Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus
Richtungen.
Erst wenn wir im nachhinein das Makromigrationsmuster in großem Maßstab betrachten, können wir einen Trend in Richtung auf das Gelobte Land erkennen.
Die Redegewandtheit der intervallistischen Bibelhistoriker macht sie zu einer Sensation in den Medien. Ihre Porträts schmücken die Titelseiten von Massenillustrierten. Keine Dokumentarsendung im Fernsehen über die biblische Geschichte mehr ohne ein Interview mit wenigstens einem führenden Intervallisten. Wer nichts anderes über die Bibelforschung weiß, erinnert sich nur an die eine Tatsache: daß in den dunklen Zeiten, bevor die Intervallisten auf der Bildfläche erschienen, jedermann alles ganz falsch verstanden hatte. Man beachte, daß der Bekanntheitsgrad der Intervallisten nichts damit zu tun hat, ob sie möglicherweise recht haben, sondern nur mit der Behauptung, daß frühere Autoritäten »Kontinuisten« waren und unrecht hatten. Man hört den Intervallisten zu, weil sie sich als Revolutionäre verkaufen, nicht, weil sie recht haben.
Meine Geschichte über die intervallistischen Bibelhistoriker ist natürlich nicht wirklich wahr. Es ist eine Parabel über eine ähnliche angebliche Kontroverse zwischen Erforschern der biologischen Evolution. In mancher Hinsicht ist es eine unfaire Parabel, aber sie ist nicht völlig ungerecht und wahr genug, damit ich sie an den Anfang dieses Kapitels stellen darf. Es gibt unter den Evolutionsbiologen eine stark propagierte Denkschule, deren Verfechter sich als Intervallisten bezeichnen, und sie erfanden den Ausdruck »Kontinuist« für ihre einflußreichsten Vorgänger. Sie erfreuen sich enormer Beliebtheit bei einem Publikum, das fast nichts über Evolution weiß: und zwar weitgehend deshalb, weil ihre These (mehr von Reportern aus zweiter Hand als von ihnen selbst) radikal verschieden genannt wurde von den Ansichten vorhergehender Evolutionsbiologen, besonders von den Ansichten Charles Darwins. Soweit ist meine biblische Analogie gerecht.
Ungerecht ist sie insofern, daß in der Geschichte der biblischen Historiker »die Kontinuisten« offensichtlich nichtexistierende, von den Intervallisten erfundene Strohmänner waren. Im Fall der evolutionären »Kontinuisten« ist die Tatsache, daß sie nichtexistente Strohmänner sind, nicht ganz so offensichtlich. Das muß bewiesen werden. Es ist möglich, die Worte Darwins und vieler anderer Evolutionstheoretiker als kontinuistisch gemeint zu interpretieren, aber dann ist es wichtig, sich darüber klar zu sein, daß das Wort »kontinuistisch« in verschiedener Weise interpretiert wird und dann unterschiedliche Dinge meint. In der Tat werde ich eine Interpretation des Wortes »kontinuistisch« geben, nach der praktisch jeder ein Kontinuist ist. In der Evolutionstheorie steckt, anders als in der Parabel der Kinder Israels, eine echte Kontroverse, aber sie geht um kleine Einzelheiten, die längst nicht wichtig genug sind, um all den Wind in den Medien zu rechtfertigen.
Die »Intervallisten« unter den Evolutionisten kamen ursprünglich aus den Reihen der Paläontologen. Paläontologie ist das Studium von Fossilien. Sie ist ein sehr wichtiger Zweig der Biologie, weil alle evolutionären Vorfahren vor langer Zeit starben und die Fossilien uns das einzige unmittelbare Beweismaterial über Tiere und Pflanzen der entfernten Vergangenheit liefern. Wenn wir wissen wollen, wie unsere evolutionären Vorfahren aussahen, so sind die Fossilien unsere größte Hoffnung. Sobald man erkannte, was die Fossilien wirklich sind - frühere Denkschulen hatten sie als Schöpfungen des Teufels bezeichnet oder behauptet, es handle sich um die Knochen armer Sünder, die in der Sintflut ertranken -, wurde klar, daß jede Evolutionstheorie bestimmte Erwartungen an das fossile Belegmaterial haben muß. Allerdings hat es einige Diskussionen darum gegeben, welche Erwartungen es denn sind, und zum Teil geht es bei der Kontroverse des Intervallismus eben darum.
Wir haben Glück, daß wir überhaupt Fossilien haben. Es ist ein bemerkenswert glücklicher Umstand der Geologie, daß Knochen, Schalen und andere harte Teile von Tieren vor ihrem Zerfall gelegentlich einen Abdruck hinterlassen, der später als Gußform dient und den sich erhärtenden Fels zu einem bleibenden Bild des Tieres formt. Wir wissen nicht, wie groß der Anteil der Tiere ist, die nach ihrem Tod versteinert werden - ich persönlich würde es als Ehre empfinden, versteinert zu werden -, aber er ist sicher außerordentlich klein. So
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