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Der Blinde von Sevilla

Der Blinde von Sevilla

Titel: Der Blinde von Sevilla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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Brust verschränkt, an die Tür gedrückt auf dem Beifahrersitz. Ihr spitzes Fuchsgesicht lud nicht zum Smalltalk ein. Sie war in ihrer eigenen Welt gefangen, verschlossen und allein, in der man niemandem trauen konnte.
    »Wissen Sie, womit Ihre Schwester sich ihren Lebensunterhalt verdient hat?«, fragte Falcón.
    »Ja.«
    »Hat sie darüber gesprochen?«, fragte er, und Gloria verstand ihn falsch.
    »Wir haben die gleiche Arbeit gemacht … eine Zeit lang«, sagte sie. »Bis ich schwanger geworden bin.«
    »Ich meine, in letzter Zeit«, sagte Falcón. »Hat sie mit Ihnen darüber gesprochen, was in ihrem Leben passierte?«
    Schweigen. Falcón blickte zur Seite, bemerkte ihre Unsicherheit und setzte neu an.
    »Der Täter, der Eloisa ermordet hat, hat auch einen ihrer Freier ermordet. Es ist möglich, dass er weiter töten wird. Wir wissen, dass Eloisa ihn kannte. Er hat sich als Schriftsteller ausgegeben. Sie sind Freunde geworden, vielleicht sogar mehr als das. Ich glaube, Eloisa hat angefangen, in ihm einen Ausweg aus ihrem Leben zu sehen …«
    »Das war er auch«, sagte sie tonlos, was Falcón kurz verstummen ließ.
    »Sein Name war …«
    »Sergio«, beendete sie seinen Satz.
    »Hat sie über Sergio gesprochen?«
    »Ich hab ihr gesagt, sie soll Sergio vergessen. Ich hab ihr gesagt, dass er eine Fantasie wäre und dass sie sich vor ihm in Acht nehmen sollte.«
    »Warum?«
    »Weil er ihr Hoffnung gemacht hat, und dann fängt man an, die Dinge anders zu sehen. Man fängt an, an eine Chance zu glauben. Man übersieht Sachen. Man macht Fehler.«
    »Sie hatten Recht.«
    »Das passiert, wenn man jemandem vertraut …«, sagte sie und hob ihr Haar an, um die abgestorbene Haut einer schweren Verbrennung in ihrem Nacken zu präsentieren. »Die Narbe läuft den ganzen Rücken hinunter.«
    »Und Sie haben den Ausstieg geschafft?«
    »Ich hatte die Wahl: der Job oder Armut. Ich habe mich für die Armut und gegen den Schmerz und den Tod entschieden.«
    »Aber das hat Eloisa nicht überzeugt?«
    »Ihr war nie etwas passiert«, sagte Gloria. »Sicher, irgendwer hat sie mal mit dem Messer bedroht. Einmal hat ihr jemand eine Knarre an den Kopf gehalten. Sie ist geschlagen worden, aber sie hatte keine Narben. Sobald sie anfing, von diesem Sergio zu reden, wusste ich, dass er sie gezielt ausgesucht hatte.«
    Sie ließ ihre Arme schlaff herabhängen, als hätte das Leben sie vernichtend geschlagen und könnte zur Summe ihrer Erfahrungen nur noch die Schuld der Überlebenden fügen.
    »Was hat sie Ihnen von Sergio erzählt?«, fragte Falcón, bevor sie spurlos versank.
    »Sie sagte, er wäre guapo. Sie sind immer guapo. Sie hat gesagt, er wäre wie wir.«
    »Wie Sie?«, fragte Falcón.
    »Eloisa und ich haben uns immer las forasteras genannt«, erklärte sie. »Die Außenseiterinnen. Unsere Freier haben wir los otros genannt. Die anderen … aber sie sagte, dass er nicht anders wäre.«
    »Und wie kam sie darauf?«
    »Alles, was sie von ihm erzählt hat, ließ mich denken, dass er einer von los otros war. Er war gebildet, gut angezogen, hatte ein Auto und eine Wohnung.«
    »Sie hat nicht gesagt, was für eine Marke und was für eine Wohnung?«
    »Er war nicht dumm«, sagte sie. » Los otros waren immer dumm. In dieser Hinsicht war er anders.«
    »Und was hat Sergio zum forastero gemacht?«
    »Sie meinte, er wäre vielleicht Ausländer oder hätte fremdes Blut in den Adern. Er sah spanisch aus, hat sich spanisch gekleidet und Spanisch gesprochen, aber er war anders.«
    »Ein Nordafrikaner?«
    »Das hat sie nicht gesagt, und Eloisa mochte diese Leute nicht. Sie ist nie mit ihnen gegangen. Wenn er so aussehen würde, hätte sie sich nicht zu ihm hingezogen gefühlt. Sie hat vermutet, dass er vielleicht lange weg war oder zweisprachig aufgewachsen ist.«
    Sie kamen am Instituto an, das still und verlassen dalag. Durch eine Scheibe betrachteten sie die Leiche, deren Augenhöhlen irgendwie ausgefüllt worden waren. Gloria Gómez legte ihre Hände auf das Glas, presste ihre Stirn gegen die Scheibe und stöhnte vor Trauer.
    »Hatte Eloisa irgendeinen Grund, zum San-Fernando-Friedhof zu gehen?«
    Gloria wandte ihrer toten Schwester den Rücken zu.
    »Sie ist dorthin gegangen, wann immer sie konnte«, sagte sie. »Dort liegt ihre Tochter begraben.«
    »Ihre Tochter?«
    »Als sie 15 war, hat sie ein kleines Mädchen zur Welt gebracht. Es ist mit drei Monaten gestorben.«
    Sie fuhren schweigend zurück zur Jefatura. Im Wagen unternahm Falcón

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