Der Blumenkrieg
ich sollte los. Griebs, kann ich dich irgendwo hinbringen, oder möchtest du hierbleiben und noch ein Weilchen mit Theo und Poppi reden?«
»Griebs?« Theo sah, daß Wuschel schon wieder errötete. »Moment mal, heißt das, daß ihr beide, ähem … verbandelt seid?«
Apfelgriebs bedachte ihn mit ihrem bösesten Blick. »Schon möglich. Und was ginge dich das an, Bürschchen? Du scheinst selbst nicht schlecht ranzugehen.« Ihre Miene wurde ein wenig weicher. »Nichts für ungut, Jungfer Stechapfel. Ihr beide seid ein niedliches Paar.«
»Schon gut«, sagte Poppi, aber es kam nicht wirklich von Herzen.
»Aber …« Theo starrte Apfelgriebs an, dann Wuschel Segge. »Ich kapier das immer noch nicht. Ich meine … wie wollt ihr …?«
»Sobald die Krankenhäuser nicht mehr so viel zu tun haben, wird einer von uns wahrscheinlich die Operation machen lassen«, sagte Wuschel, und diesmal wurde sein Gesicht so leuchtend rot wie eine Neonreklame. »Das heißt, wahrscheinlich ich. Von Groß nach Klein ist es viel einfacher.«
»Von Groß nach …« Theo konnte es immer noch nicht ganz fassen, aber er sah ein, daß er die Sache wohl auch durch angestrengtestes Nachdenken nicht ergründen konnte. »Na, wie auch immer, ich wünsche euch beiden alles Gute.« Er stockte. »Das hört sich vielleicht schief an, aber ich mein’s ehrlich. Ihr zwei seid meine besten Freunde in der ganzen Welt – in allen Welten. Mehr kann ich nicht sagen. Ich hoffe, ihr werdet zusammen so glücklich, daß ihr jeden Morgen singend aufwacht.«
»Danke.« Wuschel konnte Theo nicht voll in die Augen blicken, doch er grinste.
»Heb mich hoch, Theo«, sagte Apfelgriebs mit einem auffordernden Winken. »Mach schon, ich will dir noch was Privates sagen.«
Es kam ihm erst, als er ihr schon die Hand zum Hineintreten hinhielt. »Wie… wieso fliegst du nicht?«
Sie sah ihn verwundert an, dann trat eine Traurigkeit in ihr Gesicht, und er erkannte, daß diese Traurigkeit die ganze Zeit schon unter der Oberfläche dagewesen war. »Na klar, du kannst es ja nicht wissen, du Ärmster. Du warst mit dieser nassen Bagage unten am Grund des Sees.« Sie zögerte, dann kehrte sie ihm den Rücken zu, streifte vorsichtig das Oberteil ihres Kleides über die Schultern und zog es herunter, bis er die schwarzen Stummel ihrer einstigen Flügel sehen konnte.
»Oh, Apfelgriebs!« Seine Augen füllten sich mit Tränen. »Mein Gott, ist das schrecklich!«
»Ich bin nicht tot, Theo, und das allein zählt. Wenn Nieswurz mit dem Finger ein paar Zentimeter nach links gezielt hätte, wäre ich tot gewesen. Ich kann also von Glück sagen.« Sie rang sich ein Lächeln ab. »Außerdem haben Wuschel und ich dadurch noch etwas gemeinsam – zusätzlich dazu, daß wir beide eher der intellektuelle Typ sind und beide viel Übung darin haben, dich Affenarsch zu ertragen.«
Er lachte, obwohl er wußte, daß sie das wollte, daß sie nur versuchte, sich nicht von seinem Mitleid kriegen zu lassen. »Deinen Charme hast du auch nicht verloren, genausowenig wie deine damenhaften Manieren.«
»Jo, und du kannst mich kreuzweise. Du solltest lieber dein loses Mundwerk halten, denn Püppchen, die Ogerin, wird demnächst zu Besuch kommen, und bei der hast du noch ein paar Püffe gut. Jetzt nimm mich hoch, ich sag doch, ich muß dir noch was stecken.« Als er sie ans Ohr gehoben hatte, raunte sie: »Sei gut zu ihr, Theo, zu der kleinen Stechapfel. Aus irgendwelchen Gründen, die kein normaler Elf verstehen kann, hat sie dich wirklich gern. Außerdem wird sie mitentscheiden müssen, ob ihr Vater zum Tode oder nur zu lebenslanger Haft verurteilt wird – und vergiß nicht, wir Elfen leben lang. Auch wenn sie ihn haßt, kann das kein großes Vergnügen sein. Und noch eine letzte Sache. Ich hatte furchtbare Angst um dich, und ich bin heilfroh, daß du nicht tot bist. Aber wenn du irgendwem verrätst, daß ich das gesagt habe, wirst du es sein.«
Als Wuschel sie hinausgetragen hatte – Apfelgriebs winkte zum Abschied wie eine feine Dame an der Reling eines ablegenden Luxusdampfers –, wandte Theo sich Poppi zu. »Apfelgriebs hat mir das mit deinem Vater erzählt. Das ist echt hart. Ich finde es nicht richtig, daß du das mitentscheiden sollst.«
Sie reagierte überraschend bissig. »Doch, es ist richtig. Natürlich ist es richtig. Ich gehöre dazu – so will es der alte Brauch. Ich bin die Tochter eines der Männer, die die Narzissen-Residenz zerstört, unzählige Leute ermordet und einen
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