
    »Und seine Lösung war so simpel. Er schlug schlicht und einfach vor, die Angabe der Sozialversicherungsnummern aller Angehörigen zu fordern.«
    »Einfach nur die SVN r. neben jedem Namen.«
    »Da in der Datenbank von Martinsburg damals sowieso alles an die SVN r. gekoppelt war.«
    »Was eine echte Kontrolle übrigens auch nicht sehr erleichterte.«
    »Aber das wusste der Steuerpflichtige ja nicht. Die Auflage steigerte einfach die Angst des Steuerpflichtigen, man würde den Phantomangehörigen auf die Schliche kommen.«
    »Das war die Macht der SVN r.«
    »Anders gesagt, es schuf einen zusätzlichen Anreiz zur wahrheitsgetreuen Angabe von Angehörigen.«
    »Und es war leicht und kostengünstig. Man musste die Anweisungen für 5 c und 5 d nur um ›und Sozialversicherungsnummer‹ ergänzen.«
    »Sein Bezirksdirektor erkannte den Eklat sofort und brachte den Vorschlag in der Regionalzentrale ein, von wo er zur Abt. Compliance in D. C. , also 666 Independence Avenue, weitergeleitet wurde.«
    »Niemand konnte es fassen, dass man da nicht früher draufgekommen war.«
    »1978 war dann das erste Steuerjahr, in dem das gemäß Abschnitt 151 (e) implementiert wurde. ’79 war also das erste Jahr, in dem die Anweisung auf den 1040ern erschien. 6,9 Millionen Angehörige verschwinden.«
    »Von den 1040ern der Nation.«
    »Verschwinden, Simsalabim.«
    »Im Vergleich zu den Steuererklärungen für ’77.«
    »Es gibt keine Sanktionen. Alle gehen einfach davon aus, dass es die fiktiven Angehörigen nie gegeben hat.«
    »Was im ersten Jahr 1,2 Milliarden Dollar einbringt.«
    »Ein Eklat wie aus dem Bilderbuch.«
    »Und politisch einfach brillant. Es gibt mindestens zwei Formen des Eklats.«
    »Dieser gehörte zu beiden.«
    »Die Implementierung kostet nämlich fast nichts, erfordert aber eine schriftliche Änderung in Abschnitt 151 des US -amerikanischen Steuerrechts, und d. h., die leitenden Angestellten des Dreifaltigen Gottes müssen sie durch den Prozess der Mittel und Wege bugsieren, damit sie als Gesetz ratifiziert wird.«
    »D. h., die Idee verbreitet sich auf den allerhöchsten Ebenen von Tripel-Sechs.«
    »Und Doktor Lehrl überspringt von heut’ auf morgen vier Besoldungsstufen, verlässt nach nur zwei

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