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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Ladefläche, wie um möglichst ungestört zu sprechen.
    Nach einer Pause von mehreren Sekunden öffnete Stracki Nessel die Augen und sah Theo gequält an. »Sie fragt, woher sie wissen soll, daß ich dein Freund bin. Woher soll sie das wissen, Theo?« Er zitterte ein wenig. Theo machte sich leise Vorwürfe, daß er ihm nach der Schwerarbeit im Elyseum auch noch diese Anstrengung zumutete.
    »Frag sie, ob sie sich noch an die Lieder erinnert, die ich ihr vorgesungen habe.« Doch den Text von New York, New York würde sie wahrscheinlich nicht erkennen, selbst wenn Stracki ihn mit Theos Anweisung hätte singen können. »Und sag ihr, daß ich noch sehr gut weiß, wie alt sie ist, aber daß es mir egal ist.«
    Liebe Güte, was denkst du dir, Vilmos? schimpfte er mit sich, während Stracki stockend die Mitteilung weitergab. Mußt du dir ausgerechnet zwei Sachen aussuchen, die zärtliche Erinnerungen wecken? Warum spielst du mit den Gefühlen dieses Mädchens? Er atmete tief durch. Um Apfelgriebs zu retten natürlich. Und ein richtig falsches Spiel war es auch nicht. Er mochte Poppi Stechapfel tatsächlich ganz gern. Er war verwirrt gewesen, und nach dem Anschlag auf die Narzissen-Residenz war er jetzt noch verwirrter, aber er empfand durchaus noch etwas für sie. Andererseits ist sie ein Schulmädchen, sagte er sich. Ein Schulmädchen, das alt genug ist, um deine Urgroßmutter zu sein, kam die vorhersehbare Erwiderung von irgendwo tief in seinem Stammhirn. Er blickte auf und sah, daß Stracki geduldig auf ihn wartete. »Was sagt sie?«
    »Sie sagt, sie hat heute nachmittag noch etwas zu tun, aber sie wird sich am Abend mit dir treffen. Wo?«
    »Ort und Zeit soll sie bestimmen.« Er war zufrieden, daß es mit Strackis Vermittlung so gut gelaufen war, und verspürte ein wenig von der inneren Erregung, mit der er trotz der schrecklichen Ereignisse vorher an jenem ersten Abend in die Stadt eingefahren war. »Es sollte nur möglichst nicht weit weg sein von dort, wo sie gerade ist. Ich weiß nämlich, was sie heute noch zu tun hat.«
    Stracki übermittelte pflichtschuldig Theos Worte und lauschte dann der Antwort.
    »Sie fragt, woher du das weißt.«
    »Sie soll mal ein kleines Stück östlich der Brücke schauen.«
    »Theo!« Aus Wuschels besorgtem Blick war echte Furcht geworden. Theo beachtete ihn nicht. Als Poppi von der Rückwand des Lasters aus in die Runde blickte, entfernte sich Theo ein paar Schritte von Stracki und Wuschel Segge und winkte. Wieder konnte er ihre Miene nicht richtig erkennen, aber diesmal konnte er sie ahnen. »Sag ihr, ich will ihr damit zeigen, daß ich ihr vertraue.«
    Stracki hörte sich lange ihre Entgegnung an. Wuschel schritt nervös auf und ab. »Sie sagt, sie will sich mit dir in einem Lokal treffen, das Die SpeiseKammer heißt, in der Trudenhallstraße zwischen Dämmerstund und Ostwasser. Wenn der Ring der Königin aufgeht.«
    Theo hatte keine Ahnung, was damit gemeint war – vermutlich ein Stern –, aber er nahm an, daß jemand ihn darüber aufklären konnte. »Sag ihr, ich freue mich sehr. Ich werde allein kommen. Ich hoffe, sie auch.«
    »Theo!«
    »Sei still, Wuschel. Sag ihr das, Stracki, dann sind wir fertig. Du kannst … äh, auflegen oder was du sonst machst.«
    Sie schaute immer noch in seine Richtung. Er winkte erneut, diesmal nicht ganz so auffällig, und wandte sich dann ab. Unerklärlicherweise vertraute er felsenfest darauf, daß sie nicht auf der Stelle die Leibwächter ihres Vaters oder die Schutzleute alarmierte, doch falls er sich irrte, falls er allzu optimistisch gehandelt hatte, tat er besser daran, nicht groß und breit in der Gegend herumzustehen und damit auch Stracki und Wuschel in Gefahr zu bringen. »Komm mit, Wuschel! Ich muß nachdenken. Und irgendwer muß mir sagen, um welche Zeit der Ring der Königin aufgeht.«
     

     
    D er Ring ging ungefähr um acht Uhr abends nach menschlicher Zeitrechnung auf, ein dicker gelber Stern am westlichen Horizont. Theo sah ihn hell am schwarzen Himmel leuchten, als er das Restaurant gefunden hatte, und mit eingezogenem Kopf trat er durch die niedrige Tür.
    Die SpeiseKammer war ein Koboldrestaurant, ein kleines, fensterloses, sich betont hip gebendes Lokal in einer Seitengasse der Trudenhallstraße, die im Zentrum eines etwas zwielichtigen Einkaufsbezirks in der Nähe der Docks von Ostwasser lag. Kobolde waren Höhlenbewohner, und im Foyer war es sehr dunkel, aber Theo kam sich dennoch furchtbar auffällig vor. Er zwängte

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