Der blinde Passagier
Koffer in den Gepäckraum packte.
Das Luau fand unter Palmen und riesigen Banyanbäumen statt. Überall brannten die kleinen Feuer der Tiki-Torches. Es war immer noch warm, und dunkelhäutige Burschen machten leise Hawaii-Musik. Die Touristen aus Amerika, Japan und Europa hatten bunte Kränze aus Blüten umgehängt, und Hula-Mädchen verkauften Zigaretten oder Postkarten und hatten schneeweiße Orchideen im Haar.
„Here we are“, rief Goldwater und streckte seine Arme in die Luft wie zwei Fahnenstangen.
„Oh, Sie sind auch hier“, sagte Rodrigo ein wenig überrascht, als er das Mädchen mit dem Pferdeschwanz neben dem Amerikaner sah. Dann verbeugte er sich höflich, weil er Manuelas Mutter vorgestellt wurde. Auch Peter Schimmelpfennig wurde vorgestellt, und die weißhaarige Dame sagte: „Manuela hat mir schon erzählt, daß sie dich getroffen hat.“ Sie lächelte und gab dem Jungen aus Hamburg die Hand.
„Die Welt ist klein“, sagte Mister Goldwater ein wenig zu laut.
„Das gleiche habe ich heute auch schon gesagt“, flötete das Mädchen mit dem Pferdeschwanz und blinzelte vergnügt zu Rodrigo hinüber.
„Wenn Sie erlauben, Mister Goldwater“, meinte jetzt Captain Nelson, der zwischen seinem Kopiloten und dem dünnen Picadilly saß, „ich habe Hunger wie ein Albatros!“
„Dem kann abgeholfen werden“, lachte der Amerikaner und klatschte in die Hände. Aber da kamen zuerst zwei Hula-Mädchen und hängten jedem, der am Tisch saß, einen Blütenkranz um den Hals.
„Wenn das alles ist, was man hier zum Essen bekommt“, sagte Jack mit der Boxernase, „hätte ich gerne noch Salz und Pfeffer dazu.“
Aber da kamen bereits ein paar dunkelhäutige Kellner. Sie hatten lange bunte Tücher umgebunden und auch Blumen im Haar. Sie brachten Wein und servierten die Vorspeisen.
„Da sind alle nur denkbaren Fische kreuz und quer durcheinander“, erklärte Goldwater. „Das Ganze heißt ,Mahi -mahi’, und was wie Sauerkraut aussieht, ist Seetang.“
Fünf junge Hawaiianer sprangen jetzt von dem Podium, auf dem die Musikkapelle saß. Sie hatten große Schwerter in den Händen und grauenvolle Masken vor den Gesichtern. Sie zeigten einen Kriegstanz. Die Trommeln, die mit Haifischhaut bespannt waren, wurden immer schneller.
„Bist du ganz sicher, daß sie keine Ahnung hat“, fragte Rodrigo leise und schielte zu Manuela hinüber. „Unser Auftritt in Tokio wäre glatt geschmissen, wenn sie etwas wüßte und vor morgen abend den Mund aufmacht.“
„Sie ahnt bestimmt nichts“, schwindelte Peter Schimmelpfennig und stocherte in dem Seetang herum. Es schmeckte wie Holzwolle, die zwei Tage im Wasser gelegen hat.
Die Tänzer schlugen ihre Schwerter zusammen, daß es nur so krachte. Dabei stießen sie wilde Schreie aus. Ihre braunen Körper glänzten vor Schweiß im Licht der flackernden Tiki-Torches.
Inzwischen gab es Brei aus Larowwurzeln. Man mußte ihn mit den Fingern essen und aus kleinen Porzellantellern, die man dicht unter das Kinn hielt. Anschließend wurde Huhn serviert und Spanferkel, die, in Blätter eingewickelt, zwischen glühenden Steinen gekocht worden waren. Dazu gab es gebratene Bananen und Jamswurzeln.
„Es wird nun doch ein wenig kühl“, sagte die Mutter Manuelas gelegentlich. Daß sie das sagte, war mit Mister Goldwater verabredet. Aber das wußte von den anderen natürlich niemand.
„Soll ich dir deine Pelzjacke aus dem Hotel holen?“ fragte das Mädchen mit dem Pferdeschwanz. Und auch diese Frage gehörte zu Mister Goldwaters Plan.
„Das wäre sehr lieb von dir“, lächelte die Dame mit den weißen Haaren, „vielleicht ist Jack so freundlich und...“
„Das ist nur eine Frage von zehn Minuten“, sagte der junge Mann mit der Boxernase und verschwand zusammen mit Manuela in Richtung Parkplatz. Selbstverständlich war auch das mit Mister Goldwater verabredet.
Die Schwerttänzer waren inzwischen von Hula-Mädchen abgelöst worden. Sie warfen Blumen ins Publikum und sangen dabei.
Der Brasilianer Sola sah auf seine Armbanduhr und fragte schließlich: „Wie lange fährt man eigentlich zum Flugplatz?“
„Keine zwanzig Minuten“, meinte Captain Nelson.
„Rechnen wir zur Sicherheit eine halbe Stunde“, sagte Mister Goldwater und nahm sein Weinglas vom Tisch. „Eine gute Reise, meine Herren.“
Als das Mädchen und Jack wieder zurückkamen, wurde gerade Kokospudding mit Ananas serviert.
„Wir kommen genau richtig“, rief Manuela und legte ihrer Mutter eine leichte
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