Der Blitz der Liebe
sie ein guter und tapferer Mann in seinem Herzen trug.
Erst an diesem Vormittag, als sie die Kapelle reinigten, hatte sie gedacht, daß nur ein Mann, der an Gott glaubte und gut war, so bereitwillig diesen heiligen Ort von Staub und Schmutz befreien konnte.
»Ich hasse diese Frau!« sagte Lalita vor sich hin, als sie daran dachte, wie glücklich sie gewesen waren, bevor Lady Irene auftauchte.
Der Himmel hatte sich bezogen.
Es sieht nach Regen aus, dachte Lalita. Ich hoffe, die Lady wird auf der Heimfahrt nach London gehörig naß!
Es war ein kindischer Wunsch, und Lalita war sich dessen durchaus bewußt. Was ihr wirklich Kummer bereitete, war Lord Heywoods gereizte Stimmung. Wie sollte sie es bloß anstellen, ihn wieder glücklich zu machen? »Bitte, lieber Gott, hilf mir«, betete sie.
S ECHSTES K APITEL
Lord Heywood, der auf seinem Bett lag, dachte nicht an die Hitze, auch wenn sie unerträglich war. Er hatte die Vorhänge zurückgezogen und die Fenster weit geöffnet.
Seine Gedanken waren mit Lalita beschäftigt, und er mußte sich eingestehen, daß er sich schämte. Er erkannte jetzt, daß er seine Wut an ihr ausgelassen hatte.
Er war sich sicher, daß Lady Irene, sobald sie wieder in London war, die Geschichte, daß er mit einer Unbekannten verheiratet war, weiterverbreiten würde. Sie war nicht der Typ von Frau, die eine Kränkung schweigend hinnimmt.
Sie würde im Gegenteil alle Hebel in Bewegung setzen, um bei ihren sämtlichen Bekannten Anteilnahme für sich zu erwecken, und ihn als herzlos verdammen. Da eine ganze Reihe ihrer Bewunderer nur zu froh sein würden, daß er aus dem Rennen war, würden sie ihr nicht nur zustimmen, sondern ihr Bestes tun, ihn in den Clubs herunterzumachen.
Die Frauen würden klatschen, und ihre Neugier würde sich natürlich auf die Frau richten, die Lady Irenes Platz eingenommen hatte.
Was soll ich bloß machen? fragte sich Lord Heywood. Er fand keine Lösung und war deswegen zu Lalita, als sie sich zum Abendessen trafen, kalt und abweisend gewesen.
Er merkte, daß sie ihn flehend anblickte und ihn bitten wollte, ihr zu verzeihen, wenn sie etwas falsch gemacht hatte. Aber im Speisezimmer, wo Carter mit den Gerichten, die er zubereitet hatte, ein und aus ging, war es nicht möglich, etwas Persönliches zu besprechen, und nach dem Essen ging er, statt wie gewöhnlich ins Schreibzimmer, zum Stall.
Zwar waren da nur die zwei Pferde, nach denen er sehen konnte, und zu seiner Überraschung standen sie nicht auf der Koppel, wie er erwartet hatte, sondern in den Boxen. Conqueror hatte Grund, sich auszuruhen, aber warum Waterloo?
Er tätschelte dem letzteren den Hals, als Carter zu ihm trat.
»Ich habe mich gefragt, warum du die Pferde hereingeholt hast«, meinte Lord Heywood.
»Ich glaube, wir kriegen ein Gewitter, Mylord.«
»Das würde mich nicht wundern«, erwiderte Lord Heywood, denn es war zum Ersticken heiß.
»Es hat den ganzen Nachmittag in der Ferne gedonnert«, fuhr Carter fort. »Ich habe den Verdacht, daß das Gewitter nicht mehr weit weg ist. Wenn es zu uns kommt, regt sich Waterloo auf. Er wird denken, er ist wieder auf dem Schlachtfeld; er ist ja ein bißchen schußscheu, seitdem der Sechspfünder direkt neben Ihnen losgegangen ist.«
Lord Heywood erinnerte sich sehr gut daran, und es war ihm nur dank seiner Übung gelungen, nicht von Waterloos Rücken geschleudert zu werden. »Du hast ganz recht gehabt, daß du die Pferde hereingebracht hast«, sagte er anerkennend. »Wir wollen nicht, daß unseren einzigen Fortbewegungsmitteln etwas zustößt.« Dabei dachte er daran, daß Pferde, wenn sie erschrecken, zum Beispiel versuchen können, über eine Hecke zu springen, die zu hoch für sie ist.
Als er zum Haus zurückging, schien alles ruhig zu sein, und er sagte sich, daß Carter vielleicht unnötig ängstlich war.
Jetzt, da er mit freiem Oberkörper im Bett lag, dachte er, daß das Gewitter die Luft reinigte, wenn es Regen mit sich brachte.
Im selben Augenblick, in dem er das dachte, gab es einen Blitz, der das ganze Zimmer erhellte, und gleich darauf einen ohrenbetäubenden Knall.
Es war so überraschend gekommen, daß Lord Heywood zusammenfuhr. Dann lag er da und blickte durch das offene Fenster hinaus, während er auf den nächsten Blitz wartete. Er ließ nicht lange auf sich warten, und dann folgte ein noch lauteres Krachen.
Einen Augenblick später hörte er, wie sich die Tür seines Zimmers öffnete, und als er sich umwandte, sah er im Dunkeln
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