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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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er kann es gar nicht sein!«
    Es war für Theo beinahe so überraschend wie für Caradenus Primel. Er hatte sich die Bedeutung von alledem immer noch nicht richtig klargemacht: daß seine Mutter gar nicht seine richtige Mutter war, daß sein Leben eine Lüge war. Aber Wuschel Segge hatte recht. Wenn er kein Mensch war, dann konnte Eamonn Dowd nicht sein Großonkel sein.
    Es gab da irgendeinen verborgenen Zusammenhang, ein großes, bedeutsames Geheimnis, doch im Augenblick hatte Theo für nichts anderes Sinn als für den blonden Mann, der ihn töten wollte.
    Der Elf blickte erst Wuschel, dann Theo ratlos an. Die Klinge erstarrte in seiner Hand, blieb aber dicht an Theos Hals. Schließlich wandte er sich wieder Wuschel zu. »Schwörst du, daß das die Wahrheit ist? Du sagst das nicht bloß, um deinen Freund zu retten? Schwörst du bei den zeitlosen Bäumen?«
    »Ich schwöre.«
    Ein kurzes Zögern, dann senkte sich der Dolch, bis die Spitze gerade nach unten zeigte. »Ich … ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Primel blickte so verwirrt, daß er Theo beinahe leid tat, bis er sich erinnerte, wie nahe dran der Elf gewesen war, ihm diesen Kebabspieß ins Herz zu rammen. »Ich habe dich zu Unrecht beschuldigt, ich bitte dich um Verzeihung. Jemand anders muß dich führen. Ich habe Knopf und mir Schande bereitet.« Er drehte sich abrupt um und ging ein paar Schritte, dann sprang er auf die Balustrade und von dort in die Tiefe.
    »Was tut er?« fragte Theo bestürzt. »Hat er sich umgebracht?«
    »Es sind nur zwei, drei Meter«, erinnerte ihn Wuschel. »Sofern er nicht auf einer spitzen Zeltstange gelandet ist, ist er wahrscheinlich unversehrt.« Der Querz zog ein mißbilligendes Gesicht. »Diese elenden Blumenschnösel und ihre Ehrenpflichten.«
    »Er wollte mich töten. Ich habe ihn nie zuvor gesehen, und er will mich töten!« Theo lehnte sich an den Brückenrand, damit er wieder zu Atem kam und sein Herz sich beruhigen konnte. »Er sagte, Nieswurz hätte seinen Vater ermordet. Es saßen auch Primeln neulich in diesem Versammlungssaal, als … als der Drache kam. Das muß bedeuten …« Theo war ohnehin schon vor Schreck ganz flau im Magen; er wollte nicht daran denken, was er in der Narzissen-Residenz gesehen hatte. Richtig Mitleid mit dem goldhaarigen Elf empfinden konnte er immer noch nicht, doch sein Vater war mit Stockrose und Fürstin Jonquille und den übrigen zusammengewesen …
    »Da wir ihm die Wahrheit gesagt haben, müssen wir uns, glaube ich, seinetwegen keine Sorgen mehr machen. Diese Ehrpusseligkeit ist ein zweischneidiges Schwert, und er wirkte ziemlich erschrocken, daß er dich auf einen falschen Verdacht hin beinahe getötet hätte.« Wuschels Grinsen war nicht heiter. »Jedenfalls hat sich unsere Lage nicht wesentlich verändert. Wir müssen immer noch beschließen, was wir jetzt tun sollen.«
    Das Gespräch wurde durch das Auftauchen zweier Gestalten unterbrochen, von denen sie eine kannten und die andere nicht. »Was muß ich hören?« rief der Goblin Riegel, und Betroffenheit sprach aus seinem knittrigen Gesicht. »Ein Kampf zwischen Gästen? Zwischen Knopfs Freunden? Das ist ja furchtbar!«
    »Es ist alles wieder gut«, sagte Wuschet. »Es war ein Mißverständnis.«
    »Aber jetzt habt ihr niemanden, der euch führt …«, begann der alte Goblin, da trat auf einmal sein Begleiter ruckartig vor. Die Bewegungen des Mannes waren so ungelenk, daß Theo in der ersten Schrecksekunde schon dachte, sein untoter Verfolger hätte ihn wieder aufgespürt.
    Der lange junge Elf war praktisch in Lumpen gekleidet. Er hatte einen widerspenstigen Haarbusch wie eine Theaterperücke auf dem Kopf und war so dünn, daß ein normal schlanker Elf wie Wuschel dagegen wie der Sieger eines Pfannkuchenwettessens aussah. Er hatte außerdem Augen, die nicht richtig fokussierten beziehungsweise die ein Stückchen hinter dem mutmaßlichen Gegenstand ihrer Aufmerksamkeit fokussierten. Trotz des unvollkommenen Blickkontakts jedoch schien er von Theo fasziniert zu sein oder wenigstens von etwas in Theos Nähe.
    Keine Ahnung, was das Interesse dieses komischen Vogels erregt, sagte sich Theo, aber was es auch sein mag, er steht auf jeden Fall unangenehm dicht bei mir …
    »Hm, gut.« Der Goblin warf dem mageren Elf einen nervösen Blick zu, als ob dieser ein Hund wäre, der sich plötzlich losreißen und auf die Fahrbahn rennen könnte. »Wenn ich unseren Freund Nessel bei dem verehrten Knopf abgeliefert habe, werde ich

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