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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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werde alles tun, um zu dir zurückzukommen.«
    Sie stieß ein Lachen aus, doch es war rauh vor Schmerz und Bitterkeit. »Das ist so gemein. Ich wußte, es gab einen Grund, warum ich mich nicht mehr verlieben wollte, aber ich hätte nie gedacht …« Sie rang um Fassung. »Küß mich und geh, Theo. Mach!«
    »Wirst du auch wieder zurückfinden …?«
    »Schwarzes Eisen, küßt du mich jetzt vielleicht und haust ab? Mir bricht gerade das Herz.«
    »Mir auch«, sagte er und erkannte zu seinem Erstaunen und Erschrecken, daß das stimmte.
     
    W uschel wartete am Ufer des dunklen Flusses auf ihn, doch er war nicht allein.
    »Kleiderhaken?« Theo mußte zweimal hinschauen; er hatte immer noch Schwierigkeiten, einen Goblin vom anderen zu unterscheiden. »Was machst du denn hier?«
    »Knopf meint, wir sollten nicht durch die Stadt zu … dem Ort gehen, wo wir hinwollen«, antwortete Wuschel anstelle des Gefragten. »Nicht einmal außen herum durch die Randbezirke. Er meint, wir sollten lieber den Wasserweg benutzen.«
    »Das erklärt nicht, warum du hier bist«, sagte Theo zu Kleiderhaken.
    »Weil ich ein Boot paddeln kann, ohne einen Lärm zu machen wie ein ertrinkender Troll.« Die Schlitzaugen des Goblins schimmerten im Sternenlicht. »Du nicht.«
    »Aha. Na dann … danke.«
    Kleiderhaken deutete auf das offene Boot, das kaum größer war als ein Kanu. »Komm.«
    »Wo ist Stracki?« fragte Theo, als sie sich in die träge Strömung hinausschoben. »Ich hatte ein bißchen die Hoffnung, er würde mitkommen, falls wir auf irgendwelche, was weiß ich, Alarmanlagen stoßen oder magische Zäune …«
    »Knopf meint, er bräuchte ihn heute«, sagte Wuschel. »Und außerdem glaubt er nicht, daß hineinkommen unser größtes Problem sein wird.«
    Theo ließ das einsinken. Lautlos glitten sie flußabwärts bis zu der Stelle, wo der jüngere Kanal in die Mondflut einmündete und diese deutlich breiter wurde. Theo und Wuschel frühstückten etwas Brot und süßen Käse, die der Querz mitgebracht hatte, während Kleiderhaken das Boot quer über den Fluß lenkte und auf der anderen Seite dicht ans Ufer heranfuhr. Theo sah Häuser auf schlanken Stelzen vor ihnen aufragen, und in einigen Fenstern brannte Licht. Darunter klebten kleinere und viel bescheidenere Behausungen in dichten Haufen am Rand des Flusses wie Entenmuscheln auf den Pfeilern eines Piers.
    »Wer wohnt da?« fragte Theo flüsternd.
    »Nixen«, antwortete Wuschel. Kleiderhaken gebot ihnen mit einer Bewegung seiner Klauenhand Schweigen.
    Ein paar größere Boote lagen in den Buchten und Jachthäfen vor Anker, glänzende, vielrudrige Schiffe, die eher wie antike Trieren oder gar umgedrehte Hundertfüßler aussahen als wie moderne Wasserfahrzeuge, doch außer ihnen war auf diesem Abschnitt des Flusses niemand unterwegs. Theo fragte sich, ob das normal war, oder ob das an der nächtlichen Ausgangssperre wegen des Blumenkrieges lag. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn noch andere Boote in Richtung des Ys gefahren wären, und sei es nur, damit ihres weniger auffiel. Obwohl Kleiderhaken sich dicht am Rand des Flusses hielt und wie versprochen sein Paddel so leise führte, als schnitte ein Messer durch warme Butter, fühlte Theo sich ungeschützt.
    Schließlich kamen sie um eine Biegung der Mondflut, und der Ys tat sich in seiner ganzen Weite vor ihnen auf, eine grenzenlose schwarze Fläche, die selbst das Strahlen von Elfiens Sternen kaum aufhellen konnte. Kleiderhaken zog das Paddel aus dem Wasser. »Von jetzt an kein Wort mehr«, sagte er so leise, daß es kaum zu den anderen drang. »Aber Knopf läßt euch ausrichten, daß heute ein guter Tag sein könnte, falls ihr euch anschließend noch in die Nieswurz-Residenz stehlen wollt.«
    »Was?« Theo hatte Mühe, die Lautstärke zu dämpfen. »Was soll das heißen?«
    Kleiderhaken zuckte die Achseln. »Kein Wort mehr. Wir sind gleich da.«
    Das Wort »gleich« mußte für Goblins eine ganz eigene Bedeutung haben, denn sie paddelten noch mindestens eine Viertelstunde. Soweit sie durch die tiefhängenden Nebelschwaden etwas erkennen konnten, war das Ufer von verfallenen Gewerbegebäuden gesäumt, die wahrscheinlich früher einmal florierende elfische Lagerhäuser und Dosenfabriken gewesen waren. Ein paar der Gebäude waren anscheinend noch in Benutzung – hier und da glommen flackernde Leuchttafeln wie sterbende Glühwürmchen, »Depot Am Ende des Regenbogens« oder »Flotte Grotte« –, doch die übrigen sahen aus, als stünden sie

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