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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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kommt dann ein kleiner Glibberstreifen raus?«
    »Und?«
    »Wenn jemand in der Narzissen-Residenz oder im Wachturm ein bestimmtes Wort sagt, rücken diese Mauern zusammen.« Sie machte ein schmatzendes Geräusch. »Was dann hier drin ist, wird zu Glibber.«
    Er überlegte, ob er nicht lieber kehrt machen und hinausrennen sollte. »Ist das ein Wort, das jemand auch zufällig sagen könnte?«
    »Das kommt kaum jemals vor.«
    »Oh, da bin ich aber beruhigt. Wie kommt es, daß du soviel weißt?«
    »Ich war hier schon mal.«
    Die Wachstube, die nur das Untergeschoß eines großen Wachturms in der vorderen Mauer einnahm, war eine merkwürdige Kombination von mittelalterlich und modern: Der Kontrollraum lag größtenteils hinter Wänden, die aus durchsichtigem Glas oder Kunststoff zu bestehen schienen. Zu dieser Nachtstunde waren Theo und die Fee die einzigen Leute auf der Besucherseite der Sperre, doch das bedeutete offensichtlich nicht, daß die uniformierten Oger, die auf der anderen Seite des Raumes zusammensaßen und Karten spielten, sie zügiger abgefertigt hätten. Schließlich bequemte sich einer von ihnen, herbeizukommen und mit Apfelgriebs durch einen Schlitz zu reden, durch den nicht einmal eine Fee hätte schlüpfen können. Derweil sah sich Theo mit mäßigem Interesse die Broschüren Narzisse – das dynamische Adelshaus! und Entdeckt das historische Weißdornstich! in einem Ständer neben dem Sessel an. Nach einem offensichtlich zähen, langwierigen Wortwechsel trollte sich der Wächter wieder, wobei er auf seinem Weg zu einer Art Fernsprechanlage ein Weilchen stehenblieb, um beim Kartenspiel zu kiebitzen.
    »Werden sie nicht rasch herausbekommen, daß ich mich nicht ausweisen kann und gar keine Chrysantheme bin?« fragte Theo leise, als Apfelgriebs zu ihm zurückkam. Er war beinahe zu müde, um sich zu fürchten. Beinahe, aber nicht ganz.
    Apfelgriebs schaute verwundert. »Hat Rainfarn dir keine Papiere mitgegeben?«
    »Nein.«
    Sie wiegte besorgt den Kopf. »Na, egal. Während wir in der Wabe waren, habe ich die Person angerufen, zu der wir wollen. Diese Dorftrottel machen sich nur wichtig mit ihrer Überprüfung. Wenn sie kommt, ist es völlig gleichgültig, ob du deine Hosen auf dem Kopf trägst und einen Schuhplattler tanzt.«
    Sie mußten so lange warten, daß Apfelgriebs zuletzt wieder an den Fensterschlitz schwirrte, um abermals einen Meinungsaustausch mit den Wächtern zu pflegen. Die Meinung der Fee schien im wesentlichen zu sein: »Beweg deinen fetten grauen Arsch und ruf noch mal durch!« Theo wollte nicht ernstlich hören, wie der Gegenstand von Apfelgriebs’ Verachtung ihre kritischeren Bemerkungen fand – ein gut zweieinhalb Meter großer Brocken, der fast so breit war wie Theo lang und etwas an einem Schulterriemen trug, das sehr nach einer hölzernen Maschinenpistole aussah. Da zudem ein gutes Dutzend ähnlich dimensionierter und ähnlich bewaffneter Kollegen hinter ihm im Wachraum verteilt waren, hielt Theo es für das beste, sich in seinem Sessel neben dem Broschürenständer möglichst klein zu machen und sich den Anschein zu geben, als wartete er in aller Unschuld darauf, daß sein Arbeitsvisum für Taka-Tuka-Land gestempelt wurde.
    Doch selbst diese Spannung war nicht endlos zu halten, und irgendwann nickte er ein. Er schreckte auf, als Apfelgriebs ganz dicht vor seinem Gesicht flatterte und ihn brutal an einer Augenbraue zog.
    »Steh auf!« sagte sie.
    »Laß das!« knurrte er.
    Sie flog noch näher. »Du weißt nicht, was du für einen Dusel hast, Bürschchen. Ihre Durchlaucht ist persönlich gekommen.«
    Theo öffnete die Augen etwas weiter und rappelte sich schwerfällig auf. Dicht hinter der Sperre stand eine schlanke, gutaussehende Elfe, auf den ersten Blick nicht zu unterscheiden von den vielen anderen, die er auf den Bahnhöfen und den Straßen gesehen hatte. Die Frau hatte hellbraune Haare und tatsächlich ein paar graue Strähnen dazwischen, und obwohl kaum etwas sonst in ihren Zügen oder in ihrer Haltung etwas anderes vermuten ließ, als daß sie in der ersten Blüte ihres Erwachsenenlebens stand, hatte er den Verdacht, daß er gerade eine seiner ersten älteren Elfen kennenlernte.
    »Wunderbar«, sagte sie, wobei sie Theo von Kopf bis Fuß musterte. »Einfach wunderbar. Wir sind überaus glücklich, dich bei uns zu haben.« Ihre Stimme war tief und fiel in die Kategorie, die er zu Hause als »resolut« bezeichnet hätte – sie klang wie eine Aristokratin, die ohne viel

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