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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Seite und ruckelte diesen Fuß ebenfalls frei, dann lag er eine Weile keuchend da, bis ein Hustenanfall ihn zwang, sich aufzuknien, und er grauweiße Schmutzklümpchen hochwürgte und ausspuckte. Er schlüpfte aus seiner Lederjacke und seinem dünnen Elfenhemd und band sich letzteres über Mund und Nase, so daß er wie ein Bankräuber aus dem Wilden Westen aussah. Es schützte ein wenig vor dem Rauch. Er wollte schon die schwere Jacke liegen lassen, Anhänglichkeit hin oder her, doch als kurz vor ihm ein brennendes Trümmerteil herabfiel, überlegte er es sich noch einmal. Trotz seiner Erschöpfung zog er die Jacke wieder an.
    Wo ist die Tür? Es wurde jetzt extrem heiß im Raum, wie in einem frisch angefeuerten Ofen. Er stellte sich vor, gebacken zu werden, bis er genauso zerkrümelte wie die Asche, die ihn bedeckte. Ihn wollt’ sie braten im Ofen braun wie Brot … Die Tür zu finden, schien sich als unmöglich zu erweisen. Überall türmten sich Berge von Trümmern und Bruch bis zur eingestürzten Decke. Er konnte nicht erkennen, wo sich die Wände befanden und welche am nächsten war.
    Stöhnend und hustend kroch Theo los. Sekunden später stützte er sich auf eine fremde Hand.
    Mechanisch scharrte er den daranhängenden Arm von Staub und Deckenteilen frei, bis er zum Gesicht kam. Im ersten Erkennensschreck zuckte er zusammen, da schlug Rainfarn auch schon die Augen hinter den zerbrochenen Brillengläsern auf. »Hilf mir …«, flüsterte der Elf.
    Theo schaute ihn an. Nieswurz wollte nicht, daß ich mit umkomme, begriff er. Rainfarn sollte mich vorher hier rausholen, aber das hat nicht geklappt. Die Einsicht, daß man ihn hatte verschonen wollen, war kein Trost. Die Exzisoren wollten ihn lebendig haben, aber wahrscheinlich nur, um mit Folter irgendwelche Informationen aus ihm herauszuholen, die er ihrer Meinung nach hatte.
    »Wer …?« Rainfarn blinzelte sich das Blut aus den Augen. »Hilfe …!«
    »Gefahr«, brabbelte der Heinzel von überall und nirgends. »Angriff.«
    Theo schüttelte bloß den Kopf und kroch weiter.
     
    W ährend er sich qualvoll langsam durch den Raum arbeitete, wurde die konfuse Stimme des Heinzels immer leiser und verstummte schließlich ganz. Was das Vorankommen erschwerte, waren zerschmetterte Bauteile, durchgebrochene Balken und große Stücke von Wänden und Decke, die herabhingen oder vor ihm aufragten wie abstrakte Skulpturen, aber bei aller Benommenheit erkannte Theo, daß die Situation viel schlimmer hätte sein können – auch wenn ihm das nicht viel half. Das Innere eines modernen Elfengebäudes schien hauptsächlich aus sehr leichten Materialien zu bestehen, was bedeutete, daß er sich statt durch Beton und Stahlarmierungen durch Berge von sehr hartem Formglas, Holzstreifen und beinahe blattgolddünn gehämmertem Metall wühlen mußte, alles überzogen von einer lockeren Staubschicht. Dennoch hatte er, als er endlich zur Tür durchgekommen war, das Gefühl, er hätte mehrere hundert Kubikmeter Schutt bewegt. Die von den brennenden Obergeschossen herabstrahlende Hitze ließ seinen Schweiß in Strömen fließen, und trotzdem war er angesichts der periodisch herabregnenden schwelenden Bruchstücke froh, daß er die Jacke wieder angezogen hatte.
    Ein- oder zweimal meinte er, Rainfarn hinter sich in den Trümmern stöhnen zu hören, doch das war nicht so schwer zu ignorieren, wie er vielleicht gedacht hatte: Obwohl der Heinzel jetzt still war, tönte in Theos Kopf weiterhin ein Chor von jammernden Stimmen.
    Er hatte eine Weile zu tun, die Bürotür aufzubekommen, denn das ganze Geschoß schien sich leicht verzogen zu haben. Auch im Gang war die Decke eingestürzt, und als er auf Händen und Knien in den qualmenden Schutt hinauskroch, stieß er auf ein halbes Dutzend bewegungsloser Elfen von normaler Größe, die offensichtlich tot waren, von der einbrechenden Decke erschlagen. Er spähte durch den in der Luft hängenden Rauch- und Staubschleier, um zu erkennen, welches Ende des Flurs näher war, doch es war aussichtslos. Er mußte sich blind für eine Richtung entscheiden und über und um die sich bietenden Hindernisse krabbeln, vorbei an den stummen Opfern, von denen zum Teil nur die Füße und Hände unter schweren Holzbalken hervorschauten.
    Der Rauch wurde stärker, und auch die Stimmen in seinem Kopf wurden wieder laut und zeterten vor sich hin wie ein Bus voll zänkischer alter Leute, der am Straßenrand angehalten worden war, ohne Bezug zur realen Situation. Er hörte

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