Der Blumenkrieg
Polizist sagte es locker, doch er musterte Theos Gesicht, als dieser den Motorradhelm abnahm. Theo bat den Mann hinein, wobei ihn eine kurze Paranoia überkam, weil er nicht wußte, ob die Achtelunze Gras, die Johnny ihm das letzte Mal im Haus seiner Mutter gegeben hatte, irgendwo gut sichtbar herumlag – sie war ihm neulich beim Auspacken in die Hände gefallen.
Hab dich nicht so, sagte er sich. Sei nicht blöd. Ich bin jetzt ein ehrbarer Bürger. Ich habe zweihunderttausend Dollar auf der Bank. Niemand schickt einen Zivilbullen den ganzen Weg hier hoch, damit er sich nach ein paar Krümeln Dope umschaut.
Was zum Teufel wollte der Mann von ihm?
»Kann ich Ihnen was anbieten? Ich würde ja sagen, ein Bier, aber Polizisten trinken nicht im Dienst, stimmt’s? Das sagen sie immer im Fernsehen. Aber vielleicht ist das auch Quatsch, wie die meisten Sachen in der Glotze.« Er merkte, wie er ein wenig rot wurde. Er redete dummes Zeug. »Ich denke mal, ich hole mir eine Coke. Coca Cola.« Er nahm seine Gibson-Akustikgitarre von einem der Stühle und verstaute sie im Kasten. »Bitte, setzen Sie sich.«
Der Mann schüttelte den Kopf. Sein Lächeln wirkte nicht ganz echt. »Nein, danke. Ich werde Sie nicht lange aufhalten. Sieht aus, als hätten Sie sich ganz gut eingelebt. Wie lange sind Sie jetzt schon hier?«
Die Paranoia kam wieder. Wieso wußte dieser Kerl über ihn Bescheid? »Drei Wochen ungefähr. Tja, wenn Sie bestimmt nichts zu trinken haben mögen …«
»Ich sehe zu, daß ich’s so kurz wie möglich mache. Nur interessehalber, Mr. Vilmos, wo waren Sie vorgestern abend?«
Panik erfaßte Theo – wo war er gewesen? –, doch dann fiel es ihm ein. »Ich bin gegen Abend zur Küste hinuntergefahren. Auf der Pacific Avenue in Santa Cruz herumgebummelt. Was essen gegangen. Ich wollte eigentlich ins Kino, aber dann war ich zu müde.« Plötzlich kam ihm ein Gedanke, und er holte seine Brieftasche hervor. »Ich glaube, ich habe den Beleg noch hier.« Er fand ihn – einen gelben Kreditkartenstreifen, ausgestellt auf ein gehobenes Restaurant namens Jimmy Brazil – und reichte ihn dem Polizisten, der einen kurzen Blick darauf warf. »Warum wollen Sie das wissen?«
»Um wieviel Uhr sind Sie nach Hause gekommen?«
Theo zuckte die Achseln. »Keine Ahnung, wahrscheinlich irgendwann zwischen elf und zwölf. Niemand hat mich kommen sehen, falls Sie das fragen wollen.« Er versuchte, locker zu lachen, und verstand nicht, warum er sich schuldig fühlte, obwohl er sich gar keiner Schuld bewußt war. »Wie Sie sich denken können, ist es hier oben nicht ganz einfach, das Tun und Lassen der Nachbarn zu überwachen.«
Der Polizist nickte langsam, als ob Theo mit seiner Bemerkung eine Frage beantwortet hätte, die ihn schon lange plagte. »Aha.«
»Hören Sie, ich weiß, Sie tun nur Ihre Pflicht, aber langsam werde ich ein bißchen nervös. Ist jemand hier in der Gegend ausgeraubt worden oder so was?«
Detective Kohler hielt seinen Blick eine ganze Weile. Er hatte die scharfen, ruhigen Augen und den dünnen Mund eines Revolverhelden aus einem Western. Das Hemd und die billige Bundfaltenhose wirkten wie eine Tarnung. »Wie gut kennen Sie Dennis und Stephanie Marsh?«
Theo schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, ist mir kein Begriff. Wer soll das sein?«
»Sie haben das Haus Ihrer Mutter gekauft.«
»Ach so, die! Der Name war mir entfallen. Wie gut ich sie kenne? Eigentlich gar nicht.« Er überlegte, ob er sie je von Angesicht zu Angesicht gesehen hatte. Das hätte bei einer der Hausbesichtigungen sein müssen – die ganzen Vertragsunterlagen waren in diversen Makler- und Versicherungsbüros unterzeichnet worden, und Käufer und Verkäufer waren nie gleichzeitig zugegen gewesen. »Sind sie … ist die Frau so eine Große, Schlanke?« Er erinnerte sich vage an eine Frau mit dunklen Haaren und langen Beinen unter dem erstaunlich kurzen Rock ihres Kostüms. Wenn es das richtige Paar war, dann hatte er Stephanie Marsh ganz sexy gefunden, aber ihr Mann war ihm beim besten Willen nicht mehr präsent.
»Sie haben sie nicht persönlich kennengelernt?«
»Nur falls ich da war, als sie sich das Haus ansehen kamen. Die Makler haben sich um alles gekümmert. Ich hing nicht wirklich an dem Haus. Meine Mutter war kurz vorher darin gestorben, aber ich hatte sonst nie dort gelebt, deshalb war es mir ziemlich gleichgültig, ob es an nette Leute ging. Wenn sie zum Beispiel einen jungen Hund von mir adoptiert hätten, wäre das was anderes
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