Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
verlangte dann kompetente Wortmeldungen von ihm. Solange er nur dasitzen und klug dreinschauen mußte, mochte es gutgehen. Aber daß er aufstand und über Quarks mitdiskutierte? Nicht auszudenken.
    »Gleis 12«, sagte Apfelgriebs, während sie ihn aus der Zeitschriftenhandlung in die Bahnhofshalle bugsierte. Sie waren jetzt ein halbes Dutzend Geschäfte von der Teestube entfernt, was die Chance verringerte, daß jemand sie beim Herauskommen erspähte. Apfelgriebs steuerte sofort eine Gruppe von Reisenden an, die sich in Richtung der Gleise bewegten, und Theo umhüllte sich mit der Menge wie mit einem Mantel.
    Ich sollte wohl dankbar sein, daß nicht alle hier so klein sind wie Apfelgriebs. Dann hätte ich echt Probleme, mich unter die Leute zu mischen. Er sah keine Spur der verdächtig aussehenden Kerle, von denen die Fee geredet hatte, und einen Moment lang fragte er sich, ob Rufinus von den beiden nicht doch der Vernünftigere war. Warum sollte jemand einem völlig unbedarften Menschen richtige professionelle Elfendetektive oder so was in der Art auf den Hals hetzen? Vielleicht war die ganze Geschichte mit dem Herzen des armen Stockrose ein bedauerlicher Irrtum gewesen, der gar nichts mit Theo zu tun hatte. Er wärmte sich eine Weile an der Glut dieser Vorstellung, obwohl er im Grunde nicht daran glaubte. Es war nicht zu leugnen, daß irgendwer dieses Leichenmonster nach ihm ausgeschickt hatte.
    Apfelgriebs zischte ihn an. »Hierher! Ich hab sie gesehen!«
    Augenblicklich raste sein Herz wie wild, und auf Geheiß seiner geflügelten Gefährtin stellte er sich zwischen eine Säule und einen kleinen Kiosk namens Ariel, eine geschützte Stelle gegenüber von Gleis 11, wo er vor spähenden Blicken einigermaßen geschützt war, solange sie die Lage sondierte. Theo gab sich möglichst den Anschein, die Angebote im Fenster eingehend zu studieren. Der Kiosk verkaufte in Wachspapier gewickelte Eßwaren, die er zunächst für Waffeln hielt, doch nachdem er eine Weile die Haarnetz tragenden Brownies hinter der Verkaufstheke beobachtet hatte, kam er zu dem Schluß, es müsse sich bei ihrem Produkt um ein gefrorenes Fertigdessert mit Wabenmuster handeln.
    Jemand zupfte ihn am Ohr. Er fuhr zusammen.
    »Hör auf damit!« flüsterte Apfelgriebs in angespanntem Ton. »Steh einfach unbeteiligt da! Jetzt guck durch das Fenster und die Tür auf der anderen Seite. Siehst du?«
    Er gehorchte. Zwanzig Schritte hinter dem Kiosk standen drei dunkle, schlaksige Gestalten neben einer Bank und beobachteten unauffällig die vorbeigehenden Leute. Obwohl ihre Gesichter größtenteils von den Hüten beschattet wurden, sah er zwischen Krempe und Kragen bleiche, glänzig feuchte Haut, die ihn an eine Geisterkrabbe erinnerte.
    »O Schreck.«
    »Bleib hier! Der Zug macht erst in ein paar Minuten die Türen auf, aber vielleicht haben wir Glück. Sie schauen in die andere Richtung, sie wissen also nicht, daß wir schon an ihnen vorbei sind.« Sie ließ sich auf seiner Schulter nieder. Zu seiner Verwunderung empfand er ihre Gegenwart als deutlich wohltuend. »Hohlrücken.«
    »Hohlrücken? Was soll das sein?«
    »Eine besondere Art von Trollen. Wohnen normalerweise unter der Erde. Früher, als ihre Höhlen noch in eure Welt führten, waren sie Menschenräuber. Sie sind tüchtig in ihrem Metier und können den Mund halten. Irgend jemand langt für dich ordentlich in die Tasche, Bürschchen.«
    »Jesses! Was wollen die alle von mir? Ich bin doch niemand Besonderes.«
    »Pssst.« Ihr Ton war jetzt schärfer. »Da ist Rainfarns Neffe. Das Riesenroß hat sich reichlich Zeit gelassen.«
    Theo wollte etwas sagen, doch da lösten sich die Hohlrücken urplötzlich von der Bank und bewegten sich geschmeidig wie Haie auf Rufinus zu. Kurz vor den Bahnsteigen verschwanden sie für einen Moment in der Menge, doch auf der Höhe von Gleis 10 nahmen sie den jungen Elf von hinten und von beiden Seiten in die Zange. Dieser blickte einen von ihnen an, ohne zunächst Verdacht zu schöpfen, dann aber drehte er den Kopf zur anderen Seite und blieb stehen. Die Hohlrücken umstellten ihn. Zunächst schien niemand etwas zu machen: Die vier hätten Zufallsbekannte sein können, die über die Unzuverlässigkeit des Zugfahrplans räsonierten. Die unheimlichen Gestalten hielten alle das Kinn auf die Brust gesenkt, so daß ihre Gesichter weitgehend von Kragen und Hüten verborgen waren, aber Theo hatte das sichere Gefühl, daß sie mit Kegel-Chrysantheme redeten, denn der beunruhigte

Weitere Kostenlose Bücher