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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foster Wallace
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bestimmte andere Angehörige des Service in der Jahreszeit, in der ihnen frühere Fassungen des Buchs zur Durchsicht vorgelegt wurden, garantiert so überarbeitet und zerstreut, dass sie das Manuskript gar nicht richtig gelesen haben, sondern eine Weile abwarteten, um den Eindruck zu erwecken, sorgfältig gelesen und Für und Wider abgewogen zu haben, und dann die Haftungsfreistellung unterschrieben, um wieder eine lästige Pflicht vom Hals zu haben. Ein paar waren wohl auch geschmeichelt bei der Vorstellung, jemand hätte ihnen so viel Aufmerksamkeit gewidmet, dass er sich noch Jahre später an ihre Beiträge erinnern könnte. Eine Handvoll unterzeichnete, weil sie all die Jahre enge Freunde von mir geblieben sind; einer davon ist wahrscheinlich der wertvollste und engste Freund, den ich je hatte. Einige sind tot. Zwei saßen im Gefängnis, wie sich herausstellte, wobei man das bei einem davon nie im Leben gedacht oder sich auch nur hätte träumen lassen.
    Nicht, dass alle Haftungsfreistellungen unterzeichnet hätten; das möchte ich nicht behaupten. Aber die meisten. Einige willigten darüber hinaus ein, sich vor laufendem Mikrofon interviewen zu lassen. Wo es passte, sind Teile ihrer aufgezeichneten und transkribierten Antworten in den Text einmontiert worden. Andere haben dankenswerterweise zusätzliche Freistellungen unterschrieben, die die Verwendung anderer audiovisueller Aufzeichnungen erlauben, die 1984 im Rahmen fehlgeschlagener Motivations- und Rekrutierungsbemühungen der IRS -Abt. Personal angefertigt wurden.
Anmerkung
Insgesamt haben sie Erinnerungen und konkrete Einzelheiten geliefert, die, kombiniert mit Techniken des rekonstruktiven Journalismus
Anmerkung
, Szenen von großer Glaubwürdigkeit und großem Realismus hervorgebracht haben, unabhängig davon, ob der Autor zum jeweiligen Zeitpunkt real zur Stelle war oder nicht.
    Was ich unmissverständlich klarmachen möchte, ist, dass das alles eigentlich trotzdem wahr ist – also das Buch jetzt, dessen Vorwort Sie gerade lesen –, unabhängig davon, dass die Ihnen bevorstehenden §§ auf verschiedene Weisen verzerrt, entindividualisiert, polyfonisiert oder sonst wie aufgepeppt worden sind, um den Vorgaben des Haftungsausschlusses Genüge zu tun. D. h. auch nicht, dass das Aufpeppen einfach nur überflüssiges Tittenkneifen ist; angesichts der besagten juristischen Schrägstrich kommerziellen Einschränkungen wurde es letztlich ein integraler Bestandteil des ganzen Projekts. Das Konzept, auf das sich die Anwälte beider Seiten einigen konnten, läuft darauf hinaus, dass Sie Charakteristika wie wechselnde Erzählperspektiven, strukturelle Fragmentierungen, absichtliche Inkongruenzen usw. schlicht und einfach als moderne literarische Analoga zu »Es war einmal ...« oder »In weiter Ferne lebte einst ...« oder anderen traditionellen Verfahren akzeptieren, die dem Leser signalisierten, dass er es mit einer Fiktion zu tun hatte, die als solche verstanden werden wollte. Denn wie jedermann bewusst oder unbewusst weiß, besteht zwischen dem Autor eines Buchs und seinem Leser immer eine Art unausgesprochener Vertrag, und die Klauseln dieses Vertrags hängen von bestimmten Codes und Gesten ab, die der Autor zum Einsatz bringt, um dem Leser zu signalisieren, mit was für einem Buch er es zu tun hat, ob es also erfunden oder wahr ist. Und diese Codes sind wichtig, denn der stillschweigend vorausgesetzte Vertrag für Sachbücher unterscheidet sich substanziell von dem für Belletristik.
Anmerkung
Ich möchte im Schutz des Haftungsausschlusses im Impressum versuchen, mich über die unausgesprochenen Codes hinwegzusetzen und in Bezug auf die Klauseln des hier geltenden Vertrags hundertprozentig offen und ehrlich zu sein. Der bleiche König ist im Grunde eine nicht fiktionale Autobiografie mit Einsprengseln aus rekonstruktivem Journalismus, Organisationspsychologie, elementarer Staatsbürgerkunde, Steuertheorie usw. Der zwischen uns geltende Vertrag beruht (a) auf der Annahme meiner Aufrichtigkeit und (b) auf Ihrem Wissen, dass Charakteristika oder Semionen, die diese Aufrichtigkeit zu untergraben scheinen, in Wahrheit juristischen Kautelen geschuldet sind, nicht unähnlich den Textbausteinen bei Gewinnspielen und zivilrechtlichen Verträgen, und die daher auch nicht so sehr decodiert oder »gelesen« werden wollen, als dass man sich ihnen stillschweigend fügt, damit wir, ums mal so zu sagen, im heutigen Wirtschaftsklima miteinander ins Geschäft kommen

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