Der Blitz der Liebe
undeutlich eine Gestalt in Weiß dastehen. »Lalita!« rief er.
Da erhellte ein Blitz ihr erschrecktes Gesicht, und das Krachen, das folgte, war geradezu ohrenzerreißend.
Das nächste, was Lord Heywood wahrnahm, war, daß sich Lalita an ihn klammerte und ihr Gesicht an seiner Schulter barg. Verwundert legte er die Arme um sie, so daß sie neben ihm auf dem Bett lag. Er spürte durch ihr Nachthemd hindurch, wie sie zitterte, aber auch die Wärme ihres Körpers. »Es ist ja gut«, sagte er beruhigend.
»Ich... ich habe Angst, daß es... im Haus einschlägt«, hörte er sie stammelnd sagen. Während sie sprach, tauchte ein Blitz das Zimmer von neuem in grelles Licht, und der Donner erschütterte fast gleichzeitig das Schloß.
Unwillkürlich drückte Lord Heywood Lalita fester an sich, und dabei wurde ihm auf einmal klar, daß er sie liebte.
»Kann es uns etwas anhaben?« fragte Lalita mit zitternder Stimme; ihr ganzer Körper schien vor Furcht zu beben.
Lord Heywood wandte sich ihr zu und küßte sie auf den Mund.
Einen Augenblick konnte es Lalita nicht fassen, aber mit einemmal war ihre Angst vor dem Gewitter verflogen, und Lord Heywoods Lippen und starke Arme ließen sie alles außer ihm vergessen.
Der Kummer, den sie verspürt hatte, weil sie meinte, er sei wütend auf sie, wurde von einer unaussprechlichen Freude hinweggefegt, die sich zu einem Taumel steigerte, den sie nur in ihren Träumen für möglich gehalten hatte.
Lord Heywoods Lippen waren zuerst leidenschaftlich und besitzergreifend, dann wurden seine Küsse immer zärtlicher, je mehr sich ihre Gefühle ihm mitteilten. Nach ein paar Minuten hob er den Kopf und sagte mit einer Stimme, die sie fast nicht wiedererkannte: »O Gott, wie kannst du mir das antun?«
Dann küßte er sie wieder. Er küßte sie, als fordere er ihre Hingabe, umwarb sie aber gleichzeitig so zärtlich, daß sie ihm von sich aus alles geben wollte, was er begehrte.
Ich bin sein, dachte sie. Es war, als ob jeder Nerv ihres Körpers ihm entgegenfieberte.
Er hörte nicht auf, sie zu küssen, und keines von ihnen merkte, daß sich der Donner allmählich in der Ferne verlor.
Jetzt strömte der Regen heftig herab und brachte eine Frische mit sich, die das Atmen leichter machte und die drückende Hitze verscheuchte.
Lord Heywood sagte mit heiserer, merkwürdig unsicherer Stimme: »Mein Liebling, das hätte uns nicht passieren dürfen.«
»Wie kann es unrecht sein?« fragte Lalita. »Es ist wundervoll, und ich liebe dich!«
»Gott weiß, wie auch ich dich liebe!« antwortete Lord Heywood. »Aber ich kann dir nichts bieten.«
»Du hast alles«, erwiderte Lalita, »alles, was ich mir je gewünscht oder vorgestellt habe. Ich wußte nicht, daß Liebe so wundervoll sein kann.«
»Ich auch nicht«, sagte Lord Heywood. »Ich habe aber auch noch nie eine Frau so geliebt, wie ich dich liebe.«
»Ist das wahr?«
»Ich würde dich gerne davon überzeugen, daß es wahr ist«, sagte er. »Aber wir müssen vernünftig sein, mein Schatz.«
»Warum?« fragte Lalita. »Du bist mein ganzes Leben und alles, was ich mir je wünschen kann.«
»Ach, meine Liebe, wie kann ich mir dessen sicher sein?« fragte er. Er ließ den Kopf auf das Kissen sinken; dann beugte er sich über sie und küßte sie, zuerst ihre Lippen, dann ihre Augen, dann ihren weichen Hals.
Als ihr Atem zwischen den geöffneten Lippen stoßweise ging und sich ihre Finger um seine Schultern spannten, erkannte er, daß er in ihr Gefühle geweckt hatte, die ganz anders waren als die, die sie bisher gekannt hatte. Er ließ von ihr ab, legte sich in die Kissen zurück und starrte schwer atmend zum Fenster hinüber.
Der Regen hatte aufgehört, und der Himmel klarte auf, so daß die Sterne zu sehen waren.
»Es ist nicht recht«, sagte Lord Heywood. »Aber ich kann nicht anders, mein Schatz.«
»Meinst du, es ist nicht recht, daß du mich liebst?« fragte Lalita. »Ich glaube nicht, daß etwas, das so wunderbar ist, unrecht sein kann.«
Er sagte nichts, und sie fuhr fort: »Ich habe heute, als du mir geholfen hast, die Kapelle zu reinigen, erkannt, daß du gut bist wie kein anderer Mann. Aber ich habe nicht gemerkt, daß das, was ich für dich empfand, Liebe war.« Sie streckte die Hand aus, um ihn zu spüren, und sagte: »Liebe kann niemals unrecht sein, da bin ich mir sicher.«
»Es ist nicht unsere Liebe, die unrecht ist«, sagte Lord Heywood. »Aber es ist nicht recht, daß ich dich bitte, meine Frau zu werden, weil ich
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