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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Vermutlich bedeutete das, überlegte sich Theo, daß er in der Tat sehr, sehr alt war. Vom Aussehen her hätte er ein vitaler Sechziger sein können, einer von denen, die dein Unternehmen aufkaufen, dich feuern und dir dann auch noch die Freundin ausspannen, um auf ihrer Yacht mit ihr abzudampfen.
    »Du findest alles zu deiner Zufriedenheit, möchte ich hoffen?« Fürst Narzisses Ton ließ vermuten, daß es tausend Dinge gab, die ihm wichtiger waren.
    Es kostete ihn richtiggehend Mühe, vor dieser eindrucksvollen Persönlichkeit nicht auf die Knie zu fallen, und noch mehr, nicht wenigstens höflichkeitshalber seine Zufriedenheit zu versichern, obwohl die Frage offenkundig nichts weiter als eine Floskel war. Doch Theo gewann langsam die Überzeugung, daß unabhängig davon, wie es nun wirklich mit seiner Herkunft stand, seine unverblümte erdenmenschliche Art hier durchaus angebracht war. »Na ja, es regnet in meinem Zimmer nicht durch oder so was, doch was das übrige angeht, so bin ich nicht gerade mit Informationen überschüttet worden.«
    Fürst Narzisse ließ eine Augenbraue genau so weit hochgehen, daß sie leicht amüsierte Verachtung zum Ausdruck brachte, ein Meisterstück mimischer Präzision, das Theo wider Willen bewundern mußte. Er fragte sich, ob das Oberhaupt der Narzissen sich seine imposanten Brauen von einer Goblinfrau zupfen und trimmen ließ. »Du bist der Meinung, daß man dich hintergangen hat? Daß wir dich ausgenutzt haben?«
    »Ich bin der Meinung, daß hier Dinge laufen, die mich betreffen, aber die ich als letzter erfahre. Fürstin Ämilia«, wechselte er unvermittelt den Adressaten, »wie ich höre, haben deine Tests erwiesen, daß ich in Wirklichkeit gar kein Mensch bin, daß ich Elfenblut habe. Ist das wahr?«
    Sie lächelte. Es war ein mitfühlendes Lächeln mit einem leichten Anflug von Traurigkeit. Verdammt noch mal, dachte Theo, kann man diese Leute denn mit gar nichts aus der Fassung bringen? »Du mußt mit Wuschel gesprochen haben. Ich habe mir sagen lassen, daß er gestern nacht ein bißchen zuviel getrunken hat. Ich bin dem jungen Mann zugetan – ich kenne ihn seit seiner Geburt, und seine Mutter ist mir lieb und teuer –, doch obwohl er in den Genuß einer guten Erziehung gekommen ist, ist Diskretion für ihn ein Fremdwort geblieben.«
    »Bitte vielmals um Verzeihung«, sagte Theo, »aber scheiß auf Diskretion. Ist es wahr? Habe ich Elfenblut?«
    Fürst Narzisse straffte sich, doch Fürstin Ämilia reagierte nur mit einem weiteren bedauernden Lächeln und nickte. »Ja. Du bist … einer von uns.«
    »Einer von euch? Heißt das … ich bin eine Narzisse?«
    Der Herr des Hauses ließ ein Schnauben hören. »Beim zertrümmerten Dom, das ganz gewiß nicht! In unserem Haus wird kein Kind vermißt!«
    »Bitte«, sagte Fürstin Ämilia. »Verzeih meinem Bruder. Er wollte nicht unhöflich sein, aber wir kümmern uns sehr um unsere Sprößlinge, anders als einige der anderen Adelshäuser. Du hast meinen Sohn Zirus kennengelernt, wie ich höre. Kommt er dir wie das Kind von Eltern vor, denen es gleichgültig ist, ob sie ein Baby verlieren?«
    Er kommt mir wie das Kind von Eltern vor, die ihm zuviel Geld und zuwenig Verantwortung geben, dachte Theo, aber sprach es nicht aus. Er wußte, daß ein solches elterliches Verhalten nicht auf das Elfenland beschränkt war. »Gut. Aber wo stamme ich dann her?«
    »Das wissen wir nicht, Junker Vilmos«, schaltete sich Fürst Stockrose ein. »Wir wissen nur, daß gewisse andere führende Häuser dich seit langem beobachten lassen und daß ihr Interesse durch neuere Entwicklungen persönlicher und dringender geworden ist. Ein … hm, sagen wir, ein Informant von uns mit Zugang zu diesen Häusern ließ uns wissen, daß sie ihre Taktik ändern und es mit der Beobachtung nicht mehr bewenden lassen wollten.« Er behielt Theo scharf im Auge, vielleicht um zu sehen, ob seine Worte eine Reaktion auslösten. »An dem Punkt beschlossen wir, einzugreifen. Bist du über die Verhältnisse hier einigermaßen im Bilde? Über unsere Parteien?«
    »Ausreichend, um zu wissen, daß es drunter und drüber geht. Doch, ja, Kriecher, Würger und so weiter, und alle streiten sie darüber, ob man die Menschen in die Pfanne hauen soll oder nicht. Soweit ist mir die Lage erklärt worden.«
    Stockrose gestattete sich ein stilles Schmunzeln. »Diese Erklärung hätte ich liebend gern gehört. Nun gut, wenn du ein wenig darüber weißt, wirst du vielleicht verstehen, warum wir

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