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Der Blinde von Sevilla

Der Blinde von Sevilla

Titel: Der Blinde von Sevilla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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wieder in den Mund stopfte, und biss zu. Sergio antwortete mit drei Schlägen in Salgados Gesicht. Dann trat er zurück und hielt sich den verletzten Daumen oder Zeigefinger. Wohin konnte er gegangen sein? Die Küche lag am nächsten. Er würde zum Waschbecken gehen, wo er sich den Gummihandschuh abstreifte und die Wunde wusch. Sie blutete weiter, ohne dass Sergio die Wunde mit irgendetwas abdecken konnte, weil es weit und breit kein Pflaster gab.
    Die Küchenrolle. Wahrscheinlich hatte er sich ein Stück Küchenrolle abgerissen und die Wunde damit zugedeckt, bevor er nach oben ins Badezimmer gegangen war. Mittlerweile war er vermutlich nervös, nicht mehr ganz so kaltblütig wie zuvor, vielleicht sogar wütend. Jedenfalls wollte er die Sache hinter sich bringen und so schnell wie möglich verschwinden. Er war also zurück zu Salgado gegangen, hatte die schreckliche Apparatur installiert, seinen Anruf gemacht und zugesehen, wie der Mann gestorben war, bevor er schleunigst das Weite gesucht hatte.
    Warum hatte er dann heute Morgen angerufen? Machte er sich Sorgen? Wann hatte er noch einmal den Anruf beendet? Als Falcón ihn nach seinem Daumen gefragt hatte. Hatte ihm das etwas verraten? Offenbar schon. Nämlich dass Falcón nicht wusste, welcher Finger es gewesen war – und falsch geraten hatte.
    Bilder kollidierten in seinem Kopf. Filmrollen der Erinnerung spulten ihre Geheimnisse ab. Seine Mutter kam ins Bad, um ihn in der Wanne zu waschen. Sie war fertig angezogen für eine Party. Sie nahm ihre Ringe ab und legte sie in eine Muschel auf dem Wannenrand.
    Falcón ging zum Waschbecken in der Küche. Jetzt begriff er. Deswegen hatte Salgado trotz der drei Schläge ins Gesicht nicht losgelassen. Der Ring hatte ihm Halt gegeben. Er musste ihn mit den Zähnen über den Fingerknöchel gezerrt haben, und als Sergio den zerrissenen Handschuh abgestreift hatte, war er ins Waschbecken gefallen. Oder nicht? Es war ein Stahlbecken. Er hätte das Geräusch eines ins Waschbecken fallenden Ringes bestimmt gehört – es sei denn, der Ring wäre direkt in den Abfluss gefallen … Er steckte seine Finger in das Loch, das von einer Gummidichtung eingefasst war. Der Ring konnte geräuschlos direkt in die Abwasserleitung gefallen sein. Er zückte seine Stifttaschenlampe und leuchtete in die Öffnung, konnte jedoch nichts entdecken. Dann rief er erneut Felipe an und fragte ihn nach dem Waschbecken, worauf der Kriminaltechniker zugeben musste, es nur äußerlich untersucht zu haben.
    In einem Schrank unter der Treppe stand ein unbenutzter Werkzeugkasten. Falcón brauchte 40 Minuten, um den Siphon zu demontieren, den er komplett mit in die Jefatura brachte. Felipe und Jorge waren noch bei der Arbeit. Sie nahmen das Rohr auseinander und kratzten die Essensreste auf eine Glasplatte, wo Jorge den Klumpen vorsichtig auseinander zog, bis sie schließlich auf einen stark verbogenen Silberring stießen.
    »Er muss versucht haben, ihn herauszuziehen«, sagte Felipe. »Und als ihm das nicht gelungen ist, hat er versucht, ihn durch das Rohr zu drücken, was zu der Verstopfung geführt hat. Als er sah, dass er den ganzen Abfluss hätte abschrauben müssen, hat er den Ring zurückgelassen.«
    »Können Sie ihn in seine ursprüngliche Form bringen, damit wir eine Vorstellung davon bekommen, wie er aussieht?«
    Felipe machte sich an die Arbeit und forderte Jorge wenig später auf, sich noch einmal den Essensresten zu widmen, weil er eine Fassung entdeckt hatte, in der ein Stein fehlte.
    »Seltsam ist nur«, sinnierte Felipe, »dass ich mir sicher bin, dass es ursprünglich der Ring einer Frau war. Schauen Sie …« Er hatte den Ring unter ein Mikroskop geklemmt und winkte Falcón nun heran. »Er ist mit Silber von einer anderen Legierung weiter gemacht worden. Man kann die Stelle erkennen, wo er aufgesägt wurde, um das neue Metall einzufügen. Gute Arbeit. Man merkt es nur an dem Farbunterschied.«
    »Was wissen Sie über Silber?«
    Felipe schüttelte den Kopf. Jorge verkündete, dass er den Stein gefunden hatte, einen kleinen Saphir. Sie steckten den Ring in ein Stück Knetmasse und legten den Stein in die Fassung.
    »Das ist ohne Zweifel der Ring einer Frau«, erklärte Felipe.
    »Warum trägt ein Mann einen Frauenring?«
    »Vielleicht ein Geliebter«, meinte Felipe.
    »Würden Sie einen Ring tragen, den eine Frau Ihnen als Pfand gegeben hat? Würden Sie sich die Mühe machen, ihn extra weiter machen zu lassen?«
    »Vielleicht nicht. Man würde ihn

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