Der Blumenkrieg
zurückkommen und euch selbst weiterhelfen. Hatte ich euch meinen Namen mitgeteilt? Ich heiße Riegel.«
»Ja, ich bin Wuschel Segge. Und das ist mein Freund Theo.«
»Du …!« Der lange, dünne Elf beugte sich noch näher an Theo heran, der plötzlich eine Schreckensvision davon hatte, den Rest seiner Zeit in Elfien mit einem Racheduell nach dem anderen zu verbringen, doch Nessel kniff nur die Augen zusammen und hob seine langfingerigen Hände, als wollte er Theos Gesicht betasten. »Sie … sie kennt dich«, sagte er. »Sie … hat von dir gesprochen.« Wie er redete, fiel es ihm offenbar schwer, zu denken und sich auszudrücken, so als ob er durch einen Unfall oder von Geburt einen Hirnschaden hätte.
»Wer?« Theo wurde es allmählich ein bißchen zuviel, daß jeder in diesem verdammten Lager ihn zu kennen schien. »Von wem redest du?«
»Poppi. Sie heißt Poppi. Ich mag sie gern.«
»Poppi Stechapfel?« Natürlich meinte er Poppi Stechapfel – Theo hatte bis jetzt im ganzen Elfenland nur ungefähr drei Frauen kennengelernt. »Wie, du kennst sie?«
Der dünne Elf schüttelte den Kopf. »Ich höre sie.« Er tippte an seinen langen Schädel. »Hier drin.«
»Ich verstehe nicht.«
»Beunruhige dich nicht, junger Herr«, schaltete sich Riegel ein. »Unser Freund Nessel ist nicht wie andere Leute. Er hat den Kopf voll seltsamer Ideen.« Dunkle Finger schlossen sich um das Handgelenk des Elfs und zogen ihn fort, zum Brückenturm. »Komm! Knopf wünscht dich zu sehen.«
»Knopf ist gut zu mir«, ließ Nessel Theo wissen. »Er gibt mir zu essen. Er hilft mir denken.«
Theo verlor zusehends das Empfinden dafür, was normal war. »Aber ich kenne die Frau, von der er redet!« schrie er hinter den beiden her.
»Wir sprechen darüber, wenn ich zurückkomme«, rief Riegel zurück. »Wartet auf mich!«
»Ich denke, mein Maß ist voll«, sagte Theo, als die beiden im Turm verschwanden. »Elfen, die mich wegen ihrer Familienehre umbringen wollen, telepathische Elfen – noch mehr so verrücktes Zeug kann ich nicht verkraften.«
»Du scheinst es auf jeden Fall anzuziehen, das muß ich sagen«, bemerkte Wuschel.
»Bei mir zu Hause war ich genauso vom Pech verfolgt. Hier bin ich vom Pech verfolgt und obendrein noch von Irrsinnigen.« Er ließ sich mit dem Rücken gegen die Brückenmauer sinken, die ihm wenige Minuten zuvor noch den Rückzug abgeschnitten hatte und ihm fast zum Verhängnis geworden war. »Und alle Leute, die mir helfen könnten, wieder nach Hause zu kommen, sind tot, stimmt’s? In der Narzissen-Residenz umgekommen?«
Wuschel legte mitfühlend die Stirn in Falten. »Ich denke, zurückzukommen ist weniger das Problem, als diesen Untoten loszuwerden, der hinter dir her ist. Wahrscheinlich stimmt es, daß die meisten Leute, die dich von diesem Monstrum befreien und dir zur Rückkehr verhelfen könnten – und die dich obendrein nicht umbringen wollen –, daß die, hm, tot sind, ja. Sicher wird es noch andere Möglichkeiten geben …« Er seufzte. »Aber glaube mir, Theo, einige davon könnten am Ende schlimmer sein, als einfach hierzubleiben. Ja, einige könnten am Ende schlimmer sein, als von diesem Primel erdolcht zu werden.«
Theo blickte auf den rotgelb gestreiften Horizont. Der lange Sonnenuntergang war vorbei, und es wurde rasch dunkel. »Das ist echt eine Hilfe, Wuschel, vielen Dank. Ich bin dir sehr verbunden, daß du diesen Kerl daran gehindert hast, mich zu töten, und überhaupt, aber falls dir noch mehr solche aufbauenden Gedanken einfallen sollten, würdest du sie bitte für dich behalten?«
N a, da habt ihr es euch ja richtig gemütlich gemacht, was?« Riegel hatte eine dünne Fackel in der Hand; hinter ihm war der Himmel samtig schwarz, und die feuerwerkshellen Sterne Elfiens leuchteten. Theo begriff, daß er an der Brückenmauer eingenickt war. Besorgt schaute er sich nach Wuschel um und entdeckte zu seiner Erleichterung, daß der Querz neben ihm saß.
Mühsam rappelte er sich auf. Er hatte gerade lange genug geschlafen, um sich noch erschöpfter und zerschlagener zu fühlen als vorher. »Wer war dieses lange Elend, dieser … wie hieß er noch mal? Nessel?«
»Das ist ein sehr netter junger Mann, genau wie du«, antwortete Riegel. »Und einer, der bei unserem Knopf hoch in der Gunst steht, o ja.«
»Was meinte er damit, als er sagte, daß er Poppi Stechapfel in seinem Kopf hört?«
Der kleine Goblin zuckte die Achseln. »Das ist alles zu hoch für einen alten Mann wie mich.
Weitere Kostenlose Bücher