Der blinde Passagier
verbinden.
„Guten Tag, Senhor Sola“, grüßte Mister Goldwater.
„Ich wollte gerade zum Reisebüro“, sagte der Brasilianer.
„Und ich möchte Sie und Ihre Herren zu einer Luau einladen. So hießen früher die hawaiischen Königsfeste. Heute versteht man darunter ein Abendessen etwas außerhalb im Freien mit Musik und unter Palmen. Die beiden Flugkapitäne werden auch dabeisein.“ Mister Goldwater hörte sich eine Weile an, was Rodrigo am anderen Ende der Leitung zu sagen hatte, und er lächelte dabei. „Aber das trifft sich doch fabelhaft“, meinte der Amerikaner schließlich, „Sie nehmen gleich Ihr Gepäck mit, und mein Wagen bringt Sie von der Luau direkt zum Flugplatz. Stimmungsvoller können Sie von Honolulu gar nicht Abschied nehmen. Keine Ursache. Ich freue mich. Sagen wir acht Uhr.“
In diesem Augenblick klopfte es an die Tür, und ein junger Mann in einer Chauffeuruniform kam ins Zimmer. Er hatte seine Schirmmütze unter dem Arm wie ein englischer Gardesoldat.
„Das ist Jack“, stellte Mister Goldwater vor.
Der Chauffeur Jack nickte. Er hatte sehr flinke und lustige Augen. Seine Nase war ein wenig plattgedrückt, als ob er früher geboxt hätte.
„Wir brauchen dich, Jack“, sagte Mister Goldwater und wanderte wieder mit den Händen auf dem Rücken zu einem kleinen Schreibtisch. „Ich will natürlich nicht, daß du in Tokio vielleicht wieder in die gleiche Situation kommst.“ Er holte eine Visitenkarte aus seiner Brieftasche und schrieb etwas auf ihre Rückseite. „Es gibt dort einen sehr guten Freund von mir. Wir sind zusammen zur Schule gegangen. Sein Name ist Bob Chandler. Er lebt schon über dreißig Jahre in Tokio. Für ihn gibt es nur seine asiatischen Forschungen und Golfspielen.“ Mister Goldwater stand auf und kam zu Peter Schimmelpfennig herüber. „Hier hast du seine Adresse, und meine Visitenkarte zeigt ihm, daß du von mir kommst. Aber ich telefoniere auch noch mit ihm. Er muß in Japan ein hohes Tier sein und ist schon ein paarmal vom Kaiser empfangen worden. Es kann dir in Tokio also nichts passieren.“
„Im äußersten Notfall gibt es auch noch die deutsche Botschaft“, sagte Manuelas Mutter.
„Und daß du von diesem Herrn Tavares in Rio nicht übers Ohr gehauen wirst, dafür sorge ich.“ Mister Goldwater rieb sich vergnügt die Hände. „Die Einladung zum heutigen Abendessen hat zum Beispiel schon etwas damit zu tun. Aber davon weißt du besser gar nichts. Du gehst jetzt an den Strand und legst dich in die Sonne. Alles andere ist unsere Sache.“ Mister Goldwater ging zur Tür. „Dieser Herr Sola und der Fotograf dürfen keinesfalls merken, daß wir unter einer Decke stecken.“ Er öffnete die Tür ganz vorsichtig und blickte den Korridor hinunter. „Die Luft ist rein“, flüsterte er und ließ Peter Schimmelpfennig verschwinden.
Anschließend setzte sich Goldwater in einen Sessel und schlug die Beine übereinander. „Alles läuft ausgezeichnet“, sagte er vergnügt “ , wir haben ein sehr spannendes Abendessen vor uns.“
„Dann sollten Sie uns jetzt verraten, was passieren wird und was wir dabei zu tun haben“, schlug die weißhaarige Mutter von Manuela vor. Sie saß sehr hoheitsvoll auf ihrem dunkelblauen Sofa.
Peter Schimmelpfennig lag inzwischen am Strand und schwamm anschließend im Pazifik herum. Er legte sich auf den Rücken, ließ sich von den Wellen treiben und blinzelte in die Sonne. Immer, wenn er wieder einmal mit sich allein war, erschien ihm das Ganze wie ein Traum. Daß er zum Beispiel jetzt im Pazifischen Ozean lag und nicht in der Badewanne, Steinfeldstraße 84, vierter Stock links, das konnte eigentlich gar nicht wahr sein. Und heute nacht flog er nach Tokio.
Peter Schimmelpfennig schrieb noch seine Ansichtskarten und die zwei Briefe an seine Mutter und Dr. Liesegang. Rodrigo gab alles zur Post, da er ohnehin zum Bezahlen der Rechnung zur Rezeption in die Halle mußte.
Eine knappe halbe Stunde später rollte Mister Goldwaters schwarze Limousine vor den Hoteleingang. Peter Schimmelpfennig und Rodrigo Sola warteten schon.
„Die Herrschaften sind schon vorausgefahren“, erklärte der Chauffeur Jack, „damit Sie mit Ihrem ganzen Gepäck im Wagen genügend Platz haben.“ Der junge Mann mit seiner Boxernase tat so, als habe er Peter Schimmelpfennig noch nie in seinem Leben gesehen.
Endlich kam auch der dicke Alain. „Ich habe mir noch ein paar von diesen Hawaii-Hemden gekauft“, entschuldigte er sich, während Jack seine
Weitere Kostenlose Bücher