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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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drückte so fest, daß er keine Luft mehr einziehen konnte, nachdem er sie mit einem Schreckenslaut ausgestoßen hatte. Er wurde in die Höhe gehoben, bis er hilflos über dem Boden strampelte, vergebens nach Atem ringend. Funken tanzten vor seinen Augen. Alles wurde rot, dann schwarz.
     
    O bwohl jemand mit ihm redete, hatte er zunächst keine Ahnung, ob er wach war oder wo er war oder wer er überhaupt war. Die Stimme, die er hörte, war überaus befremdlich, raschelnd wie eine Brise in einem Blätterhaufen, aber merkwürdig laut, ganz als ob der Sprecher klein genug sein könnte, um in seinem Ohr zu sitzen.
    »… um Verzeihung«, sagte die raschelige Stimme gerade. »Ich fürchte, sie sind nicht sehr zimperlich in der Wahl ihrer Mittel. Du bist doch wach, nicht wahr?«
    Mit der einsetzenden Erinnerung beschleunigte sich sein Herzschlag, was seinem pochenden Kopf nicht sonderlich gut tat.
    Mist. Das ist danebengegangen.
    Theo lag auf dem Fußboden. Wuschel lag neben ihm, die Arme an die Seiten gepreßt wie eine ordentlich in ihrer Schachtel verstaute Spielzeugfigur, das Gesicht mit einem halbdurchsichtigen Film überzogen, der ihn so entstellte, daß Theo in der ersten Schrecksekunde dachte, dem Querz wäre die Haut abgezogen worden.
    »Keine Sorge, er ist nicht tot«, erklärte der unsichtbare Sprecher. »Es ist eine Art Membran. Er schläft. Ich wollte mit dir allein reden.«
    Theo stemmte seinen Oberkörper hoch und schaute hin und her, um die Herkunft der Stimme zu orten.
    »Ich bin mit dir in diesem Raum«, wurde er aufgeklärt. »Aber es ist besser, wenn du mich nicht siehst. In deinem eigenen Interesse.«
    Theo tat so, als hielte er nach dem Beseitiger Ausschau, falls es sich denn bei dem Sprecher um diesen handelte, unterdessen jedoch hockte er sich hin und nahm unauffällig eine Position ein, aus der er rasch aufspringen konnte. Eine Stimme in ihm schrie lauthals, er solle zur Tür laufen und das Weite suchen, zum Teufel mit Wuschel Segge und selbst mit Apfelgriebs, doch zugleich überlegte er fieberhaft, wie weit und wie schnell er den bewußtlosen Querz mitschleifen konnte und von wem sie beide wohl vorher so mühelos überwältigt worden waren.
    Er fuhr herum und wollte Wuschel packen, doch kaum hatten seine Finger die Kleidung seines Gefährten berührt, da traten zwei bleiche Gestalten aus dem Dunkel neben dem Ausgang, beinahe so groß wie Oger, aber viel steifer in ihren Bewegungen. Langsam schritten die Ungeheuer auf den erstarrten Theo zu und blieben wenige Meter vor ihm stehen. Sie sahen aus wie lebende Statuen und zudem noch recht grobe, denn das kalkweiße Fleisch war nur ansatzweise zu so etwas wie Gesichtszügen geformt, und die schwarzen Punkte der Augen waren, wie er beim zweiten Hinschauen zu seiner Bestürzung erkannte, nichts weiter als Löcher in der rohen, toten Fassade.
    »Bitte«, sagte die Stimme, »provoziere sie nicht. Sie sind nicht sehr feinfühlend, die Alraunen, und es wäre mir lieber, ich müßte nicht noch einmal darauf warten, daß du wieder zu Bewußtsein kommst.«
    »Alraunen …?« Die beiden Gesichter starrten ihn an, unbewegt, ausdruckslos. Dem Aussehen nach hätten sie gerade von ihren angestammten Plätzen an der Steilküste der Osterinsel gekommen sein können.
    »Kinder der Alraunpflanze. Jeder Sklave ist aus einer der großen Wurzeln geschnitzt worden. Sehr zeitaufwendig, muß man sagen, und die Wurzeln zu finden ist ein langwieriges und gefährliches Geschäft, aber wenn man sie einmal hat, sind sie überaus nützlich. Unglaublich kräftig und ungefähr so viel Schmerzempfinden wie eine Dampflokomotive. Aber, wie gesagt, nicht besonders tauglich für kompliziertere Aufgaben wie jemanden zu fassen, ohne ihn totzuquetschen. Es war wirklich nicht mein Wunsch, daß sie so rauh mit dir umgesprungen sind.«
    »Ich hab schon mal so einen gesehen.« Theo zog langsam seine Hand von Wuschels Jacke zurück. Es war wohl am klügsten, wenn er den Beseitiger am Reden hielt. Vielleicht war die Situation gar nicht so schlimm, wie sie aussah. Vielleicht behandelte er alle seine Gäste so. »Einer von ihnen war in der Narzissen-Residenz. Unmittelbar vor …«
    »Ja.« Der Beseitiger hörte sich tatsächlich ein bißchen bedauernd an. »Eine großartige Wurzel geopfert, und warum? Nur damit Nieswurz seinen Triumph genießen konnte.«
    »Du … du weißt darüber Bescheid?« Er begriff plötzlich, daß er nicht nur wehrlos war, sondern daß dieser Mann, wer er auch sein mochte,

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