Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
gewesen …« Er hielt inne. Er redete schon wieder dummes Zeug.
    »Und seitdem sind Sie nicht noch einmal bei dem Haus vorbeigefahren?«
    »Nein, nein. Wie gesagt, es war für mich kein Ort glücklicher Erinnerungen. Warum?«
    Der Polizist nickte, in eigene Gedanken versunken. »Sie sind tot«, sagte er schließlich.
    »Was?«
    »Tot. Ermordet. Vielleicht bei einem Einbruch, der anders lief als geplant, vielleicht aus einem anderen Grund.«
    »Gott!« Erschüttert stand er auf. »Gott! Im Haus? Im Haus meiner Mutter?«
    »Ja. Ist Ihnen … ist irgend etwas passiert, während Sie noch dort wohnten, das Ihnen verdächtig vorkam? Herumtreiber? Fremde, die an die Tür kamen oder sich in der Nachbarschaft herumdrückten?«
    Theo mußte unwillkürlich an die winselnden Töne denken, die ihn mit hämmerndem Herzen in den Garten getrieben hatten. Aber was konnte ein rolliger Kater damit zu tun haben, daß Leute ermordet wurden? »Nein, nicht daß ich wüßte. Liebe Güte, und passiert ist es wann? Vorgestern abend?«
    »Ja, und zwar ziemlich früh am Abend, soweit wir sagen können, das heißt, wenn dieser Beleg einer Nachprüfung standhält, dann haben Sie nichts zu befürchten. Hätten Sie was dagegen, wenn ich ihn behalte?«
    Theo winkte ab, heilfroh, ihn los zu sein, als ob das Ding allein dadurch schon mit dem Makel der Schuld behaftet wäre, daß es vom selben Abend stammte. »Aber wieso glauben Sie, ich könnte etwas mit … mit der Sache zu tun haben? Gott.«
    »Wir glauben gar nichts, Mr. Vilmos. Wir müssen ganz einfach Fragen stellen, Eindrücke sammeln, ein Gefühl dafür bekommen, was geschehen ist.« Der Polizist scharrte leicht mit den Füßen, sah sich um. »Ich gehe jetzt wieder und störe Sie nicht weiter bei Ihrer Beschäftigung.«
    »Beschäftigung? Ich war mit gar nichts beschäftigt …« Theo runzelte die Stirn. »Haben Sie schon mal mit der Frau von nebenan gesprochen? Neben dem Haus meiner Mutter?«
    »Warum?«
    »Weil sie so eine, entschuldigen Sie den Ausdruck, neugierige Schnüfflerin ist und die neuen Nachbarn bestimmt mit Argusaugen beobachtet hat. Mrs. Kraley, so heißt sie. Ich würde annehmen, daß sie Ihnen alle nennen kann, die dort ein- und ausgegangen sind, auf die Minute. Sie führt wahrscheinlich Protokoll darüber.«
    »Die Nachbarn haben bis jetzt nichts sonderlich Brauchbares zu sagen gehabt, aber ich erkundige mich noch einmal bei ihr, ausgehend von Ihrer … Charakterisierung.« Sein Lächeln war hart. Theo fragte sich, wie man einen solchen Beruf haben konnte, ohne daß man innerlich ausbrannte.
    »Können Sie … Was ist geschehen? Ich meine, wie wurden sie getötet?«
    Detective Kohler musterte ihn ein letztes Mal. »Die Einzelheiten behalten wir für uns, solange es geht. Auf die Art können wir die Informationen, die wir bekommen, viel besser in brauchbare und unbrauchbare einteilen. Aber soviel kann ich Ihnen sagen: Es war nicht schön.«
    Nachdem der Wagen des Polizisten die Zufahrt hinuntergerumpelt war, konnte Theo minutenlang nur in der Hütte auf- und abgehen, von einer Unruhe erfaßt, die seine Gedanken durcheinanderwirbelte wie Blätter im Wind. Warum machte ihm der Tod von zwei Leuten soviel aus, die er gar nicht gekannt hatte und die für ihn weniger Wirklichkeit besaßen als die fiktiven Personen einer Fernsehserie? Sie waren nur durch einen dünnen Zufallsfaden mit seinem Leben verbunden, zwei von Tausenden, die stündlich irgendwo starben. Warum gaben ihm diese Todesfälle, die ihn bei aller Grausigkeit gar nicht betrafen, ein solches Gefühl kläglicher Ohnmacht? Hatte es mit dem Tod seiner Mutter zu tun, mit seinen eigenen leeren, unglücklichen Stunden in dem Haus?
    Was es auch war, es gefiel ihm nicht. Aber davon ging es nicht weg.

 
8
Der entlaufene Kondensator
     
     
    F indus Hartriegel hielt sich für einen anständigen Kerl, im Unterschied zu einigen anderen Aufsehern – dieser Berberitze zum Beispiel, um nur einen zu nennen, war der reinste Kotzbrocken –, so daß die Mitteilung, einer der Kondensatoren von der Tagschicht fühle sich miserabel und sei nicht zur Arbeit erschienen, ihn nicht veranlaßte, Besengras oder einen der anderen Vorarbeiter in den Schlafsaal zu schicken, damit er den Schlappsack wieder ans Netz prügelte, sondern er setzte seine Tasse Steinbrechtee ab und ging selbst nach dem Rechten sehen. Er schritt so forsch über das Werksgelände, als ob Fürst Stechapfel persönlich in der Zentrale säße und auf ihn herabschaute. Das

Weitere Kostenlose Bücher