Der Blumenkrieg
oder ihrer eigenen Dimension, oder wie man es nennen sollte, den leiblichen Verrichtungen genauso unterlagen wie Menschen auf der Erde. »Soll ich hier auf dich warten?«
»Nein, ich denke, du solltest zum Zug gehen, Theo«, erklärte Apfelgriebs bestimmt, bevor Rufinus antworten konnte. »Du kommst lieber nicht zu knapp. Ich helfe ihm, den Bahnsteig zu finden«, beschied sie den Elfenadeligen. »Dann kannst du ihn dort treffen.«
»Ah, sehr freundlich von dir. Gut, wenn ihr mich jetzt bitte entschuldigt.« Nach wenigen Schritten durch das Restaurant machte er kehrt und holte seinen Koffer. »Den sollte ich lieber nicht stehenlassen, was?«
Rainfarns Verwandter war Theos Blick kaum entschwunden, als er heftig am Ohrläppchen gezupft wurde.
»He! Was soll das? Das hat weh getan!«
»Komm jetzt. Du solltest nicht hier sitzen, und auf dem Bahnsteig genausowenig.«
»Wieso denn das?«
»Ich habe diese drei Kerle gesehen, die dich beobachtet haben, und die sahen mir nicht geheuer aus. Traust du mir?«
»Mehr als allen anderen, die ich hier kennengelernt habe, soviel ist sicher.«
Sie zog ihr winziges Näschen kraus und wog dieses Urteil ab. »Na, mehr kann ich vermutlich nicht verlangen. Jedenfalls kommt mir Rainfarns Gesandter ein bißchen trottelig vor. Ich denke, du mußt auf dich selbst aufpassen.«
»Das kommt mir auch so vor.«
»Gut. Dann verziehen wir uns durch die Hintertür und sehen zu, daß wir einen möglichst unauffälligen Weg zum Zug finden. Das ist ein Grund, warum ich nicht zum Aufbruch gedrängt habe. Besser, wir warten bis kurz vor der Abfahrt. Komm mit!« Sie erhob sich in die Luft und führte ihn durch den Mittelgang zum Personalbereich der Teestube.
»Was machen wir hier?«
»Hinten rauswitschen, hab ich doch gesagt. Wir kommen leichter durch den Bahnhof, ohne Aufsehen zu erregen, wenn wir dort rausgehen, wo die Küchenbutzen die Abfälle und das ganze Zeug wegwerfen.«
Sie kamen in die Küche, wo zwei dicke, Tonpfeifen rauchende Männlein – vermutlich die »Küchenbutzen«, von denen Apfelgriebs geredet hatte – auf Hockern standen, die ihnen die notwendige Arbeitshöhe verliehen. Einer schwenkte den Frittierkorb, der andere holte mit einem langstieligen Brotschieber Gebäck aus dem offenen Ofen und inspizierte es.
»Wohin des Wegs, Kleinchen?« fragte der Butz am Ofen Apfelgriebs in gemütlichem Ton. Er hörte sich an wie ein Bauer aus einer Shakespearekomödie, denn er hatte einen breiten Akzent, der in Theos Ohren irgendwie nordenglisch klang, was allerdings nicht viel zu besagen hatte, da er englische Dialekte höchstens von den Beatles kannte. Überhaupt war ihm nach wie vor schleierhaft, warum Elfen sich wie Briten und Iren anhörten.
»Zur Hintertür hinaus, du oller Mehlkloß«, entgegnete Apfelgriebs. »Du kannst von Glück sagen, daß du gut aussiehst, denn ein Koch oder Bäcker wirst du niemals werden – dein Blätterteig schmeckt wie Schuhleder.«
Der Butz an der Friteuse lachte, und der am Ofen grinste. »Und du kannst von Glück sagen, daß du so eine honigsüße Zunge hast«, sagte er, »denn du wirst dir neue Freunde suchen müssen, weil dein alter gerade in den Kühlraum getreten ist.«
Theo hörte diesen letzten Satz noch, da fiel auch schon die Tür hinter ihm mit einem dumpfen Knall ins Schloß. Plötzlich war ihm sehr, sehr kalt.
Aber ich habe das verdammte Ding doch gar nicht angerührt, dachte er bei sich. Es ist einfach zugefallen wie … durch Zauberei.
Scheiße.
Er mußte schlotternd warten und hoffen, daß Apfelgriebs die Köche dazu bewegen konnte, die Tür aufzumachen. Er hörte, wie sie die Butzen mit saftigen Schimpfnamen belegte, was er nur recht und billig fand, doch paradoxerweise schien sie zwischendurch dabei zu lachen.
Seine Zähne klapperten ziemlich heftig, als die Tür endlich wieder aufschnappte.
»Was buhlst du um einen Blütenbubi wie den da, der nicht einmal auf ein Sprüchlein zum Entriegeln kommt?« kicherte der Schmalzbäcker, als er Theo herauswinkte. »Komm heraus, du eiskaltes Junkerlein. Sonst halten wir dich noch irrtümlich für etwas Eßbares, schneiden dich in einen Eintopf und kommen dann wegen Florizid vor die Assissen.«
»Frechling«, sagte Apfelgriebs, doch Theo fand, daß sie seinetwegen nicht sonderlich empört wirkte.
»Falls du der Blütenbubis überdrüssig werden solltest, du flottes Bienchen, und Lust bekommst, wieder mit deinesgleichen anzubändeln«, rief ihr der dicke Ofenbutz hinterher, wobei er zum
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