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Der Blumenkrieg

Der Blumenkrieg

Titel: Der Blumenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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auskunftsfreudig. Anscheinend ist er nicht der einzige, der sich für dich interessiert. Jemand hat ein Auge auf dich geworfen.«
    »Jemand? Wer denn?«
    »Schiet, Mann, was weiß ich! Aber der Alte macht sich Sorgen deswegen, und darum hat er mich geschickt, daß ich dich hole. Frag nicht mich, frag ihn.«
    »Der Alte…?«
    Sie stellte ihren Tee ab und neigte den Kopf, als lauschte sie auf etwas.
    »›Alter‹ hast du gesagt. Was für ein ›Alter‹?«
    »Rainfarn heißt er. Er ist so eine Art Doktor aus einer der wichtigen Familien.«
    »Aber wer ist er? Wo ist er?«
    Apfelgriebs hob langsam den Kopf, von irgend etwas abgelenkt. Auf einmal meinte er zu wissen, was sie störte: ein scharfer, säuerlicher Verwesungsgeruch. »Liebe Güte, was ist das?« fragte er. »Ein Stinktier?«
    »Irgendwas ist da draußen.«
    Er glotzte sie begriffsstutzig an, doch sein Nervensystem hatte bereits geschaltet, denn sein Herz schlug dreimal so schnell. »Da draußen …?« Der Gestank war jetzt unglaublich stark. Seine Augen begannen zu tränen.
    Jäh schwang sie sich in die Höhe, und ihre kaum mehr zu erkennenden Flügel schnurrten wie der Propeller eines Spielzeugfliegers. Mit heller Stimme schrie sie etwas in einer Sprache, die er nicht kannte, und als sie sich ihm zuwandte, war sie sichtlich erschrocken, auch wenn sie ihrem Gesichtchen eine harte und ausdruckslose Miene zu geben versuchte. »Es wird etwas dauern, sie wieder zu öffnen – wer hätte gedacht, daß wir sie so schnell schon brauchen würden?«
    »Öffnen …?« Ihm war, als hätte er seit Stunden keinen Satz mehr beendet.
    Etwas rumste an die Tür, einmal, zweimal, dreimal. Theo war so konfus, daß er schon nach der Klinke griff.
    »Bei den Bäumen!« schrie sie und kurvte mit geballten Fäustchen dicht vor sein Gesicht. »Bist du doof? Nicht aufmachen!«
    »Aber da ist jemand …« Wieder drückte etwas an die Tür, so daß sie knarrte, als ob sich ein großes Tier dagegenlehnte. Der Gestank war noch stärker geworden. Er knipste das Außenlicht an und preßte das Auge an das Guckloch.
    Er war richtig erleichtert, als er im Licht der Glühbirne über der Tür die grüne Militärjacke sah, die krumme, aber offensichtlich menschliche Gestalt, die an der Tür hing. Er sah wirre, verfilzte Locken, ein Stück glänzende dunkle Kopf- und Stirnhaut. Irgendein alter Schwarzer, der auf der Walze ist …
    »Alles in Ordnung«, rief er der Elfe zu. »Es ist bloß …«
    Da kippte der Kopf der Gestalt nach hinten. Der Kiefer war gebrochen und hing schlaff herunter. Die blinden Augen waren nicht nur milchweiß, sondern drohten, wie pochierte Eier aufzureißen und aus den Höhlen zu laufen. Theo taumelte von der Tür zurück, und vor Schreck schoß ihm das Herz in die Kehle, so daß er einen Moment lang nicht einmal Atem holen konnte.
    Apfelgriebs surrte ans Guckloch und flatterte gleich wieder zurück. »Mist!« quiekte sie. »Das ist übel!«
    »W-was …?«
    »Frag lieber nicht. Wo ist diese dreimal verfluchte Tür?«
    Er wußte nicht, was sie meinte. Die Tür war unübersehbar direkt vor ihrer Nase, und dahinter war die Hölle. Doch nein, das Ganze mußte wieder so ein Albtraum sein, auch wenn es noch so real wirkte – das war die einzige Erklärung. Er lag in tiefem Schlaf leblos auf dem Hüttenboden, vielleicht sogar im Koma, im Sterben, und sein Bewußtsein führte ihm Gruselfilme vor wie ein laufender Projektor in einem leeren Kino. In der wirklichen Welt konnte es nichts dergleichen geben …
    Doch falls sie Teil eines Traums war, wußte Apfelgriebs nichts davon. Sie sauste im Raum herum wie eine Fliege in der Flasche, kaum mehr als ein Schattenstreif. »Er wird sich den einfachsten Weg suchen, um einzudringen. Wenn er die Tür aufbrechen muß, könnten wir genug Zeit haben. Gibt es noch andere Türen, Mann?«
    Schon wieder fing sie mit Türen an. Theo wurde es langsam zuviel. Er sank auf dem Fußboden in die Hocke und hielt sich seinen schier platzenden Schädel. Der Gestank war entsetzlich, als ob der Spuk hier bei ihnen im Zimmer wäre …
    »Das Bad«, sagte er und stemmte sich in die Höhe. »O Gott, ich glaube, das Fenster ist auf. Es ist nur ein Gitter davor …« Er hastete durch den Raum und riß die Badezimmertür auf. Eine Ammoniak- und Schwefelwelle verätzte ihm fast die Nasenschleimhäute.
    Das Monster in der Militärjacke drückte gegen das Gitter. Vor Theos fassungslos glotzenden Augen schob es das verfaulende Fleisch seiner Hand durch die Maschen

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